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Umsatzsteuerpflicht von ebay-Usern mit 841 Aktionen in drei Jahren

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil v. 22.9.2010, Az. 1 K 3016/08


Umsatzsteuerpflicht von ebay-Usern mit 841 Aktionen in drei Jahren

Zahlreiche Personen verkaufen gelegentlich als „Amateure“ auf Flohmärkten Waren. Diese Verkaufstätigkeit hat durch das Aufkommen von elektronischen Verkaufsplattformen wie ebay erheblich zugenommen. Die Steuerbehörden sehen sich durch diese Entwicklung vor die oft schwierige Aufgabe gestellt, zu entscheiden, wie die Erlöse aus diesen Verkaufstätigkeiten steuerlich zu bewerten sind. Dabei spielt im Zweifelsfall die Einordnung der Verkaufstätigkeit als „schon unternehmerisch“ oder „noch nicht unternehmerisch“ eine zentrale Rolle.

In einem entsprechenden Fall musste das FG Baden-Württemberg (Stuttgart/Freiburg i. B.) 2010 prüfen, ob die Umsatzsteuerbescheide, die ein als ebay-Verkäufer aktives Ehepaar von seinem zuständigen Finanzamt erhalten hatte, rechtmäßig waren. Die ebay-Verkäufer hatten gegen Steuerbescheide, nach denen sie etwa 11.500 Euro Umsatzsteuer zahlen sollte, Klage erhoben.

Die Kläger hatten 2001 ein ebay-Nutzerkonto eröffnet, um auf der nach dem Auktionsprinzip ausgerichteten Plattform Gegenstände zum Verkauf anzubieten. In Folge boten sie Gegenstände in einer Vielzahl von Produktgruppen zum Kauf an: Unter anderem stellte das Klägerpaar häufig in den Rubriken „Briefmarken“, Goldschmuck“, „Bücher“, „Harley“, „Porzellan“, „Software“, „Steiff“ und “Uhren“ Waren ein. Von Ende 2001 bis Sommer 2005 wickelten die Kläger über ebay etwa 1200 Verkäufe ab. In diesem Zeitraum erzielten sie einen Umsatz von insgesamt über 113.000 Euro, also durchschnittlich etwa 32.000 Euro im Jahr beziehungsweise etwa 2.700 Euro im Monat.

Bei den ebay-Aktionen hatten die Kläger regelmäßig angegeben, dass es sich bei ihren Verkäufen um Privatverkäufe handeln würde. Die Kläger übernahmen weder gegenüber den Käufern Gewährleistungsverpflichtungen noch gaben sie dem Finanzamt gegenüber Erklärungen zur Umsatzsteuer ab.

Nach einem externen Hinweis an das zuständige Finanzamt wurde die Steuerfahndung tätig. Die von der Steuerfahndung erzielten Erkenntnisse in dem Fall führten im Ergebnis zum Erlass von Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2003 bis 2005. Das Finanzamt rechnete dem Verkäuferpaar insgesamt Erlöse in Höhe von rund 72.000 Euro aus 841 Verkäufen zu und schickte im November 2007 drei Umsatzsteuerbescheide an das Ehepaar. Die gesamte Umsatzsteuerforderung belief sich auf 11.517 Euro.

Gegen diese Bescheide legte das Ehepaar Einspruch ein. Sie begründeten ihren Einspruch mit der Behauptung, leidenschaftliche Sammler auf Hobby-Niveau zu sein und bei ebay Teile ihrer Sammlungen, vor allem „Steiff“-Artikel , verkauft zu haben. Sie wiesen auf ein Bundesfinanzhof-Urteil hin, nach dem ein Briefmarkensammler, der seine Sammlung für fast 400.000 Euro verkauft hatte, keine Umsatzsteuer hätte zahlen müssen, da er als Privatverkäufer und nicht als Unternehmer verkauft hätte.

Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet ab. Das Finanzamt bejahte eine für Umsatzsteuerpflicht notwendige Unternehmereigenschaft des Ehepaars. Insbesondere durch die regelmäßige und überaus häufige Nutzung professioneller Vertriebswege habe sich das Paar bei Verkauf ihrer Sammelgegenstände am Markt wie Berufshändler verhalten und wären so umsatzsteuerpflichtig geworden.

Das Ehepaar beschritt im Juni 2008 den Klageweg und verlangte die Aufhebung der Steuerbescheide. Im Verfahren machten sie geltend, dass sie nicht wie gewerbliche Händler die Gegenstände gekauft hätten, um sie mit Gewinn weiter zu verkaufen („Güterumschlags-Absicht“), sondern aus Sammelinteresse. Später hätten sie dann beschlossen, sich von den Sammelgegenständen zu trennen.

Das entscheidende Gericht verwies bei seiner Klageabweisung insbesondere auf den Begriff „nachhaltig“ im Zusammenhang mit der Definition der Unternehmereigenschaft. Nachhaltigkeit in diesem Sinne sei insbesondere dann gegeben, so das Finanzgericht, wenn eine auf Dauer und auf Profit abzielende wirtschaftliche Tätigkeit vorliege. Das sei hier zweifelsfrei der Fall gewesen. Bei Berücksichtigung des Gesamtbildes des wirtschaftlichen Handelns des Paares (Dauer, Nachhaltigkeit, Organisations- und Überwachungsaufwand, Häufigkeit der Verkäufe) sei im Gegensatz zum von den Klägern angeführten Briefmarkensammler-Fall unternehmerische Tätigkeit deutlich vorliegend gewesen.

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil v. 22.9.2010, Az. 1 K 3016/08


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