Warnhinweis bei Desinfektionsmittel in Online-Apotheke
Das Oberlandesgericht Zweibrücken entschied am 31.03.2022, dass ein Warnhinweis bereits auf der Produktübersichtsseite angezeigt werden müsse, wenn bereits von dieser aus die Ware in den Warenkorb gelegt werden könne.
Wann ist ein Warnhinweis im Online-Shop anzuzeigen?
Der Beklagte betrieb eine Online-Apotheke, über die er u.a. Desinfektionsmittel vertrieb. Der Kläger, ein Wettbewerbsverein, beanstandete die Darstellung des Angebotes. Denn ein erforderlicher Warnhinweis wurde nicht bereits auf der Produktübersichtsseite angezeigt. Vielmehr erschien der Hinweis erst auf der Waren- Detailseite. Der Kläger war der Meinung, dass der Hinweis damit zu spät angezeigt werde und damit ein Wettbewerbsverstoß vorliege. Die Vorinstanz sah das anders und lehnte das Unterlassungsbegehren des Klägers ab. Dagegen legte er Berufung ein.
Marktverhaltensregelung
Das Oberlandesgericht Zweibrücken entschied zu Gunsten des Klägers. Die zugrundeliegende Vorschrift (Art. 72 Biozid-VO) stelle eine Marktverhaltensregel dar. Denn die Regelung von Gesundheits- und Sicherheitsaspekten liege auch im Interesse der Verbraucher.
Kauf bereits auf Übersichtsseite möglich
Die Produktpräsentation im Online-Shop sei als Werbung im Sinne der Biozid-VO einzuschätzen, so das Gericht. Denn dort seien für einen potentiellen Kaufinteressenten alle notwendigen Angaben für den Kauf der jeweiligen Ware vorhanden: genaue Warenbezeichnung, Packungsgröße und Preis. Der potentielle Käufer müsse nach Aufruf der Übersichtsseite auch nicht weiter auf die Detailseite für einzelne Waren klicken, um den Kauf abzuschließen. Er erhalte dazu keine Aufforderung. Somit sei der Online-Shop nicht mit einem Kunden im Ladengeschäft vergleichbar, der eine Ware aus dem Regal nimmt. Denn durch die Preisangabe und die Möglichkeit, das Produkt sofort in den „virtuellen“ Warenkorb zu legen, werde die Absicht zur Absatzförderung bereits auf der Produktübersichtsseite offenkundig.
Übersichtsseite gleicht einem Werbeschaufenster
Das OLG befand, dass auch eine geschäftliche Entscheidung nach der Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG vorliege. Der Begriff „geschäftliche Entscheidung“ umfasse neben der Kauf- oder Nichtkauf-Entscheidung auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie das Betreten eines Geschäfts. Gleiches gelte auch für den Zugang zu Online-Ware über eine Übersichtsseite, um sich mit der Ware im Detail zu beschäftigen. Damit diene bereits die Übersichtsseite in werbender Weise der Absatzförderung. Sie gleiche daher einem werbenden Schaufenster.
Warnhinweis auf Übersichtsseite
Die gesetzlich gebotene Gefahrenkennzeichnung müsse vorliegend bereits auf der Produktübersichtsseite erfolgen, so das Gericht weiter. Denn der Kunde könne bereits von dort aus das Produkt in den Warenkorb legen. In dem Fall müsse aber auch der Warnhinweis direkt auf der Übersichtsseite angezeigt werden.
Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 31.03.2022, Az. 4 U 201/21