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Keine Bild-Urheberrechtsverletzung bei bloßer URL-Adressen Angabe

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.05.2021, Az. I ZR 119/20


Keine Bild-Urheberrechtsverletzung bei bloßer URL-Adressen Angabe

Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, ob eine Urheberrechtsverletzung durch öffentliches Zugänglichmachen von Fotos vorliegt, wenn die Fotos nur durch die manuelle Eingabe der URL aufzurufen sind.
Das für die Prüfung der öffentlichen Zugänglichmachung relevante Kriterium "recht viele Personen" ist nicht dann bereits erfüllt, wenn ein Produktfoto nur noch durch die Eingabe einer URL-Adresse im Internet zugänglich ist.

Hintergrund
Der Kläger ist Berufsfotograf, von dem der Beklagte im Jahr 2013 insgesamt drei gefertigte Lichtbilder für zwei Angebote zum Verkauf von Lautsprechern auf der Internet-Handelsplattform eBay-Kleinanzeigen verwendete. Auf eine darauf folgende Abmahnung des Klägers verpflichtete sich der Beklagte, es zu unterlassen, die in der Erklärung näher bezeichneten drei Lichtbilder im Internet der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne die hierzu erforderlichen Rechte innezuhaben. Bei Meidung hätte er sich einer Vertragsstrafe in Höhe von 1.000 € ausgesetzt. Diese Erklärung hat der Kläger angenommen.

In der Folgezeit nahm der Kläger den Beklagten im Hinblick auf eines der zum Gegenstand der Unterlassungserklärung gemachten Lichtbilder auf Unterlassung sowie auf Zahlung der Vertragsstrafe in Anspruch. Dies hat er damit begründet, dass das Lichtbild noch bis zum 7.3.2014 unter dem Link "http://... (es folgt eine URL-Adresse mit über 70 Zeichen) von jedem PC mit Internetfunktion weltweit abrufbar gewesen sei. Sowohl das LG, als auch das OLG wiesen die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers blieb auch vor dem BGH ohne Erfolg.

Maßgeblich ist die Anzahl der potenziellen Adressaten
Die Argumentation des OLG basierte auf der Überlegung, dass eine "öffentliche" Verbreitung eine gewisse Mindestanzahl von Personen voraussetzt, die praktisch Zugriff auf die Bilder haben. Für eine mögliche Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung iSv § 19a UrhG sind für dessen Auslegung die europarechtlichen Bestimmungen miteinbezogen worden. Der einschlägige Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG setze unter anderem voraus, dass "recht viele Personen" Zugriff haben. Der im Streitfall maßgebliche Begriff der Öffentlichkeit ist nur bei einer unbestimmten Zahl vieler potenzieller Adressaten erfüllt.

Keine Verletzung durch „öffentliche Zugänglichmachung“
Um eine "unbestimmte Zahl potenzieller Adressaten" handelt es sich erst dann, wenn die Wiedergabe für Personen allgemein erfolgt, also nicht auf besondere Personen beschränkt ist, die einer privaten Gruppe angehören. Das Kriterium "recht viele Personen" verdeutlicht, dass der Begriff der Öffentlichkeit eine bestimmte Mindestschwelle enthält. Damit ist eine allzu kleine oder gar unbedeutende Mehrzahl betroffener Personen ausgeschlossen. Hierbei ist die kumulative Wirkung zu beachten, die sich aus der Zugänglichmachung der Werke bei den potenziellen Adressaten ergibt. Es kommt darauf an, wie viele Personen gleichzeitig und nacheinander Zugang zu demselben Werk haben. Wie auch die Vorinstanzen war der hohe Senat der Auffassung, dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder auf der Grundlage des Unterlassungsvertrages, noch gem. § 97 Abs. 1 UrhG zu, weil der Beklagte das vom Kläger für sich in Anspruch genommene Recht der öffentlichen Zugänglichmachung i.S.v. § 19a UrhG nicht verletzt habe.

Mindestschwelle nicht überschritten
Der Bundesgerichtshof bestätigte damit die Auffassung des OLG, dass eine Wiedergabe gegenüber "recht vielen Personen" auf der Grundlage der vom Kläger vorgetragenen Umstände nicht vorliege. Im zugrunde liegenden Fall war das streitgegenständliche Foto nur durch die Eingabe der rund 70 Zeichen umfassenden URL-Adresse im Internet zugänglich gewesen. Der relevante Personenkreis beschränke sich damit faktisch auf diejenigen Personen, denen diese Adresse zuvor, als Foto vor Abgabe der Unterlassungserklärung, noch im Rahmen der eBay-Anzeige des Beklagten frei zugänglich gewesen war, die sie abgespeichert oder sonst in irgendeiner Weise kopiert oder notiert haben könnten. Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass außer dem Kläger noch "recht viele" andere Personen die URL-Adresse gekannt und Zugang zu dem Foto gehabt haben könnten, so der Senat. Damit war die Mindestschwelle für eine Urheberrechtsverletzung nicht überschritten.


Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.05.2021, Az. I ZR 119/20


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