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Unterlassungsschuldner haftet nicht für Inhalte auf Webseiten Dritter


Unterlassungsschuldner haftet nicht für Inhalte auf Webseiten Dritter

Ist einem Schuldner die Benutzung einer bestimmten Marke gerichtlich untersagt worden, so haftet er dennoch nicht für die Inhalte auf Webseiten Dritter, wenn er sie selbst nicht veranlasst hat. Dies hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 13.10.2020 entschieden.

Hintergrund
Die Schuldnerin, eine Sozietät von Rechtsanwälten, ist zeitweise unter der Bezeichnung „x. Rechtsanwälte“ bzw. „x. Advokaten“ aufgetreten. Dies sah die Gläubigerin, ebenfalls eine Sozietät von Rechtsanwälten als Verletzung ihrer geschäftlichen Bezeichnung sowie ihrer Marke. Infolgedessen erwirkte die Gläubigerin ein rechtskräftiges Anerkenntnisurteil vor dem Landgericht Düsseldorf. Mit dem Urteil vom 17.10.2016 war der Schuldnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden, im geschäftlichen Verkehr unter dem Zeichen „x.“ Rechtsdienstleistungen anzubieten.

In der Folgezeit hat die Gläubigerin festgestellt, dass trotz des rechtskräftigen Anerkenntnisurteils nach Eingabe von „x. Rechtsanwälte“ bei google.de weiterhin mehrere auf die Schuldnerin hinweisende Treffer angezeigt worden waren. Dies hat Einträge auf mehreren Webseiten, unter Anderem einer Bewertungsplattform betroffen. Die Schuldnerin hat sich damit verteidigt, diese Eintragungen nicht beauftragt zu haben. Sie habe unter der Bezeichnung „x. Rechtsanwälte“ allein eine Eintragung im – auch im Internet erscheinenden – Telefonbuch „Das Örtliche“ beauftragt. Von diesem Eintrag ausgehend waren weitere Einträge ohne ihr Wissen und Wollen auf Drittseiten übernommen worden. Sie habe den Eintrag bei „Das Örtliche“ sofort gelöscht. Zu weiteren Bemühungen sei sie nicht verpflichtet.

Auffassung der Vorinstanz
Die Vorinstanz hatte mit dem angefochtenen Beschluss gegen die Schuldnerin auf Antrag der Gläubigerin ein Ordnungsgeld verhängt. Begründet worden ist dies damit, die Schuldnerin hätte aufgrund des Urteils nicht nur für die Löschung der von ihr selbst in Auftrag gegebene Eintragung, sondern aller das beanstandete Zeichen enthaltender Eintragungen in den gängigen Internet-Branchenverzeichnissen zu sorgen gehabt. Auch diese kämen ihr wirtschaftlich zugute und beruhten auf der von der Schuldnerin unmittelbar in Auftrag gegebenen Eintragung. Gegen diesen Beschluss hat sich die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gerichtet.

Klärung im Wege der Vorabentscheidung durch den EuGH
Der Senat des OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 09. September 2019 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Auslegung der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (Amtsblatt 2008 L 299, S. 25) vorgelegt:

„Nimmt ein Dritter, der in einer auf einer Website veröffentlichten Eintragung erwähnt wird, die ein Zeichen enthält, das mit einer Marke identisch ist, eine Benutzung dieser Marke im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie vor, wenn die Eintragung selbst nicht von ihm platziert worden ist, aber von dem Betreiber der Website von einer anderen Eintragung übernommen worden ist, die der Dritte in die Marke verletzender Weise platziert hat?“

EuGH: Markenverletzer haftet nicht für Webseiten Dritter
Der Gerichtshof hat sich mit der Frage auseinandergesetzt und in seiner Antwort klargestellt, dass der Markenverletzer grundsätzlich nicht verpflichtet sei, von Dritten auf eigene Webseiten übernommene markenverletzende Inhalte zu beseitigen, wenn der Markenverletzer die Platzierung dieses Inhalts weder unmittelbar noch mittelbar beauftragt habe. Ein „Benutzen“ der Marke iSd Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG sei demnach auszuschließen.

Gleiche Regelungen für Marken und Unternehmenskennzeichen
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hatte demnach Erfolg. Das Landgericht hat zu Unrecht Ordnungsmittel gegen sie wegen Verstoßes gegen die durch das Anerkenntnisurteil vom 17. Oktober 2016 titulierte Pflicht zur Unterlassung des Anbietens von Rechtsdienstleistungen unter dem Zeichen „x.“ verhängt. Die Entscheidung des EuGH sei zwar zur Richtlinie 2008/95/EG ergangen, die unmittelbar lediglich Marken, nicht Unternehmenskennzeichen betreffen. Wie der Senat jedoch bereits in seinem Vorlagebeschluss vom 09. September 2019 ausgeführt hatte, bestehen insoweit für Marken und Unternehmenskennzeichen gleiche Regelungen, sie können nur identisch ausgelegt werden. Demnach sei sachgerecht, mit Marken betreffende identische Vorschriften des Unternehmenskennzeichenrechts in Übereinstimmung mit der Richtlinie richtlinienkonform auszulegen, so die Richter.

Kein Einstellen im Auftrag und für Rechnung der Schuldnerin
Unerheblich war nach Auffassung des Senats, dass der Gläubigerin gegen die Schuldnerin im Hinblick auf diese Webseiten materiell rechtlich ein Folgenbeseitigungsanspruch zugestanden hat. Es komme allein darauf an, ob sich aus einem Verhalten der Schuldnerin im Rahmen einer unmittelbaren oder mittelbaren Beziehung zwischen ihr und den Webseiten ergebe, dass diese Betreiber im Auftrag und für Rechnung der Schuldnerin die Einträge online gestellt haben. Dabei sei gegebenenfalls festzustellen, ob die Schuldnerin insoweit ihren Pflichten nicht (hinreichend) nachgekommen sei. Dies war vorliegend allerdings geschehen.

Beendigung bei der unmittelbar beauftragten war ausreichend
Zwar habe die Gläubigerin geltend gemacht, es bestehe eine Partnerschaft zwischen dem Portal „Das Örtliche“ und den in Rede stehenden Portalen. Dies reiche jedoch nicht aus, da die Gläubigerin trotz Bestreitens der Schuldnerin nicht geltend gemacht habe, letztere hätten die in Rede stehenden Portale mitbeauftragt. Aus den – vom Senat informationshalber eingesehenen – AGB „Das Örtliche“ ergebe sich eine automatische Mitbeauftragung jedenfalls nicht. Letztendlich komme es auch nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des EuGH nicht darauf an, ob für eine Beendigung des Auftrages mit dem Portal „Das Örtliche“ die Anweisung an den Dienstleister zur Beendigung der Eintragung ausgereicht habe.


OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.10.2020, Az. I-20 W 71/19


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