Domainname kann zu Markenschutz führen
Der Bundesgerichtshof beschloss am 02.06.2022, dass auch ein Domainname als Hinweis auf den Geschäftsbetrieb dienen und somit markenrechtlichen Kennzeichnungsschutz begründen könne. Dies sei dann der Fall, wenn der Verkehr in der Domain nicht nur eine Adressbezeichnung, sondern auch einen Hinweis auf das Unternehmen oder die Herkunft dessen Waren oder Dienstleistungen sieht.
Kann ein Domainname auf die betriebliche Herkunft hinweisen?
Klägerin war eine Stiftung öffentlichen Rechts. Zu ihrem Stiftsvermögen zählte auch ein verpachtetes Weingut. Die erzeugten Weine wurden mit Etiketten "Cardinal Cusanus Stiftswein" und "Erzeugerabfüllung Weingut Stiftung St. Nikolaus-Hospital" vertrieben. Außerdem war die Klägerin Inhaberin der Internet-Domain "cusanus.de". Für sie war ferner seit dem Jahre 1937 die deutsche Wortmarke "Cusanus" für Waren der Klasse 33 "Wein" eingetragen. Die Beklagte zu 1 betrieb die Gaststätte "Bahnhof Cues - Das Brauhaus", die sie im Internet unter "bahnhof-cues.de" bewarb. Außerdem gehörten ihr die Domains "cusanus-brauerei.de", "cusanusbraeu.de" und "cusanusbräu.de", von denen auf die Seite "bahnhof-cues.de" weitergeleitet wurde. In der Gaststätte verkaufte sie selbst gebrautes Bier als "Cusanus Bräu" sowie "Cusanus Bräu Likör" und "Cusanus Bräu Brand". Die Beklagte zu 1 war Inhaberin der im Februar 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wortmarke "Cusanus" für Waren und Dienstleistungen der Klassen 30 "Brot", 32 "Bier" und 43 "Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen". Auf die Gesellschafterin der Beklagten zu 1 war zudem eine Wort-/Bildmarke für die Klassen 32 (Bier), 33 (Alkoholische Getränke) sowie 43 (Verpflegung, Gästebeherbergung) eingetragen. Diese Marke wurde von der Beklagten zu 1 in ihrem Internetauftritt sowie auf Bierflaschen, Biergläsern und Bierdeckeln verwendet. Die Klägerin machte gegen die Beklagten insbesondere Unterlassungsansprüche aus Marken-, hilfsweise Namens- und Wettbewerbsrecht geltend. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab; das Berufungsgericht ließ die Revision nicht zu. Dagegen richtete sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.
Verletzung des rechtlichen Gehörs
Der Bundesgerichtshof beschloss die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Artikel 103 Abs. 1 Grundgesetz sei in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden. Denn das Berufungsgericht habe diverses klägerseitiges Vorbringen bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt.
Fehlende Würdigung des Vortrages
Zum einen sei die Klägerin Inhaberin der Domain www.cusanus.de, so das Gericht. Auf diesen Umstand habe sie in ihrer Berufungsbegründung nochmals hingewiesen. Trotzdem sei dies bei der Frage, welche geschäftliche Bezeichnung der Klägerin zustehe, nicht berücksichtigt worden. Das Berufungsgericht habe vielmehr angenommen, die Klägerin habe ihre Behauptung zur Alleinstellung im Geschäftsverkehr unter "Cusanus" nicht unter Beweis gestellt. Zum anderen habe das Berufungsgericht auch den klägerseitigen Vortrag übergangen, die Angabe "Cusanus Bräu" bezeichne nicht nur das von der Beklagten zu 1 gebraute und verkaufte Bier, sondern auch ihr Unternehmen. Auch einen Medienbericht, der die Beklagten zu 1 als "Cusanus-Bräu im Bahnhof Cues, der jüngsten der Bernkastel-Kueser Brauereien" bezeichnete, habe das Berufungsgericht nicht gewürdigt.
Kennzeichnungsmäßige Verwendung des Domainnamens
Der BGH befand die Verletzung des Rechts auf Gehör als entscheidungserheblich. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vortags zu einer anderen Beurteilung der Verwechslungsgefahr gekommen wäre. Denn in der Benutzung eines Domainnamens könne eine kennzeichenmäßige Verwendung liegen. Dies sei dann der Fall, wenn der Verkehr darin keine bloße Adressbezeichnung, sondern einen Hinweis auf das Unternehmen oder die Herkunft dessen Waren oder Dienstleistungen sieht. Domainnamen, die zu einer aktiven, im geschäftlichen Verkehr verwendeten Homepage führen, komme in der Regel neben der Adressfunktion eine kennzeichnende Funktion zu. Damit sei nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht bei entsprechender Berücksichtigung zum Schluss kommt, "Cusanus" in Alleinstellung diene als Hinweis auf den Geschäftsbetrieb der Klägerin. Eine solche Annahme könne wiederum auch zu einer anderen Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne des Markengesetzes führen. Es sei ebenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte zu 1 auch unter dem Unternehmensschlagwort "Cusanus Bräu" im geschäftlichen Verkehr auftrete. Somit sei es auch möglich, dass dies Auswirkungen auf die Beurteilung der Verwechslungsgefahr habe.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.06.2022, Az. I ZR 154/21