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Pflichten aus einem Anspruch auf Auskunftserteilung

OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.04.2021, Az. 6 W 24/21


Pflichten aus einem Anspruch auf Auskunftserteilung

Mit Beschluss hat das OLG Frankfurt a.M. am 12.04.2021 entschieden, dass dem Anspruch auf Auskunftserteilung nach Art. 129 Abs. 2 UMV, § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erst dann ausreichend nachgekommen worden ist, wenn der Schuldner auch eine formell ordnungsgemäße Auskunft erteilt hat. Andernfalls muss der Verpflichtete substantiiert und nachprüfbar beweisen, dass ihm die Auskunftserteilung unmöglich ist. Im Rahmen der Verpflichtung zur Auskunftserteilung sind auch Nachforschungen bei Vorlieferanten sowie gewerblichen Abnehmern anzustellen, wenn nicht ermittelt werden kann, welcher Teil einer Lieferung markenverletzende Ware beinhaltet hat.

Hintergrund
Die Parteien streiten über die Vollstreckung einer Auskunftsverpflichtung wegen der Verletzung von Markenrechten. Mit einstweiliger Verfügung vom 14.9.2020 hat das Landgericht den Antragsgegnern untersagt, zwei für die Antragstellerin als Unionsbildmarken geschützte Zeichen für Lebensmittelprodukte mit konserviertem oder getrocknetem Gemüse oder für konservierte Fleischwaren zu verwenden. Darüber hinaus hatten die Antragsgegner Auskunft zu erteilen über den Umfang der Verletzungshandlungen unter anderem durch die Angabe der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie der Preise, die für die betreffenden Waren bezahlt worden sind, aufgeschlüsselt nach Einzelprodukten. Die Antragstellerin hat diese durch die Auskunft erteilten Angaben allerdings für unzureichend gehalten. Nachdem das Landgericht einen Zwangsgeldantrag der Antragstellerin zurückgewiesen hatte, richtete sich hiergegen ihre sofortige Beschwerde.

Antragsgegner hatten keine vollständige Auskunft erteilt
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Antragstellerin bemängelt zu Recht, dass die Antragsgegner keine vollständige Auskunft erteilt haben. Entgegen der Ansicht des Landgerichts haben die Antragsgegner die Auskunftsverpflichtung nicht durch eine Negativerklärung erfüllt. Mit Anwaltsschreiben hatten die Antragsgegner zunächst Angaben über Herkunft, Gesamtstückzahl sowie der im Bestand verbliebenen Menge aufgeführt. Die gewerblichen Abnehmer der Produkte waren ebenfalls benannt. Hinsichtlich der Einkaufs- und Verkaufspreise hatten sie allerdings um Fristverlängerung gebeten. Problematisch sei unter andrem gewesen, die einzelnen Lieferungen nicht nach der Menge der jeweils mit den Verfügungsmarken gekennzeichneten Produkte aufschlüsseln zu können, da nur Vereinbarungen über die Art der Ware getroffen worden sind (z.B. Salami oder Oliven), nicht aber über die Marke, so die Antragsgegner. Es seien daher Produkte einer Vielzahl von Herstellern (gemischt) ausgeliefert worden. Mit diesen Angaben genügen die Antragsgegner ihrer Auskunftspflicht nicht. Sie haben die angebliche Unmöglichkeit der Erfüllung des Auskunftstitels nicht ausreichend dargelegt. Hierzu bedürfe es eines substantiierten und nachprüfbaren Vorbringens des Schuldners, so das Gericht.

Schuldner hat alle Möglichkeiten der Information auszuschöpfen
Sollten tatsächlich keine aussagekräftigen Unterlagen über die Menge der mit den Verfügungsmarken gekennzeichneten Waren vorliegen, müssen die Antragsgegner jedenfalls bei ihrer Vorlieferantin nachforschen. Der Auskunftsanspruch nach Art. 129 II UMV, § 19 I, III Nr. 2 MarkenG diene der Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für den Schadensersatz. Der Schuldner habe alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Information auszuschöpfen. Er habe seine Geschäftsunterlagen durchzusehen und müsse sich, wenn dies nicht ausreiche, gegebenenfalls durch Nachfrage bei seinen Lieferanten und Abnehmern um Aufklärung bemühen. Der Auskunftsanspruch gehe zwar nicht so weit, dass Nachforschungen bei Dritten vorzunehmen seien, um unbekannte Vorlieferanten erst zu ermitteln. Wenn hingegen – wie hier – der Vorlieferant bekannt sei, müssen Zweifel durch Nachfrage bei dem Lieferanten aufgeklärt werden. Das gleiche gelte für die gewerblichen Abnehmer, so die Richter.

Auskunft gegebenenfalls durch eigene Nachforschungen
Die Antragsgegner müssen auch die Verkaufspreise und die Stückzahlen der an die gewerblichen Abnehmer veräußerten Produkte sowie die Artikelnummern angeben. Sollten die Lieferungen tatsächlich ohne Angabe von Marken erfolgt sein und daher keine Unterscheidung der rechtsverletzend gekennzeichneten Waren von entsprechenden Waren Dritter erlauben, seien die Gesamtstückzahl und die Mengenpreise der betroffenen Lieferungschargen anzugeben. Der Senat führte aus, die Antragstellerin könne dann ggf. durch eigene Nachforschungen in der Lieferkette die Stückzahlen der von der Markenverletzung betroffenen Produkte ermitteln oder schätzen. Um eine Auskunftserteilung zu erzwingen war im Ergebnis ein Zwangsgeld gegen jeden einzelnen Antragsgegner zu verhängen.

Wann fehlt es an einer formell ordnungsgemäßen Auskunft?
Ein Anspruch auf (ergänzende) Auskunftserteilung besteht nicht mehr, wenn der Schuldner eine formell ordnungsgemäße Auskunft erteilt hat. Ob die erteilte Auskunft richtig oder falsch ist, muss gegebenenfalls im Verfahren über die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung geklärt werden. Bei erkennbarer Unvollständigkeit fehlt es jedoch an einer formell ordnungsgemäßen Auskunft. In diesem Fall ist der (titulierte) Anspruch auf Auskunft noch nicht vollständig erfüllt und er kann daher im Wege der Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO weiterverfolgt werden.


OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.04.2021, Az. 6 W 24/21


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