Domain: Erstbegehungsgefahr für Verletzung einer Marke
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil (Az. 6 U 151/16) vom 02.02.2017 entschieden, dass der Erwerb und die Registrierung einer generischen Top-Level-Domain, die einen geschützten Markennamen enthält, nicht unbedingt eine Erstbegehungsgefahr für eine Markenverletzung darstellt. Auch dann nicht, wenn der Name der Domain mit einer IR-Marke verwechselt werden könnte.
Für eine Markenverletzung müssten nach Auffassung der Richter neben dem Erwerb der Domain noch weitere Umstände eintreten. Zum Beispiel müsse der Inhalt der Internetplattform einen „hinreichenden wirtschaftlichen Bezug zum Gebiet der Europäischen Union“ aufweisen. Die Erstbegehungsgefahr müsse sich demnach auf eine Verwendung der Klagemarke innerhalb der EU beziehen und deren Kennzeichen verletzen. Aus der Sicht des OLG Frankfurt am Main dürfe die Anwendung des nationalen oder europäischen Kennzeichenrechts keineswegs dazu führen, dass „jedes im Inland abrufbare Angebot ausländischer Dienstleistungen bei einer Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen rechtliche Ansprüche“ auslöst. Für einen kennenzeichenrechtlichen Anspruch muss demnach bei dem Angebot ein hinreichend wirtschaftlicher Inlandsbezug vorhanden sein. Es müsse insgesamt abgewogen werden, wie groß einerseits die Auswirkungen der Benutzung der Kennzeichen auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Zeicheninhabers sind. Andererseits ist nach Auffassung des Gerichts maßgebend, ob bei der Rechtsverletzung eine „unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte“ vorliegt. Wenn der Beklagte auf die genannten Begleiterscheinungen keinen Einfluss hat oder diese nur unwesentlich den Zeicheninhaber beeinträchtigen, sieht das Gericht keine Kennzeichenrechtsverletzung und verweist auf ein Grundsatzurteil des BGH vom 08.03.2012, Az. I ZR 75/10.
Es reicht folglich nicht aus, dass Internetadressen unter der gTDL „.xy“ in der EU abrufbar sein werden. Für das OLG Frankfurt am Main kommt es auch nicht darauf an, dass die Antragsgegnerin im Wege des sogenannten Geotargeting die Nutzung der Internetseiten für Nutzer innerhalb der EU sperren wird. Nur in den USA und in Kanada will die Antragsgegnerin es ermöglichen, die Webseite zu nutzen, da sie in den genannten Ländern nach Abgrenzungsvereinbarung zur Nutzung der Bezeichnung „X“ dazu berechtigt ist. Nach Ansicht der Richter müsse vielmehr ein „spezifischer Inlandsbezug positiv“ festgestellt werden. Anders als bei den Länderkennzeichnungen wie zum Beispiel „.de“ oder „.eu“ ergibt sich dieser nicht bereits aus der Top Level Domain selbst, denn generische TLDs weisen nicht auf eine bestimmte länderspezifische Nutzung hin. Entscheidend sei für das Gericht der Inhalt der Seiten.
Es genügt nicht, dass die Antragsgegnerin sich bei ihrer Bewerbung bei der Domainvergabestelle als globales Unternehmen darstellt, wenn sie nicht gleichzeitig Anhaltspunkte mitteilt, die auf territoriale Beschränkungen hinweisen. Außerdem müsse sich die Erstbegehungsgefahr auf Handlungen beziehen, bei denen eine markenmäßige beziehungsweise eine unternehmenskennzeichenmäßige Verwendung der gTLD vorgenommen wird. Dafür konnte das OLG Frankfurt am Main aus den Bewerbungsunterlagen der Antragsgegnerin keine konkreten Anhaltspunkte ableiten. Auch der Umstand, dass gesponserte generische TLDs in der Regel den Zweck haben, die Zugehörigkeit einer Domain zu einer Gruppe zu verdeutlichen, trägt die Annahme nicht. Ein vorbeugender Unterlassungsanspruch des Markeninhabers bestehe dann, wenn eine „Erstbegehungsgefahr für eine konkrete Verletzungshandlung“ vorhanden sei.
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 02.02.2017, Az. 6 U 151/16