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Auskunftspflicht bei Markenfälschung durch Amazon

Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 27.02.2018, Az. 2 U 73/17


Auskunftspflicht bei Markenfälschung durch Amazon

Das Oberlandesgericht Braunschweig entschied mit Beschluss vom 27.02.2018, dass ein Markeninhaber bei Markenfälschungen einen Auskunftsanspruch über Herkunft und Betriebsweg gegenüber Amazon habe.  Insbesondere sei für die Auskunftserteilung auch nicht die Rechtsabteilung einzuschalten, da die gewerblichen Abnehmer der Markenfälschungen bereits anhand ihrer Firmierung identifiziert werden können.

Ist Amazon zur Auskunft verpflichtet?
Klägerin war ein Bekleidungsunternehmen, welches auch Inhaberin einer bestimmten eingetragenen Marke war. Beklagte war die Verkaufsplattform Amazon. Die Klägerin bemerkte, dass eine ausländische Firma über Amazon T-Shirts zum Verkauf anbot, die auf der Vorder- und Rückseite den Namen der eingetragenen Marke trugen. Die T-Shirts stammten jedoch nicht von der Klägerin. Daraufhin stellte sie Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Im Wege dessen wurde Amazon zur Auskunftserteilung über Herkunft und Vertriebswege der gefälschten Ware verurteilt. Weiterhin sollten auch Hersteller und Lieferanten namentlich benannt werden sowie die Menge der gehandelten Fälschungen. Amazon legte hiergegen Berufung ein, da die Auskunftserteilung unverhältnismäßig sei. Zum einen sei der Fälscher der Klägerin ohnehin bekannt. Zum anderen müsse Amazon für die Identifizierung der gewerblichen Abnehmer die Rechtsabteilung einschaltet, was einen zu hohen Kostenaufwand bedeute. Dies gelte auch für die anwaltliche Abwehr von möglichen Vollstreckungsversuchen.

Keine Einschaltung der Rechtsabteilung erforderlich
Nach Ansicht des OLG Braunschweig war die Einschaltung der Rechtsabteilung zur Überprüfung der gewerblichen Abnehmer nicht erforderlich. Denn die Identifizierung eines Abnehmers als gewerblich Handelnden werde bereits durch seine Firmierung ermöglicht. Welche weiteren Kriterien die Beklagte prüfen wolle und weshalb dazu zwingend die Rechtsabteilung erforderlich sei, habe sie nicht hinreichend dargelegt. Vorliegend könne die Aufgabe jedenfalls ohne weiteres von einem Bürokaufmann, einem Buchhalter oder einem kaufmännischen Angestellten erledigt werden. Die durchschnittlichen Bruttolöhne dieser Berufsgruppen liegen erfahrungsgemäß bei unter 3.000,00 € pro Monat. Daher sei von einem Kostenaufwand von unter 30,00 € pro Stunde auszugehen.

Einheitliches Verfahren ausreichend
Das Gericht sah auch keine Unverhältnismäßigkeit bei der anwaltlichen Abwehr von Vollstreckungsversuchen. Insbesondere sei für die Inanspruchnahme durch die Klägerin nur ein Verfahren erforderlich. Somit sei zu erwarten, dass auch die Zwangsvollstreckung in nur einem Verfahren erfolgen könne. Hierauf habe sich die Klägerin ohnehin zu beschränken, da Mehrkosten aufgrund getrennter Verfahren nur bei Vorliegen ausreichender Gründe erstattungsfähig seien. Derartige Gründe lägen aber nicht vor.

Entscheidung über Berufungszulassung durch Berufungsgericht selbst
Zudem sei das Gericht nicht zur Berufung befugt. Denn es fehle im angefochtenen Urteil an einer ausdrücklichen Berufungszulassung. Dies bedeute regelmäßig die Nichtzulassung einer Berufung. Anders sei es nur dann, wenn das erstinstanzliche Gericht den Streitwert auf über 600,00 € festgesetzt habe. Dann sei von einer entsprechenden Berufungsbeschwer auszugehen und aufgrund dessen von einer gesonderten Berufungszulassung. In einem solchen Fall müsse das Berufungsgericht die Entscheidung über die Zulassung nachholen. Allerdings gelte das ausnahmsweise wiederum nicht, wenn es sich – wie vorliegend - um eine Auskunftsklage handele. Denn hier falle der Streitwert und die Beschwer des Auskunftsverpflichteten in aller Regel auseinander.

Meinung des Richters in 1. Instanz zu Berufung irrelevant
Auch komme es nicht darauf an, ob der vorinstanzliche Richter den Wunsch geäußert habe, das Berufungsgericht möge die Sache aufklären. Denn er könne in der Zwischenzeit seine Auffassung geändert haben. Erst bei Urteilsverkündung sei über die Frage der Berufungszulassung zu befinden. Zu diesem späteren Zeitpunkt könne der Richter aber auch zu dem Ergebnis gelangen, die Berufung nicht zuzulassen. Zudem waren am erstinstanzlichen Urteil noch zwei Handelsrichter beteiligt. Auch sie könnten über eine Berufungszulassung entscheiden und mittlerweile anderer Auffassung sein.

Berufungszulassung durch Urteilsauslegung
Schließlich verkenne die Beklagte, dass die Frage der Berufungszulassung im Wege der Urteilsauslegung zu beantworten sei, so das Gericht weiter. Die Urteilsauslegung könne nicht anhand außerhalb des Urteils liegender Umstände erfolgen. Sei ein Urteil unklar, müsse der Inhalt durch Auslegung ermittelt werden. Hierbei seien Tatbestand und Entscheidungsgründe sowie der Parteivortrag samt Antrag heranzuziehen.

Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 27.02.2018, Az. 2 U 73/17


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