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Ankündigung eines Amoklaufes auf Facebook ist strafbar

LG Aachen, Urteil vom 05.09.2012, Az. 94 Ns 27/12


Ankündigung eines Amoklaufes auf Facebook ist strafbar

Mit einer unbedachten Äußerung auf Facebook hatte ein 15 Jahre alter Schüler, der zuvor noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, sich ein Strafverfahren eingehandelt. Der Jugendrichter beim Amtsgericht Aachen hatte ihn wegen "Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung einer Straftat" zu 20 Stunden Sozialarbeit verurteilt. Folgendes war geschehen: Der Schüler war in der Vergangenheit wiederholt Opfer von Mobbing durch Mitschüler geworden, weswegen er und seine Eltern sich auch schon hilfesuchend an die Lehrer gewandt hatten. Um ihn erneut zu schikanieren, hatten Mitschüler nun über Facebook zahlreiche nicht ernst gemeinte Freundschaftsanfragen an ihn gerichtet. Auf die Provokation hatte er auf Facebook mit dem Posting reagiert: "Leute die ich so gar nicht leiden kann, haben fb, wenn die mir fa schicken, lauf ich Amok". Einige Schüler, die den Satz gelesen hatten, hatten es mit der Angst bekommen und die Schulleitung informiert. Diese wiederum hatte die Polizei eingeschaltet. Nachdem der Schüler wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Ankündigung eines Amoklaufs angeklagt und in erster Instanz auch verurteilt worden war, hatte er gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Aachen Berufung eingelegt. Mit Erfolg, denn das Landgericht Aachen hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und ihn freigesprochen.

§ 126 StGB stellt die "Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten" unter Strafe. Das LG Aachen hat festgestellt, dass der Angeklagte mit der Ankündigung auf Facebook, er werde "Amok laufen", eine Handlung vorgenommen habe, die zur Störung des öffentlichen Friedens grundsätzlich geeignet sei. Auch wenn er den "Amoklauf" in seinem Posting nur sehr vage beschrieben habe, könne eine solche Ankündigung prinzipiell die Bevölkerung in Unruhe versetzen. Damit sei der Tatbestand des § 126 StGB in objektiver Hinsicht erfüllt.

Bei der anschließenden Prüfung, ob der Angeklagte beim Einstellen des Postings auch in subjektiver Hinsicht mit dem erforderlichen Vorsatz einer Friedensstörung gehandelt habe, ist das LG Aachen jedoch zu einem anderen Ergebnis gelangt als der Jugendrichter.

Ein vorsätzliches Handeln hätte dann vorgelegen, wenn der Angeklagte bei Einstellung der Ankündigung "dann lauf ich Amok" auf Facebook "beabsichtigt oder zumindest billigend in Kauf genommen hätte", dass sein Eintrag von einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Personen wahrgenommen werde. Der öffentliche Friede werde nämlich nur dann im Sinne von § 126 StGB gestört, wenn es innerhalb der Bevölkerung oder zumindest bei einem nicht unbeträchtlichen Bevölkerungsteil zu einer allgemeinen Beunruhigung komme. Der Angeklagte selbst habe jedoch vor Gericht erklärt, er habe angenommen, dass sein umstrittenes Posting bei Facebook nur von den Personen gelesen würde, die unbeschränkte Einsicht in seine Seite hätten, also von höchstens 40 Personen. Außerdem habe er angenommen, dass diese Personen den Satz so verstehen würden, wie er ihn tatsächlich auch gemeint habe, nämlich als Aufforderung, ihn in Ruhe zu lassen und nicht mehr mit weiteren "Freundschaftsanfragen" zu ärgern. Damit, dass der Eintrag an Dritte weitergegeben würde, habe er nicht gerechnet.

Diese Einlassung zu seiner subjektiven Vorstellung bei der Tat - so das LG Aachen - habe dem Angeklagten nicht widerlegt werden können. Ein Vorsatz, mit seinem Eintrag eine nicht unbeträchtliche Personenzahl in Unruhe zu versetzen und damit den öffentlichen Frieden zu stören, habe ihm somit nicht nachgewiesen werden können. Daher war er freizusprechen.

LG Aachen, Urteil vom 05.09.2012, Az. 94 Ns 27/12


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