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Zum Vertrieb gebrauchter Software ohne Originalverpackung

LG Hamburg, Urteil vom 21.1.2015, Az. 408 HKO 41/14


Zum Vertrieb gebrauchter Software ohne Originalverpackung

Die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hamburg hatte unlängst zu entscheiden, inwieweit ein in Verkehr gebrachtes Computerprogramm auf einem Datenträger auch ohne seine Verpackung weiterveräußert werden darf.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin vertreibt ein Programm zur Erstellung von Steuererklärungen. Dabei bietet sie diese identische Software zum einen in einer Box mit CD-ROM, gedruckter Installationsanweisung und Seriennummernzertifikat nebst Lizenzbestimmungen, weiteren Programmhilfen und Werbung an; zum anderen lediglich als CD-ROM mit aufgeklebter Seriennummer, die zur Aktivierung benötigt wird; schließlich auch nur zum Download.

Die Beklagte vertreibt ebenfalls diese Software, die sie zuvor bei der Klägerin als Box erworben hat. Allerdings entnimmt sie die CD-ROM sowie das Seriennummernzertifikat aus der Box und veräußert diese Bestandteile allein ihren Kunden in einer selbst hergestellten Verpackung.

Die Klägerin wollte nun der Beklagten untersagen lassen, das Softwareprodukt ohne die Originalverpackung und die ursprünglichen Inhaltsbestandteile weiter zu vertreiben. Zwar hatte die Klägerin gegen den Weiterverkauf ihrer Produkte wegen des im Markenrecht geltenden Erschöpfungsgrundsatzes (§ 24 Abs. 1 MarkenG) nichts einzuwenden. Im Vertrieb ohne die von der Klägerin hergestellte Umverpackung und damit ohne die darauf abgedruckten Angaben und ohne die weiteren Inhaltsbestandteile sah die Klägerin jedoch eine Verletzung ihrer Markenrechte gem. § 24 Abs. 2 MarkenG. In dieser Veränderung lägen Eingriffe in die Substanz der Markenware und ihrer Funktion. Der Versand von Fragmenten des Produkts spiegele den Kunden vor, der Kauf stelle den Vertrieb der originalen Box dar. Diese Modifikation berühre die ursprüngliche Integrität des Produkts und sei somit eine markenrechtlich unzulässige Produktveränderung. Die Beklagte war hingegen der Meinung, der Erschöpfungsgrundsatz greife auch hier. Nur alleine die Veränderung der Verpackung oder das Weglassen einzelner Bestandteile könne noch keinen Grund für den Markeninhaber darstellen, sich dem Weiterverkauf der einmal in Verkehr gebrachten Waren zu widersetzen. Schließlich werde keine charakteristische Eigenschaft der Ware verändert, weil alle für den Betrieb erforderlichen Produktbestandteile ausgeliefert würden. Mit der Beschränkung auf den Versand des Datenträgers könne ein Preisvorteil an die Kunden weitergeben werden.

Die Entscheidung:
Das Landgericht Hamburg gab der Beklagten recht. Anders als zum Beispiel bei Kosmetikprodukten sei nicht erkennbar, inwieweit die Umverpackung von Software auch nur in Ansätzen die Funktion erfülle, den Ruf des Produkts im Vergleich von Erzeugnissen von Wettbewerbern zu erhöhen. Zwar stehe die Veränderung der Verpackung der Veränderung einer Ware selbst gleich. Sie führe aber nicht stets zum Ausschluss der Erschöpfung. Dies sei nur dann der Fall, wenn von der Veränderung eine Gefahr für den Ruf der Marke ausgehe. Hier bestehe eine solche Gefahr nicht, zumal die Klägerin selbst durch das Angebot der Software als Download gänzlich auf eine Umverpackung und weitere Bestandteile verzichte. Zusätzlich wies die Kammer noch darauf hin, dass ein Interesse des Herstellers, eine Preisgestaltung vorzugeben, nicht zu den berechtigten Gründen gehören kann, aufgrund derer sich ein Markeninhaber dem Weiterverkauf widersetzen dürfe. Dies hieße, das kartellrechtliche Verbot bindender Preisvorgaben mit den Mitteln des Markenrechtes in unzulässiger Weise zu umgehen.

Anmerkung:
Das Landgericht hat mit dieser Einzelfallentscheidung den entscheidenden Aspekt der Widersetzungsmöglichkeit gegen die markenrechtliche Erschöpfung aufgezeigt. Die Verschlechterung einer Ware durch Veränderung ihrer Verpackung oder durch Weglassen von Zusatzbestandteilen kann nur eintreten, wenn diese zum Ruf oder der Funktionsfähigkeit der Markenware beitragen. Ansonsten greift der Erschöpfungsgrundsatz, der auch urheberrechtlich für Software spätestens seit dem grundlegenden Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Jahre 2012 anerkannt ist. Wiederverkäufer sollten also für ihre Produkte einzeln prüfen, ob die Verpackung oder einzelne Bestandteile der Lieferung zum Wert der Marke beitragen könnten. Bei Software dürfte dies kaum der Fall sein, zumal der Vertrieb von Software auf Datenträgern gegenüber dem Download in Zukunft immer weniger eine Rolle spielen wird.

LG Hamburg, Urteil vom 21.1.2015, Az. 408 HKO 41/14


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