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Verwechslungsgefahr bei kurzen Marken

BGH, Urteil vom 05.03.2015, Az. I ZR 161/13


Verwechslungsgefahr bei kurzen Marken

Der Bundesgerichtshof hat im März 2015 entschieden, dass Wortmarken, die aus denselben Buchstaben in unterschiedlicher Reihenfolge bestehen, einander sehr ähnlich und daher verwechslungsfähig sein können. Dies gelte insbesondere, wenn beim Aussprechen der Konsonanten dieselbe Vokalfolge auftritt. Es ging in dem Verfahren um die Verwechslungsgefahr der Zeichenfolgen „IPS“ und „ISP“.

Die Inhaberin einer 2008 angemeldeten Wortmarke „IPS“, die vor allem für Dienstleistungen rund um die Wartung von Computern registriert wurde, sah sich durch eine ähnliche Marke eines in Polen ansässigen Unternehmens in ihren Markenrechten verletzt. Die Firmenbezeichnung „ISP Polska s. z o.o.“ für ein in der Industrieautomatisierung tätiges Unternehmen wurde auch auf deren deutschsprachiger Internetseite verwendet. Dort wurde auch ein Logo aus grünen Kreisen gezeigt mit der weißen Beschriftung „ISP“. Nach einer erfolglosen Abmahnung beantragte „IPS“ eine einstweilige Verfügung, mittels der dem polnischen Unternehmen die Verwendung des Kürzels „ISP“ in Deutschland verboten werden sollte. Sowohl das Landgericht Bochum als auch das OLG Hamm als Berufungsinstanz wiesen die Verfügungsklage zurück. Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, dass das Zeichen der polnischen Firma „ISP“ nicht mit der Wortmarke „IPS“ verwechselt werden könne. Zwar würden dieselben Buchstaben verwendet, durch die Vertauschung der Buchstaben S und P entstünde aber ein völlig anderes Klangbild. Auch vom Schriftbild her seien „IPS“ und „ISP Polska s. z o.o.“ kaum verwechselbar, zumal die angesprochenen Verkehrskreise – also mögliche Kunden, Geschäftspartner oder Konkurrenten – sorgfältig prüfen würden, mit welchem Unternehmen sie es zu tun hätten.

Der BGH beurteilte zunächst die Rechtmäßigkeit der Klage, die vom verfügungsbeklagten Unternehmen in Frage gestellt worden war. Da der Internetauftritt der polnischen Firma in deutscher Sprache gehalten sei und sich erkennbar an einen deutschen Markt richte, außerdem die Marke „IPS“ in Deutschland registriert sei, könne man davon ausgehen, dass das schädigende Ereignis auch im deutschen Inland eintrete. Daher sei auch nationales Recht anzuwenden.

Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung kann nach Ansicht des BGH eine Verwechslung zwischen „IPS“ und „ISP Polska s. z o.o.“ (beziehungsweise dessen Kurzform „ISP“) nicht glaubhaft verneinen. Die Frage einer Verwechslungsgefahr sei nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu bewerten. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Zeichen sei zu bedenken, dass die Marken auf die angesprochenen Verkehrskreise auf drei Arten wirken: klanglich, vom Schriftbild und begrifflich. Für die Bejahung einer Verwechslungsfähigkeit reicht es nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH aus, wenn die Ähnlichkeit in einem dieser Wahrnehmungsbereiche bestehe. Bedacht werden muss auch, dass erfahrungsgemäß im Alltag die beiden unterschiedlichen Zeichen nicht gleichzeitig und damit direkt gegenüberstellbar wahrgenommen würden. Wenn von der einen Marke nur ein „undeutlicher Erinnerungseindruck“ vorhanden sei, falle die Ähnlichkeit mehr ins Gewicht. Es sei denkbar, dass nur die ungefähre Klangfarbe im Gedächtnis verbleibe, wobei die Abfolge der Vokale „i-e-e” bei der Aussprache der Einzelbuchstaben der Zeichen als „i-pe-es” und „i-es-pe” identisch sei.

Im Grunde ging nach Meinung des BGH auch das Berufungsgericht von diesen Überlegungen aus, setzte aber außerdem voraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Zeichen jeweils sorgfältig prüfen. Von einer sorgfältigen Prüfung könne bei einem beruflichen Umgang mit den Angeboten der Dienstleister immer ausgegangen werden. An diesem Punkt widersprach der BGH den Richtern der Berufungsinstanz. Die Voraussetzung der sorgfältigen Prüfung durch Unternehmensmitarbeiter sei nicht unbedingt mit der vorausgesetzten Sicherheit gegeben. So sei es denkbar, dass Mitarbeiter die Dienste von „IPS“ oder „ISP“ beauftragten, die nicht regelmäßig mit derartigen Aufgaben betraut würden und daher nicht über besondere Fachkunde verfügten. Außerdem sei die Beurteilung der Ähnlichkeit der Zeichen fehlerhaft erfolgt. Es müsse nämlich der Grad der Zeichenähnlichkeit ermittelt werden, der von Zeichenunähnlichkeit über Zeichenähnlichkeit bis zu Zeichenidentität reichen könne (vgl. BGH, GRUR 2013, 833 Rn. 55 Culinaria/Villa Culinaria). Erst dann könne beurteilt werden, ob bei bestehender Dienstleistungsidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Marke der Klägerin ein hinreichend großer Abstand zwischen den Bezeichnungen vorliegt oder nicht.

BGH, Urteil vom 05.03.2015, Az. I ZR 161/13


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