Persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Markenrechtsverletzung
Der Geschäftsführer einer GmbH haftet regelmäßig für eine Markenrechtsverletzung (§ 14 MarkG), wenn er von dieser Kenntnis hat und nichts unternimmt, um selbige zu verhindern. Die persönliche Haftung tritt auch bei einer firmenmäßigen Nutzung des fremden Kennzeichens ein, wenn der Geschäftsführer die Firmenbezeichnung nicht ändern kann.
Um die Verletzung eines fremden Kennzeichens zu verhindern, hat der Geschäftsführer auf eine Firmenänderung durch Änderung des Gesellschaftsvertrages hinzuwirken (§§ 3, 53 GmbHG). Eine Markenrechtsverletzung liegt vor, wenn das fremde Kennzeichen für Waren oder Dienstleistungen verwendet wird. Wird die Marke zur Unternehmenskennzeichnung genutzt, liegt keine Markenrechtsverletzung vor, solange die Herkunftsfunktion der Angriffsmarke nicht beeinträchtigt wird. Eine derartige Beeinträchtigung liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise das angegriffene Unternehmenskennzeichen auf die angebotenen Waren oder Dienstleistungen der Klagemarke zurückführen und zwischen beiden eine Verbindung herstellen.
Im vorliegenden Fall hat der BGH festgelegt, wann der Übergang von der „alternativen zur eventuellen Klagehäufung“ bei Streitigkeiten im gewerblichen Rechtsschutz im Berufungs- und Revisionsverfahren zulässig ist. Zu beurteilen war die Ähnlichkeit beziehungsweise Unähnlichkeit des Kennzeichens „Pelikan“. Gegenüber standen sich Musikunterricht des angegriffenen Kennzeichens und Lehrmittel der Klagemarke. Klägerin ist das Unternehmen Pelikan, die mit mehreren eingetragenen Marken „Pelikan“ Schreib-, Büro- und Papierwaren vertreibt. Sie geht gegen eine Musikschule vor, die unter dem Namen „Pelikan“ firmiert und diesen auch in einem Domainnamen verwendet. Pelikan nimmt die Musikschule auf Unterlassung in Anspruch. Der Streitgegenstand bestimmt sich durch den Klageantrag und den Klagegrund, der auch als Lebenssachverhalt bezeichnet wird. Nimmt der Kläger die Gegenpartei aus einem Schutzrecht in Anspruch, wird der Streitgegenstand durch die im Klageantrag einzeln benannten Schutzrechte bestimmt. Unterschiedliche Schutzrechte liegen vor, wenn der Kläger, wie in diesem Rechtsstreit, die Gegenseite aus mehreren Schutzrechten in Anspruch nimmt, die mehrere Marken und ein Unternehmenskennzeichen beinhalten. Prozessuale Ansprüche aus einem Markenrecht bilden entsprechend § 14 MarkenG einen einheitlichen Klagegegenstand. Dasselbe Prinzip gilt für Ansprüche aus einem Unternehmenskennzeichen (§ 15 MarkenG).
Die Klägerin nahm die Beklagte aus mehreren Schutzrechten mit einer alternativen Klagehäufung in Anspruch und überließ dem Gericht die Entscheidung, auf welches Schutzrecht es seine stattgebende Entscheidung stützt. Diese Vorgehensweise ist jedoch unzulässig. Zulässig ist dagegen, die angeführten Schutzrechte bereits in der Revisionsinstanz in der Reihenfolge anzugeben, in der die Klägerin ihre Rechte gegenüber der Beklagten herleitet. Dieser Vorgang wird als „Übergang von der alternativen zur eventuellen Klagehäufung“ bezeichnet. Eine entsprechende Klarstellung der Klage kann noch während des Berufungs- oder Revisionsverfahrens erfolgen. Das Gericht der Tatsacheninstanz muss auf die Angabe der Reihenfolge entsprechend § 139 ZPO hinweisen. Der BGH hat entschieden, dass der Beklagte zu 2) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten (Musikschule) zu 1) für eine Markenrechtsverletzung auch dann persönlich in Anspruch zu nehmen ist, wenn die eingetragene Marke nicht nur als Unternehmenskennzeichen verwendet wird, sondern auch eine markenmäßige Benutzung vorliegt. In diesem Fall liegt jedoch nicht nur die Benutzung eines Unternehmenskennzeichens vor, sondern gleichfalls eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Klagemarke „Pelikan“. Eine Markenbenutzung im Sinne des Markenrechts liegt hier in der Benutzung der Kennzeichnung „Pelikan“ für die Internet-Domain der Musikschule Pelikan vor. Die angesprochenen Verkehrskreise nehmen einen Zusammenhang zwischen dem angegriffenen Kennzeichen der Musikschule Pelikan und der eingetragenen Marke „Pelikan“ der Klägerin an. Der BGH wirft dem Berufungsgericht eine rechtsfehlerhafte Verneinung einer Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen der Musikschule und der Waren „Lehrmittel“ der Klagemarke vor. Das Berufungsgericht hat den Begriff „Lehrmittel“ zu eng gefasst.
Um zu einer gerechten Beurteilung hinsichtlich einer eventuell vorhandenen Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen der Musikschule und den für die Klagemarke eingetragenen Lehrmitteln zu gelangen, sind alle kennzeichnenden Faktoren zu berücksichtigen. Dazu gehören der Verwendungszweck, die Nutzung und die Eigenarten der gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen. Von einer Unähnlichkeit und einer fehlenden Verwechslungsgefahr kann nur ausgegangen werden, wenn die angesprochenen Verkehrskreise trotz Markenidentität keine Verbindung zwischen den gegenüberstehenden Kennzeichen herstellen. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass zwischen den Lehrmitteln der Klagemarke und den Dienstleistungen der Musikschule kein inhaltlicher Bezug besteht. Lehrmittel sind keine verwendungsneutralen Hilfsmittel ohne inhaltlichen Bezug zum Musikunterricht. Die Anforderungen an eine Kennzeichenähnlichkeit dürfen nicht zu hoch angelegt werden. Den Geschäftsführer der GmbH trifft neben der Firma die Pflicht, die Verwendung des rechtsverletzenden Kennzeichens zu unterlassen und auf eine Änderung des Gesellschaftsvertrages hinzuwirken, um die Firmierung zu ändern.
BGH, Urteil vom 19.04.2012, Az. I ZR 86/10