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Zur Störerhaftung eines Nameserver-Betreibers

Landgericht Köln, Urteil vom 30.01.2020, Az. 14 O 171/19


Zur Störerhaftung eines Nameserver-Betreibers

Das Landgericht Köln urteilte am 30.01.2020, dass ein Nameserver-Betreiber spätestens nach Mitteilung über rechtsverletzende Angebote seiner Kunden als Störer zu haften habe. Denn er ermögliche Dritten die öffentliche Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Werken. Damit leiste er einen kausalen Beitrag zu den Rechtsverletzungen.

Wer haftet für illegale Download-Angebote?
Klägerin war ein Musiklabel bzw. ein Tonträgerhersteller. Die Beklagte bot verschiedene Internet-Dienstleistungen als Nameserver, Betreiberin eines Content-Delivery-Networks sowie von DNS-Servern (DNS-Resolver) an. Die Klägerin nahm die Beklagte im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch. Gegenstand war das illegale Download-Angebot eines Musikalbums von Sarah Connor. Daran hält die Klägerin die ausschließliche Leistungsschutzrechte eines Tonträgerherstellers für Deutschland. Das Album war über einen Vertragspartner der Beklagten, dem Betreiber der Webseite E.to, erreichbar. Ein Nameserver leitet den gesamten Datenverkehr zwischen (End) Nutzer und Webseitenbetreiber über eigene Server. Hierzu unterhielt die Beklagte ein System von 194 weltweit verteilten und miteinander vernetzten Server-Präsenzpunkte (Content-Delivery-Network). Außerdem bot sie an, die jeweiligen Webseiten zu schützen und zu beschleunigen. Diese Dienste nutzte auch der Dienst E unter der Domain E.to. Deren Geschäftsmodell war auch auf die die illegale Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke ausgerichtet. Auf der Seite E.to wurden Hyperlinks zu illegalen Download-Angeboten urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen angeboten. Die Webseite hatte kein Impressum. Sie hatte in der Vergangenheit auch bereits mehrfach den Hostprovider gewechselt. Das Sarah Connor-Album war unter der URL E.to als "Album der Woche" unter Verweis auf die URL nitroflare.com abrufbar. Die Klägerin wies die Beklagte auf die Rechtsverletzung hin und forderte sie zur Sperrung binnen 24 Stunden auf. Da nichts geschah, mahnte sie die Beklagte ab und forderte sie zur Auskunftserteilung auf.  Daraufhin teilte die Beklagte mit, für den Inhalt ihrer Kunden nicht verantwortlich zu sein und verwies die Klägerin an den Host Provider oder Webseiten-Betreiber. Zugleich teilte sie die E-Mail-Adresse sowie Anschrift des Host Providers in Pakistan mit.

Öffentliche Zugänglichmachung des Musikalbums
Das LG entschied, dass die Beklagte Dritten die öffentliche Zugänglichmachung des Musikalbums ermögliche. Die öffentliche Zugänglichmachung sei ein Unterfall der öffentlichen Wiedergabe. Bereits der EuGH habe entschieden, dass die Bereitstellung und das Betreiben einer Online-Filesharing-Plattform eine öffentliche Wiedergabe sei. Die durch den EuGH erstellten Grundsätze seien auf den vorliegenden Fall übertragbar. Zwar sei der Dienst E.to keine Filesharing-Plattform in dem Sinne, da er nicht unmittelbar Inhalte vorhalte. Allerdings koordiniere der Dienst die Angebote diverser Filesharing-Plattformen, kategorisiere sie und stelle sie übersichtlich in Linksammlungen zusammen, um sie für Nutzer einfacher erreichbar zu machen. Damit werde eine wesentliche Handlung zur Wiedergabe sowie eine zentrale Rolle in der Zugänglichmachung der Werke übernommen. Zudem erfolge die Leistung mit Gewinnerzielungsabsicht. Denn der Nutzer könne durch Abschluss kostenpflichtiger Premium-Accounts Wartezeiten umgehen und schnellere Downloads vornehmen. Es liege auch die Wiedergabe an ein neues Publikum vor. Denn die Betreiber der Webseite E.to handeln in voller Kenntnis, dass die vorgehaltenen Links auf Werke verweisen, die ohne Zustimmung der Rechteinhaber veröffentlicht wurden. Sie werben gerade damit, "die aktuellste Warezseite für Musik im deutschsprachigen Raum, mit einem Download-Archiv Filmmusik sämtlicher Genres" zu sein.

Kein neutraler Diensteanbieter nach § 8 TMG
Der Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte sei auch nicht bereits gemäß § 8 Abs. TMG ausgeschlossen, so das Gericht. Danach könne ein Anbieter für fremde Informationen unter bestimmten Voraussetzungen nicht verantwortlich gemacht werden. Allerdings lägen die dafür erforderlichen Kriterien nicht vor. Denn die Vertragsleistungen, welche die Beklagte als Nameserver erbringt, seien aufgrund der Optimierung und Beschleunigung des Internetauftritts mit Eingriffen in die Datenübertragung von und zu den Webseiten ihrer Kunden verbunden. Somit könne die Beklagte auch nicht als neutraler Diensteanbieter im Sinne von § 8 TMG angesehen werden.

Störer-Haftung
Das Gericht erachtete die Beklagte auch als Störerin. Denn sie leiste einen adäquat kausalen Beitrag zu den Urheberrechtsverletzungen. Die Funktion der Beklagten sei in einigen Punkten mit denen eines Access-Providers vergleichbar. Auch sie verfolge ein anerkanntes, nicht von vornherein auf Urheberrechtsverletzungen ausgerichtetes Geschäftsmodell, das für das Funktionieren des Internets wesentlich sei. Der Internetnutzer könne sich (Domain)Namen grundsätzlich besser merken als  Zahlenkombinationen von IP-Adressen.

Prüfpflicht
Das Landgericht befand, die Beklagte habe gegen ihre Prüfpflichten verstoßen. Solche seien ihr grundsätzlich zuzumuten, denn sie sei geschäftlich tätig geworden. Zudem habe sie in einer vertraglichen Beziehung zu dem Betreiber der Webseite gestanden. Sie habe ihren Dienst im Falle eines Verstoßes gegen die Vertragsbedingungen auch kündigen können. Ein solcher Verstoß habe aufgrund der Verletzung insbesondere des Urheberrechts vorgelegen. Trotzdem sei nach Hinweis auf die Rechtsverletzungen durch die Klägerin das Musikalbum weiter über die Webseite E.to und den dort angegebenen Links abrufbar gewesen. Dadurch habe die Beklagte zur Rechtsverletzung über die streitgegenständliche Domain beigetragen.

Zumutbarkeit
Auch sei die Prüfpflicht zumutbar gewesen, urteilte das Gericht. Als mildestes Mittel sei die Kontaktaufnahme zum Betreiber der Webseite E.to einschließlich der Bitte um Entfernung der beanstandeten Links möglich gewesen. Darüber hinaus sei auch eine Sperrung der Domain möglich und wirtschaftlich zumutbar gewesen. Denn eine solche Sperrung erfordere nur einen geringen technischen und wirtschaftlichen Aufwand. Es sei auch nicht ersichtlich, dass diese spezielle Maßnahme wirtschaftlich ins Gewicht falle. Denn die Beklagte betreue eine achtstellige Zahl von Domains. Es sei zwar grundsätzlich zu berücksichtigen, inwieweit durch eine Sperrung auch rechtmäßige Inhalte auf der Domain blockiert werden. Denn dadurch werde auch in das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit eingegriffen. Die Urheberrechtsverletzungen seien also zu beenden, ohne den Internetnutzern die Möglichkeit auf rechtmäßigen Informationszugang zu nehmen. Vorliegend sei aber unstreitig, dass es sich bei dem Dienst E.to um eine strukturell urheberrechtsverletzende Seite handele. Die Beeinträchtigung der Rechte von Nutzern, die auf legalem Wege den Dienst E.to nutzen, sei damit de facto ausgeschlossen.

Landgericht Köln, Urteil vom 30.01.2020, Az. 14 O 171/19


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