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Zum Gebrauch fremder Ausweispapieren

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.07.2020, Az. 5 StR 146/19


Zum Gebrauch fremder Ausweispapieren

Der Bundesgerichtshof beschloss am 21.07.2020, dass auch durch Vorlage der Kopie oder durch elektronische Übersendung des Bildes eines echten Ausweises zur Identitätstäuschung ein Ausweispapier gem. § 281 StGB zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht werde.

Täuschung nur durch Vorlage von Ausweispapieren im Original?
Der mittel- und wohnungslose Angeklagte war wegen mehrfachen Betruges in Tateinheit mit Missbrauch von Ausweispapieren verurteil worden. Er mietete sich in ein Hamburger Hotel ein. Um sich das dafür notwendige Geld zu beschaffen und weil er Gefallen an einem luxuriösen Lebensstil gefunden hatte, beging er zahlreiche Straftaten. Unter anderem trat er auf dem Online-Markt „Uhrforum“ unter fremden Namen auf. Er übersandte im Rahmen von Verkaufsgesprächen über eine Rolex-Uhr an den Kaufinteressenten die elektronische Datei des Personalausweises von einer Person, dessen Namen er nutze. Der tatsächliche Inhaber des Ausweises hatte ihn einige Monate zuvor verloren. Wie der Angeklagte in den Besitz des Ausweises kam, ließ sich nicht aufklären. Der Geschädigte überwies dem Angeklagten 7.800 Euro. Zu einer anderen Gelegenheit trat er gegenüber einem anderen Kaufinteressenten unter einem weiteren falschen Namen auf. Seine Identität wies der Angeklagte per digitaler Lichtbilddatei des Personalausweises der anderen Person nach. Die Lichtbilddatei hatte der Angeklagten einige Monate zuvor im Rahmen von Verkaufsverhandlungen mit der Person erhalten. Der Käufer überwies dem Angeklagten 6.750 Euro für eine Rolex-Herrenarmbanduhr. Unter gleicher Identität täuschte der Angeklagte noch eine weitere Person, welche ihm 3.500 Euro für eine Rolex überwies. Die Vorinstanz verurteilte den Angeklagten wegen Betruges in 38 Fällen, davon in zehn Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, in neun Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten, in drei Fällen in Tateinheit mit Missbrauch von Ausweispapieren etc. Dagegen ging der Angeklagte in Revision.

Gebrauch von Ausweispapieren auch bei Fotokopie oder elektronische Übermittlung
Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Angeklagte in mehreren Fällen jeweils zur Täuschung über seine Identität ein für eine andere Person ausgestelltes echtes Ausweispapier gebraucht habe. Nach ständiger Rechtsprechung mache von einer Urkunde Gebrauch, wer dem Getäuschten die sinnliche Wahrnehmung der Urkunde ermögliche. Dies könne nicht nur durch Vorlage der Urkunde selbst, sondern auch durch eine Fotokopie oder ein Lichtbild der tatsächlich vorhandenen Urkunde erfolgen. Auch durch Vorlage einer Kopie oder durch elektronische Übersendung eines Bildes eines echten Ausweises zur Identitätstäuschung könne deshalb ein Ausweispapier im Rechtsverkehr gebraucht werde.

Auslegung muss sich nach Tathandlung und Tatobjekt richten
Dagegen spreche auch nicht die abweichende Rechtsprechung anderer Senate, so der BGH weiter. Aus dem Wortlaut von § 281 StGB ergebe sich keine Einschränkung der Tathandlung auf besondere Formen des Gebrauchs eines Ausweispapiers. Eine Urkunde gebrauche, wer deren sinnliche Wahrnehmung ermögliche, also die Urkunde zur Kenntnis der zu täuschenden Person bringe. Dies könne auch durch Vorlage eines Abbildes geschehen. Denn dass die Urkunde selbst unmittelbar dem zu Täuschenden in die Hand gegeben werden müsse, setze der Begriff des Gebrauchens nicht voraus. Eine abweichende Auslegung könne daher nicht lediglich am Tatobjekt festgemacht werden.

Gleiche Auslegung wie in § 267 StGB
Der BGH befand, dass der Begriff „Gebrauchen“ in § 281 StGB genauso wie in § 267 StGB auszulegen sei. Die gleichlautende Verwendung desselben Begriffs in zwei Strafnormen im selben Abschnitt des Strafgesetzbuchs spreche dafür, dass der Begriff in beiden Tatbeständen gleich ausgelegt werden müsse. Zudem führe es zu schwer verständlichen Wertungswidersprüchen, wenn das „Gebrauchen“ in den Strafnormen bezogen auf Kopien echter oder verfälschter Ausweise bzw. Ausweisersatzpapiere unterschiedlich ausgelegt werde.

Digitale Kopien auch nach Sinn und Zweck von § 281 StGB erfasst
Diese Auslegung werde auch dem Sinn und Zweck von § 281 StGB gerecht, so das Gericht. Die Norm diene dem Schutz des Rechtsverkehrs durch Identitätsschutz. Wer ein Ausweispapier zur Identitätstäuschung nutze, gebrauche die besondere Beweiswirkung des Identitätspapiers. Dies geschehe nicht nur bei Vorlage des Originals, sondern auch bei der Nutzung (digitaler) Kopien. Der Rechtsverkehr vertraue darauf, dass nur derjenige ein amtliches Ausweispapier nutze, der berechtigter Inhaber sei. Aufgrund der veränderten technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen stehe die Vorlage des Originals der Vorlage einer Kopie weithin gleich. Denn heutzutage sei die elektronische Kommunikation üblich; es werden digitale Kopien von Urkunden verwendet. Dies betreffe gerade auch die Verwendung von Ausweispapieren, an deren Übermittlung zur Identitätsprüfung der Rechtsverkehr ein besonderes Interesse habe.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.07.2020, Az. 5 StR 146/19


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