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Virtuelles Hausrecht in einem Internetforum

AG Kerpen, Urteil vom 10.04.2017, Az. 102 C 297/16


Virtuelles Hausrecht in einem Internetforum

Das Amtsgericht (AG) in Kerpen hat mit seinem Urteil vom 10.04.2017 unter dem Az. 102 C 297/16 einer fristlosen Sperrung eines Nutzeraccounts in einem Internetforum eine Absage erteilt. Das Gericht verurteilte den beklagten Forenbetreiber, den Account des Klägers wieder freizuschalten.

Der Beklagte betreibt ein Forum zum Thema Drohnen. Interessierte Personen können sich unter Einverständniserklärung zu den Nutzungsbedingungen dort registrieren. Die Nutzungsbedingungen beinhalten ein Verbot von Werbung.

Der Kläger registrierte sich am 09.11.15 für das Forum und erkannte die Nutzungsbedingungen an. In der Folgezeit verfasste er mehr als 900 Beiträge, die sich auch mit Drohnen eines bestimmten Herstellers befassten. Ein anderer Forennutzer fasste dies als Werbung auf und kommentierte es entsprechend mit einem Beitrag.

Am 18.05.16 postete der Kläger Fotos von sich und einem Drohnenmodell des Herstellers X. Im Hintergrund sind dessen Werbebanner zu sehen. Außerdem betreibt der Kläger einen Videokanal, auf dem er Videos über Drohnen der Firma X veröffentlicht. Dafür erhält er auch die Unterstützung dieser Firma und er wird von einem Händler unterstützt.

Der Beklagte erkundigte sich per privater Nachricht, ob mit den Forenbeiträgen gewerbliche Ziele verfolgt werden. Er schränkte den Zugriff auf das Benutzerkonto des Klägers für diesen ein. Ab dem 19.05.16 konnte der Kläger noch im Forum mitlesen, konnte jedoch seine privaten Nachrichten nicht mehr lesen und auch keine Forenbeiträge schreiben.

Am 23.05.16 forderte der Kläger den Beklagten auf, das Benutzerkonto freizuschalten. Der Beklagte lehnte dies ab und fügte hinzu, er werde keine Mails mehr vom Kläger beantworten. Auch ein anwaltliches Schreiben vom 15.06.16 erzielte nicht das gewünschte Ergebnis.

Der Kläger behauptet, im Forum nicht gewerblich, sondern privat tätig gewesen zu sein.
Kenntnisse über die Drohnen des Herstellers X habe durch interessiertes Nachfragen gewonnen. Er sei jedoch nicht für diesen Hersteller tätig. Den Beitrag vom 18.05.16 habe er aus reiner Freude über seine vorbestellte Drohne verfasst, die er bei einem Händler abgeholt habe. Das Video habe er in den Räumen des Händlers aufgenommen, wo auch die Werbebanner vorhanden gewesen seien.

Die Klage wurde dem Beklagten am 20.09.16 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 14.10.16 kündigte der Beklagte den Vertrag mit dem Kläger fristlos, hilfsweise ordentlich und erteilte ihm ein virtuelles Hausverbot.

Doch das AG Kerpen entschied, dass der Kläger vom Beklagten die Aufhebung der Accountsperre und die den Ersatz von Rechtsanwaltskosten verlangen kann.
Der Anspruch ergebe sich aus dem geschlossenen Forennutzungsvertrag. Dieser sei durch die Anmeldung des Klägers zustande gekommen und berechtige den Kläger dazu, Beiträge zu posten und die Foreninfrastruktur zu nutzen.

Das Forum stelle ein Vertragsangebot nach § 145 BGB an einen unbestimmten, jedoch hinreichend bestimmbaren Nutzerkreis dar. Es liege darin nicht nur eine Aufforderung zu einer Abgabe eines Angebots. Dem Beklagten lasse sich ein Rechtsbindungswille zuschreiben, jedem, der sich registriert, Zugang zu dem Forum zu gewähren.
Dieser Vertrag sei durch die Kündigung nicht wirksam beendet worden. Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung haben nicht vorgelegen. Es sei dem Beklagten nicht unzumutbar gewesen, das Vertragsverhältnis fortzusetzen. Es fehle auch an einer erfolglosen Abmahnung.
Nach der Teilsperrung des Nutzerkontos habe der Kläger keinerlei vertragswidriges Verhalten gezeigt. Auch sei nichts Gewerbliches gepostet worden. Dass der Kläger außerhalb des Forums einen Videokanal betreibt, auf dem er Werbung für den Hersteller zeigt, stellt keinen Verstoß gegen die Vertragspflichten gegenüber dem Forum dar.

Es komme lediglich eine ordentliche Kündigung in Betracht, die erst im Mai 2017 wirksam werden könne. Bis dahin habe der Forenbetreiber auch nicht das Recht, dem Kläger Schreibrechte zu entziehen. Anderes folge auch nicht aus den AGB des Forums.

Etwas anderes folge auch nicht aus den Nutzungsbedingungen des Forums.
Eine jederzeitige grundlose Löschung sei eine unangemessene Benachteiligung.

AG Kerpen, Urteil vom 10.04.2017, Az. 102 C 297/16


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