Unterlassungsanspruch einer Mutter gegen Lebensgefährtin des Kindesvaters, die Kindesbilder postete
Die Veröffentlichung unzensierter Kindesbilder in sozialen Netzwerken ist aufgrund der Gefahren durch das Internet sehr umstritten, insbesondere wenn es sich um Kleinkinder handelt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte sich damit auseinanderzusetzen, ob der Kindesmutter ein Unterlassungsanspruch gegen die Lebensgefährtin des Kindesvaters zusteht, die ohne Zustimmung der Kindesmutter Bilder der minderjährigen Kinder in sozialen Netzwerken veröffentlicht hat. Mit dem Beschluss vom 20.07.2021 ist der Kindesmutter die alleinige Entscheidungsbefugnis zur Geltendmachung der Unterlassungsansprüche gemäß § 1628 BGB übertragen worden.
Hintergrund
Als die Lebensgefährtin des Kindesvaters mit dessen Zustimmung von den Kindern Fotos aufgenommen hat und diese Anfang des Jahres 2021 zu Werbezwecken für ihren Friseursalon auf ihrem Facebook-Account veröffentlichte, war die Kindesmutter, deren Einwilligung nicht eingeholt wurde, damit nicht einverstanden. Deshalb beantragte sie beim Amtsgericht Düsseldorf, ihr die alleinige Befugnis zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegen die Lebensgefährtin des Kindesvaters zu übertragen. Dieses folgte dem Antrag, wogegen sich die Beschwerde des Kindesvaters gerichtet hat. Dieser war der Auffassung, die Kindesmutter habe in der Vergangenheit selber Bilder der Kinder ohne seine Zustimmung in soziale Netzwerke veröffentlicht. In der Sache gehe es der Kindesmutter nicht um das Kindeswohl, sondern um einen „Kleinkrieg“ mit seiner Lebensgefährtin. Sie versuche, auf dem Rücken der Kinder Machtspiele auszuüben. Die Fotos zeigten eine Normalität, die Kinder beim Haareschneiden, ohne in irgendeiner Art und Weise deren Persönlichkeit zu verletzen.
Angelegenheit ist von erheblicher Bedeutung für die Kinder
Diese Bedenken des Kindesvaters hat das OLG Düsseldorf allerdings abgelehnt. Das Amtsgericht habe auf der Grundlage eines nicht zu beanstandenden Verfahrens zutreffend gemäß §§ 1628 BGB, 49 Abs. 1 FamFG die Entscheidung über die außergerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzung wegen der Verbreitung von Bildern der Kinder im Internet und in den sozialen Netzwerken der Kindesmutter übertragen. Die angefochtene einstweilige Anordnung sei zu Recht auf § 1628 BGB gestützt worden, denn die Entscheidung über das rechtliche Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung von Fotos der Kinder im Internet betreffe eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für die Kinder.
Grundsatz: Beide Eltern zur Einwilligung befugt
Grundsätzlich nennt das Gesetz das Erfordernis einer Einwilligung auch durch die Kindesmutter in die Veröffentlichung der Fotos nach § 22 KunstUrhG. Dieser knüpft die Rechtmäßigkeit der Verbreitung eines Bildes der Kinder jedenfalls an die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile. Zum anderen folgt das Einwilligungserfordernis aus Art 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DSGVO, indem die Verwendung von Fotografien den Gewährleistungen der DSGVO unterfällt. Der Rechtfertigungsgrund der Einwilligung gemäß Art 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DSGVO erfordert die Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern als Träger der elterlichen Verantwortung.
Ausnahme: Erheblichkeitsschwelle des § 1628 BGB ist erreicht
Das öffentliche Teilen der Bilder bei Facebook und bei Instagram und ihre Einstellung auf der Webseite, um deren rechtliche Abwehr es geht, hat schwer abzuändernde Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder. Dies ergibt sich aus der Tragweite der Verbreitung von Fotos in digitalen sozialen Medien unter Berücksichtigung der hiervon betroffenen Privatsphäre der Kinder und des gebotenen Schutzes ihrer Persönlichkeit. Insbesondere ist der Personenkreis, dem die Fotos auf diese Weise zugänglich gemacht werden, unbegrenzt, sodass auch ihre Weiterverbreitung kaum kontrollierbar ist. Damit ist auch eine verlässliche Löschung der Bilder nicht möglich. Aufgrund des Umstandes, dass die Kinder mit diesen Abbildungen aus ihrer Kindheitszeit potenziell für immer seitens eines unbeschränkten Personenkreises konfrontiert sein könnten, tangiert dies auch spürbar die Integrität ihrer Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre. Damit ist die Erheblichkeitsschwelle des § 1628 BGB erreicht, der in der konkreten Angelegenheit aufgrund der erheblichen Bedeutung für die Kinder die Entscheidung allein auf die Kindesmutter überträgt.
Maßstab ist das Kindeswohl
Entscheidungsmaßstab im Rahmen des § 1628 BGB ist allein das Kindeswohl. Deshalb ist die Entscheidungsbefugnis demjenigen Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Kindeswohl am besten entspricht. Unter Beachtung dessen hat im vorliegenden Fall für eine Übertragung auf die Mutter gesprochen, dass diese im Gegensatz zum Kindesvater die Gewähr für eine Verhinderung der weiteren Verbreitung der Fotos und damit – bezogen auf diese konkrete Angelegenheit – für eine dem Gesetz entsprechende Wahrnehmung der Belange der Kinder geboten hat. Nach der Auffassung des OLG entspreche dem Kindeswohl ein Umgang mit der Verbreitung von Kinderbildern in digitalen sozialen Medien, der die insoweit einschlägigen – vornehmlich den Schutz der Persönlichkeit des Kindes bezweckenden – gesetzlichen Einwilligungserfordernisse respektiert. Daran habe es der Kindesvater fehlen lassen, indem er es ausdrücklich abgelehnt hat, an der Unterbindung der ohne die erforderliche Einwilligung auch der Kindesmutter ins Werk gesetzten Verbreitung der Kinderfotos durch seine Lebensgefährtin mitzuwirken.
Effektiver Schutz gebietet auch Schutz vor Zuwiderhandlungen
Für die Entscheidung nach § 1628 BGB kommt es allein auf die konkrete Angelegenheit an, für die die Entscheidungsübertragung begehrt wird. Damit war auch der Vortrag des Kindesvaters, die Kindesmutter habe ihrerseits ohne seine Einwilligung Fotos der Kinder in sozialen Netzwerken veröffentlicht, unerheblich. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Kinder in die Bildveröffentlichung einwilligen. Eine solche Einwilligung würde nämlich nichts daran ändern, dass die erforderliche Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile in die Bildverbreitung fehlt. Zum effektiven Schutz der Kinder vor einer weiteren Verbreitung der Bilder war die Entscheidungsübertragung über das Löschen der Bilder hinaus auch noch geboten, da eine Zuwiderhandlung nicht ausgeschlossen werden konnte. Insoweit bestand auch ein dringendes Regelungsbedürfnis im Sinne des § 49 Abs. 1 FamFG.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 20.07.2021, Az. 1 UF 74/21