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Streitwert für gesperrtes Facebook-Posting bei 3.000 EUR

Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 06.07.2018, Az. 16 W 38/18


Streitwert für gesperrtes Facebook-Posting bei 3.000 EUR

Wehrt sich ein Facebook-Nutzer gegen die Löschung seines Postings und die Sperrung seines Accounts, könne der Streitwert auf 3.000 EUR beziffert werden. Damit sei grundsätzlich das Amtsgerichte und nicht das Landgerichte zuständig. Dies entschied das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. mit Beschluss vom 06.07.2018.

Wie hoch ist der Streitwert bei einem gelöschten bzw. gesperrten Hasskommentar?
Der Antragsteller postete auf Facebook einen Hasskommentar. Das Unternehmen machte diesen Kommentar für alle Nutzer unsichtbar, da er gegen dessen Standards für Hassrede verstieß. Aus diesem Grund wurde der Nutzer auch für einen Zeitraum von 30 Tagen für die Plattform gesperrt. Im Wege der einstweiligen Verfügung beantragte der Antragsteller es Facebook zu verbieten, seinen Kommentar zu löschen oder zu sperren. Die Vorinstanz, das Landgericht Frankfurt, setzte den Streitwert vorläufig auf 3.000 EUR fest und wies das Begehren zurück, da es sich sachlich für unzuständig hielt. Der Streitwert übersteige nicht die maßgeblich Höhe von 5.000 EUR; daher sei das Amtsgericht zuständig. Dagegen legte der Antragsteller Streitwertbeschwerde ein, da er einen Streitwert von 10.000 EUR für angemessen erachtete. Außerdem ging er gegen die Zurückweisung seiner einstweiligen Verfügung vor.

Die Vorinstanz hatte keinen tatsächlichen Streitwert festgesetzt
Das Oberlandesgericht entschied, das die durch den Antragsteller eingelegte Streitwertbeschwerde unzulässig sei. Denn die Vorinstanz habe keine endgültige Festsetzung des Streitwerts vorgenommen. Der entsprechende Beschluss erwähne lediglich eine vorläufige Streitwertfestsetzung, bleibe im Übrigen aber betragsmäßig vage. Es werde lediglich festgestellt, dass der Streitwert jedenfalls 5.000 EUR nicht übersteigt.

Kein vollständiger Ausschluss von der Kommunikation
Zudem erachtete das Gericht die einstweilige Verfügung des Antragstellers als rechtmäßig zurückgewiesen. Denn der Streitwert für die Sperre sei auf 2.500 EUR festzusetzen; der Streitwert für das Unterlassen der Kommentarlöschung auf 500 EUR. Somit fehle es an der sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts. Hierbei sei insbesondere ausschlaggebend, dass der geltend gemachte Anspruch des Antragstellers vertraglicher Natur sei. Zwar sei der Antragsteller für 30 Tagen an der Kommunikation mit seinen Facebook-Freunden gehindert gewesen. Außerdem habe er mit seinen Post andere Nutzer nicht erreichen können. Allerdings sei die Einschränkung der Kommunikationsfreiheit nur auf Facebook beschränkt. Dem Antragsteller habe es aber offen gestanden, auf andere Weise - über Leserbriefe, E-Mails, andere Plattformen, Telefonate etc. - zu kommunizieren. Somit sei er nur auf eine bestimmte Weise an einer Kommunikation mit anderen gehindert gewesen.

Verhalten von Facebook als Vertragspartner ist ausschlaggebend
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts sei die Löschung des Kommentars und die Sperrung auch nicht mit der Zusendung unerwünschter E-Mails vergleichbar. Dass für die Zusendung unerwünschter E-Mails von der Rechtsprechung ein Streitwert von mindestens 3.000 EUR angenommen werde, rechtfertige keinen höheren Streitwert. Denn dabei gehe es um einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht durch Dritte; vorliegend aber um das Verhalten von Facebook als Vertragspartner.

Anderslautende Gerichtsentscheidungen können nicht nachvollzogen werden
Das Gericht hielt auch Verweise auf anderslautende Streitwerthöhen in vergleichbaren gerichtlichen Fällen für erfolglos. Denn zwar haben verschiedene Gerichte den Streitwert auf 10.000 EUR und sogar höher festgesetzt. Allerdings enthielten die entsprechenden Entscheidungen keinerlei Begründung zur erhöhten Streitwertfestsetzung.

Streitwert bei Weitergabe von eigenen Äußerungen
Nach Meinung des Oberlandesgerichts komme es bei der Streitwertfestsetzung allein auf eine angemessene Einordnung im Gesamtgefüge der Bewertung nicht vermögensrechtlicher Gegenstände an. Vorliegend gehe es darum, einen kurzen Wortbeitrag nicht für Dritte unsichtbar zu machen und eine 30-tägige Sperre zu verhängen. Der Antragsteller mache damit einen (vertraglichen) Leistungsanspruch auf Weitergabe eigener Äußerungen geltend. Als Orientierung könne hierbei ein Betrag dienen, den ein Nutzer für eine solche Leistung zu zahlen bereit wäre, wenn sie nicht - wie vorliegend bei Facebook - kostenlos oder werbefinanziert angeboten werde. Einen Betrag von 2.500 EUR monatlich würde eine solche Leistung keinesfalls übersteigen.

Bei einstweiligen Verfügungsverfahren werden immer Abschläge vorgenommen
Zudem sei zu beachten, dass es sich vorliegend um ein einstweiliges Verfügungsverfahren gehandelt habe. Hierbei sei ohnehin grundsätzlich ein Abschlag von einem Drittel bis zur Hälfte gerechtfertigt.

Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 06.07.2018, Az. 16 W 38/18


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