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Google AdWords: Störerhaftung des Inserenten

OLG Schleswig, Urteil vom 22.03.2017, Az. 6 U 29/15


Google AdWords: Störerhaftung des Inserenten

Werbetreibende haften für einen Markenverstoß ihrer AdWords-Anzeige, selbst wenn der inkriminierte Textbestandteil von Google stammt. Das geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig (Urteil vom 22. März 2017, Az. 6 U 29/15) hervor. Allerdings haftet der Inserent in diesem Fall nicht als Täter, sondern als Störer und erst, wenn er nach einem Hinweis nichts unternimmt.

Der Sachverhalt
Die Beklagten betreiben eine Felgenreparaturwerkstatt. Sie schalteten auf Google AdWords Werbung. Zu diesem Zweck definierten sie verschiedene Keywords, die die Anzeige triggern sollten. Sie wählten die Option "weitgehend passend", die das Inserat auch bei einer Suche nach verwandten Begriffen anzeigt. In der Folge erschien die Annonce bei der Suche nach "Wheel Clean Tec", der Firma eines Konkurrenten. Unter der von Google gesetzten Überschrift "Anzeige zu wheel clean tec" warb das Inserat mit dem Text "Felgendoktor Glücksburg – felgenreparatur-flensburg.de". Dabei ist Glücksburg der Standort des Konkurrenten, die Werkstatt der Beklagten liegt einige Kilometer südlich.

Der Inhaber des Unternehmens "Wheel Clean Tec" erachtete die Verwendung seines Unternehmenskennzeichens als missbräuchlich und mahnte die Beklagten ab. Letztere verweigerten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Erst als der Konkurrent klagte, setzten sie "wheel clean tec" auf die Blacklist von AdWords, sodass ihre Anzeige bei der Suche nach dieser Begriffskombination nicht mehr erschien.

Das Landgericht Kiel verurteilte die Beklagten zur Unterlassung. Es warf ihnen fahrlässige Markenverletzung vor. Spätestens nach der Abmahnung habe ihnen bewusst sein müssen, dass der Suchalgorithmus von Google eine Verbindung zum Unternehmen des Klägers herstelle.

Gegen die landgerichtliche Entscheidung erhoben die Beklagten Berufung. Sie machten geltend, sie hätten die Marke des Klägers nicht als Keyword verwendet, weshalb sie nicht verletzt sein könne. Eine Verwechslungsgefahr sei nicht zu erkennen. Der durchschnittliche Internetnutzer sei in der Lage, zwischen Inseraten und Suchergebnissen zu unterscheiden. Zudem fehle der klägerischen Marke die nötige Kennzeichnungskraft.

Aus den Gründen
Das Oberlandesgericht Schleswig weist die Berufung zurück. Es attestiert der Marke "Wheel Clean Tec" ausreichende Kennzeichnungskraft. Sie sei schon deshalb nicht rein beschreibend, weil fraglich sei, ob die angesprochenen Verkehrskreise die englischen Wörter "wheel" und "clean" verstünden. Davon abgesehen habe der Kennzeichenbestandteil "tec" keine beschreibende Bedeutung. Er sei gemäß Wikipedia vielmehr eine Abkürzung für verschiedene Begriffe.

Die Herkunftsfunktion der klägerischen Marke sei verletzt, da die Überschrift "Anzeige zu wheel clean tec" eine Verbindung der Beklagten zum Unternehmen des Klägers suggeriere. Dieser Eindruck werde noch verstärkt durch die Bezeichnung "Felgendoktor Glücksburg", zumal das Unternehmen des Klägers seinen Sitz in Glücksburg habe. Außerdem bestehe Verwechslungsgefahr. Die Überschrift erwecke aus Sicht des durchschnittlichen Internetnutzers den Eindruck, das Inserat stamme vom Kläger.

Ob die Überschrift von den Beklagten oder von Google gesetzt worden sei (was unter den Parteien strittig war) spiele keine Rolle. Maßgeblich sei lediglich, dass der durchschnittlich informierte Nutzer den Eindruck erhalte, die Beklagten hätten die Geschäftsbezeichnung des Klägers kennzeichenmäßig genutzt.

Eine Täterhaftung der Beklagten schließen die Schleswiger Richter jedoch aus. Die Beklagten hätten das fragliche Kennzeichen nicht als Keyword verwendet. Dass sie bei der Definition der Keywords die Option "weitgehend passend" gewählt hätten, reiche für die Annahme einer Täterhaftung nicht. Denn sie hätten die Option nicht ausgenutzt, indem sie gezielt einen dem klägerischen Zeichen ähnlichen Begriff – beispielsweise "Wheel Clean Tek" – als Keyword festgelegt hätten. Der Senat ist daher der Meinung, die Beklagten hätten ohne Kenntnis des Suchalgorithmus nicht damit rechnen müssen, dass Google eine Verbindung zwischen ihrem Inserat und dem streitgegenständlichen Kennzeichen herstelle.

Doch die Beklagten hafteten als Störer. Nach dem Hinweis des Klägers sei es ihnen zumutbar gewesen, den gerügten Markenverstoß zu prüfen und ihn abzustellen. Sie hätten indes zugewartet und erst nach Klageerhebung die Begriffskombination "wheel clean tec" auf die Blacklist von AdWords gesetzt. Dadurch treffe sie eine Verantwortlichkeit für die Rechtsverletzung.

OLG Schleswig, Urteil vom 22.03.2017, Az. 6 U 29/15


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