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Fernabsatzrechtliche Vorschriften bei Mietpreis-Erhöhungen?

LG Berlin, Urteil vom 10.03.2017, Az. 63 S 248/16


Fernabsatzrechtliche Vorschriften bei Mietpreis-Erhöhungen?

Das Landgericht (LG) Berlin hat mit seinem Urteil vom 10.03.2017 unter dem Az. 63 S 248/16 entschieden, dass die Regelungen für Fernabsatzgeschäfte auch für Mietverträge gelten. Im vorliegenden Fall konnte jedoch nicht von einem Fernabsatzgeschäft ausgegangen werden.

Der Kläger hat die Mietwohnung seiner Eltern nach deren Tod übernommen. Die Beklagte ist nach Erwerb der Wohnung Rechtsnachfolgerin des Vermieters.

Mit Schreiben vom 17.07.15 verlangte sie vom Kläger die Zustimmung zu einer Mieterhöhung von 808 € um 121 € auf 929 € monatlich (netto kalt) zum 01.10.15.

Der Kläger stimmte zunächst zu, widerrief dann aber seine Zustimmung mit Schreiben vom 27.08.15.

Die Hausverwaltung berief sich auf die Unwirksamkeit eines solchen Widerrufs und drohte mit der Kündigung des Mietverhältnisses. Daraufhin bezahlte der Kläger den Rückstand unter Vorbehalt. Er vertritt die Auffassung, bei der Willenserklärung zur Mieterhöhung handele es sich um ein Fernabsatzgeschäft. Ein solches könne er widerrufen. Das Zustimmungsverlangen sei zudem nicht gerechtfertigt, da sich aus dem Mietspiegel 2015 für Berlin eine ortsübliche Vergleichsmiete von nur 784 € monatlich ergäbe.

Er beantragt, die Beklagte zur Rückzahlung zu verurteilen und festzustellen, dass die geschuldete Nettokaltmiete unverändert 808 € monatlich beträgt.

Die Beklagte ist der Ansicht, das Widerrufsrecht nach § 312 Absatz 4 BGB könne nicht auf das Zustimmungsverlangen zu einer Mieterhöhung angewendet werden, sondern sei nur für die Begründung des Mietverhältnisses anwendbar. Es ergebe sich aus dem § 312 Abs. 4 Satz 2 BGB, dass die Anwendbarkeit ausgeschlossen sei, wenn die Wohnung vorher besichtigt wurde. Es fehle auch am Schutzbedürfnis des Mieters.

Das Erhöhungsverlangen sei nicht im Rahmen eines für Fernabsatz organisierten Dienstleistungssystems abgegeben worden.

In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass kein Fernabsatzgeschäft im Sinne des § 312 c BGB vorliege. Voraussetzung dafür sei eine Leistungserbringung durch ein Vertriebssystem. Daran fehle es bei einem Zustimmungsverlangen zu einer Mieterhöhung. Für diese Beurteilung sprächen auch die §§ 558 ff. BGB, die eine Begründungspflicht des Vermieters und eine Zustimmungsfrist für den Mieter vorsehen, damit dieser Gelegenheit zur Überprüfung erhält.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.

Die Berufung wurde jedoch vom LG als unbegründet zurückgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf eine Rückzahlung der erhöhten Miete zu. Auch eine Feststellung der um den Erhöhungsbetrag reduzierten Nettokaltmiete stehe dem Kläger nicht zu, denn der Widerruf vom 27.08.15 sei nicht wirksam.

Allerdings stehe die mietrechtliche Anwendbarkeit der §§ 312 ff. BGB außer Frage. Aus dem § 312 Absatz 4 BGB folge, dass der Abschluss eines Mietvertrages selbst und auch nachfolgende Veränderungen sogenannte Haustürgeschäfte sein können, bei denen der Verbraucher ein Widerrufsrecht beanspruchen könne.
Die Ausnahmebestimmung aus § 312 Abs. 4 Satz 2 BGB gelte nur für die Begründung des Mietverhältnisses, wenn die Wohnung vorher besichtigt wurde. Für eine spätere Vertragsänderung gelte Satz 1. Davon seien auch unwesentliche Änderungen betroffen.

Vorliegend habe der Kläger dem Erhöhungsverlangen zugestimmt, ohne über sein Widerrufsrecht belehrt worden zu sein.

Es fehle allerdings an einem für den Fernabsatz organisierten Dienstleistungssystem. Ein solches liege nur vor, wenn der Unternehmer die betrieblichen Voraussetzungen geschaffen habe, um regelmäßige Fernabsatzgeschäfte zu bewältigen.

Es komme zwar auf die Häufigkeit eines Vertragsabschlusses im Fernabsatz durch den Vermieter nicht an, denn für die Annahme, der Unternehmer handele im Fernabsatzgeschäft, sei es unerheblich, ob er sich ausschließlich solcher Geschäfte bedient oder ob er auch andere Vertriebsformen einsetzt.
Weil aber bereits die Aufmachung des Schreibens gegen ein automatisiertes Verfahren spreche, sei die Vermutung widerlegt, das Erhöhungsverlangen sei im Rahmen eines Fernabsatzgeschäftes getätigt worden. Daher sei der Widerruf des Klägers unwirksam. Es stehen ihm daher keine Rückzahlungsansprüche gegen den Vermieter zu.

LG Berlin, Urteil vom 10.03.2017, Az. 63 S 248/16


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