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Einwilligung in Telefonanrufe bei Schaltung einer Verkaufsanzeige

Ausdrückliche Einwilligung in Telefonanrufe durch Rufnummernangabe bei Verkaufsanzeigen


Einwilligung in Telefonanrufe bei Schaltung einer Verkaufsanzeige

In einem Urteil vom 12.06.2018, Az. 8 U 153/17 statuierte das Oberlandesgericht Karlsruhe, dass ein annoncierender Verbraucher durch die Erstellung und Veröffentlichung einer Verkaufsanzeige unter Angabe seiner Rufnummer bereits zeitlich im Vorfeld ein ausdrückliches und konkretes Einverständnis in den Erhalt telefonischer Kaufangebote erklärt. Dies gelte sowohl für Angebote von Privatpersonen als auch für solche, die durch Makler für von diesen vertretenen Kaufinteressenten getätigt werden.

Verkaufsanzeige für Eigentumswohnung im Internet
Die Verfügungsklägerin, eine Rechtsanwältin, bot im Internet bei „ebay Kleinanzeigen“ seit Februar 2017 ihre Eigentumswohnung zum Verkauf „von privat“ an. Der Verkaufspreis sollte auf Verhandlungsbasis von 189.000 € erfolgen. In der Anzeige hatte die Verfügungsklägerin ihre Rufnummer zur Kontaktaufnahme angegeben. Im Rahmen ihrer Verkaufsbemühungen wurde die Verfügungsklägerin von einer Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten, einer Immobilienmaklerin, angerufen. Diese erkundigte sich, ob die zuletzt genannte, die angebotene Wohnung ihren Kunden unverbindlich und kostenlos anbieten dürfe. Selbstverständlich könne die Verfügungsklägerin die Wohnung aber auch weiterhin privat anbieten.

Verfügungsklägerin behauptete wettbewerbswidrige Handlung
In diesem Verhalten sah die Verfügungsklägerin eine Wettbewerbsverletzung. Sie hielt den Anruf der Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten, der Zeugin K, für eine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Dadurch sei ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Aus diesem Grund beantragte sie vor dem Landgericht Mannheim eine einstweilige Verfügung.

Landgericht erlies einstweilige Verfügung
Das Landgericht Mannheim gab der Verfügungsklägerin Recht und erlies am 18.07.2017 durch einen Beschluss die beantragte einstweilige Verfügung. Am 21.11.2017 wurde diese erneut bestätigt, Az. 1 O 243/17. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich demnach aus §§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, 823 Abs. 1, 1004 BGB. Das Gericht vertrat die Ansicht, dass die Angabe der Telefonnummer der Verfügungsklägerin in ihrem Inserat nur eine ausdrückliche Einwilligung zur telefonischen Kontaktaufnahme durch Kaufinteressenten darstellte. Von einem Einverständnis zu Werbeanrufen von Vermittlern sei hingegen nicht auszugehen. Den Einwand der Verfügungsbeklagten, dass ihre Mitarbeiterin die Verfügungsklägerin innerhalb des besagten Telefonats auch nach einem Besichtigungstermin gefragt hatte, da sie selbst Interesse am Erwerb der Wohnung habe, hielt das Gericht für nicht erwiesen. Es sei daher nur auf ein Interesse an einer Vermittlungstätigkeit abzustellen. Der Begriff der „Werbung“ stehe den Vermittlungsabsichten der Verfügungsbeklagten dabei nicht entgegen.

Verfügungsbeklagte wehrte sich gegen Wettbewerbsverletzung
Gegen die Entscheidung des Landgerichts wehrte sich die Verfügungsbeklagte mit dem Rechtsmittel der Berufung. Sie rügte dabei eine unvollständige Tatsachenerfassung sowie eine fehlerhafte Beweiswürdigung des vorinstanzlichen Gerichts. Dieses habe die Tatsache, dass die Verfügungsklägerin nicht nur durch die Verfügungsbeklagte telefonisch kontaktiert wurde, sondern ebenso von mehr als 80 Maklern im Vorfeld, nicht hinreichend berücksichtigt. Das Gleiche gelte für die daraus resultierenden mehr als zwei vorangegangenen Verfügungsverfahren infolge solcher Anrufe. Indem die Verfügungsklägerin trotz dieser Vorfälle in ihrer Internetpräsenz nicht angegeben habe, dass eine Maklertätigkeit ihrerseits unerwünscht ist, verhalte sie sich rechtsmissbräuchlich. Aus dem erneuten Angebot seit dem 02.05.2018 ohne einen entsprechenden Vermerk lasse sich schließen, dass eine Kontaktaufnahme durch Makler gerade eben nicht ausgeschlossen sein soll.

Berufungsgericht teilte Auffassung der Vorinstanz nicht
Mit ihrer eingelegten Berufung war die Verfügungsbeklagten auch erfolgreich. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hob die einstweilige Verfügung auf und wies den Antrag der Verfügungsklägerin zurück. Dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB in Verbindung mit § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG könne nicht stattgegeben werden. Der in Rede stehende Telefonanruf ziehe gerade keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Verfügungsklägerin nach sich.

Anruf war Telefonwerbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG
Zunächst stellte das Oberlandesgericht fest, dass es sich bei dem Anruf der Verfügungsbeklagten um eine Telefonwerbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG handelte. Zwar sei der Begriff der Werbung weder im Gesetz noch in der Richtlinie 2002/58/EG definiert. Allerdings ist unter Werbung in Übereinstimmung mit Art. 2 lit. a) der Richtlinie 2006/114/EG jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs zu fassen, welche das Ziel verfolgt, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (BGH, Urteil vom 14.01.2016 – I ZR 65/14). Darunter falle nicht nur die unmittelbar produktbezogene Werbung, sondern auch die mittelbare Absatzförderung. Ebenso seien neben Angebotshandlungen auch Nachfragehandlungen als Werbung anzusehen. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Anruf zwar nicht auf einen Vertragsschluss mit der Verfügungsklägerin gerichtet war, jedoch mittelbar die Förderung des Absatzes der Dienstleistungen der Verfügungsbeklagten zum Ziel hatte. Der Charakter einer Werbung sei mithin erfüllt.

Telefonwerbung war aber nicht unerbeten
Fraglich war jedoch, ob diese Telefonwerbung auch unerwünscht war. Nach Auffassung des Berufungsgerichts sei dies aber im Geschehen nicht der Fall gewesen. Vielmehr habe die Verfügungsklägerin zuvor ausdrücklich in die besagte Maßnahme eingewilligt.

Ausdrückliche Einwilligung in den Erhalt telefonischer Kaufangebote
Unter einer Einwilligung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG verstehe man das Einverständnis mit einem tatsächlichen Eingriff in ein Rechtsgut, nämlich die Privatsphäre bzw. die betriebliche Sphäre. Diese müsse nach dem Wortlaut des Gesetzes grundsätzlich vor dem Anruf vorliegen und dürfe nur ausdrücklich erfolgen, eine konkludente Einwilligung reiche nicht aus.
Durch die Erstellung und Veröffentlichung der Annonce unter Angabe ihrer Rufnummer zeitlich vor dem Telefonanruf der Verfügungsbeklagten habe die Verfügungsklägerin ausdrücklich und konkret ihr Einverständnis damit erklärt, telefonische Kaufangebote zu erhalten. Dazu seien auch solche zählen, die von Maklern für von diesen vertretenen Kaufinteressenten herangetragen werden. Zudem liege in der Angabe auch eine ausdrückliche Einwilligung in telefonische An- und Nachfragen hinsichtlich die Immobilie betreffende Informationen. Dabei spiele es keine Rolle, dass es sich bei der Verfügungsklägerin um eine Verbraucherin handelt. Das Gericht stellte fest, dass eine Person, die ihre Wohnung unter Angabe ihrer Telefonnummer zum Verkauf anbietet, generell in Betracht ziehen müsse und auch regelmäßig damit rechne, dass sie nicht nur von privaten Kaufinteressenten, sondern auch von Maklern und gewerblichen Käufern kontaktiert wird. Es liege nämlich gerade im Interesse der anbietenden Person, Kaufangebote und darauf bezogenen Anfragen von Maklern zu erhalten, schließlich werde dadurch auch der Kreis potentieller Käufer erweitert.

Kein Hinweis auf unerwünschte Makleranfragen
Es habe sich für die Verfügungsbeklagte im Streitfall kein Grund zu der Annahme ergeben, dass die Verfügungsklägerin allein an Kaufangeboten und darauf bezogene Anfragen von Privatpersonen interessiert war. In dem Inserat habe sich nämlich gerade kein Hinweis darauf gefunden, dass Makleranfragen nicht erwünscht sind. Ein solcher Vermerk wäre aber ohne weiteres möglich gewesen und entspreche auch einer verbreiteten Übung, wenn sich der annoncierende Verbraucher gegen eine Kontaktaufnahme durch Makler sträubt.

Keine Vergleichbarkeit mit Angebot einer Vermittlungstätigkeit
Der gegenständliche Sachverhalt sei auch nicht mit dem Umstand vergleichbar, das einem Immobilieninserenten von einem Makler eine (entgeltliche) Vermittlungstätigkeit angeboten wird (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 26.08.1994, Az. 2 U 67/94). Ein solches Angebot wäre von der vorliegenden Einwilligung nicht erfasst gewesen, da sich diese nur auf Kaufangebote und darauf bezogene Anfragen erstreckt habe. Um die Wohnung ihren Suchkunden anzubieten, habe die Verfügungsbeklagte jedoch nur die Einwilligung der Gegenseite benötigt, nicht aber deren Auftrag.

Weitere Behauptungen der Verfügungsbeklagten waren unerheblich
Mangels unerbetener Werbung bedürfe daher das Vorbringen des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Verfügungsbeklagten keiner Entscheidung. Ebenso sei aus diesem Grund die Frage, ob ein eigenes Kaufinteresse der Verfügungsbeklagten vorgelegen habe, unerheblich.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 12.06.2018, Az. 8 U 153/17

von Sabrina Schmidbaur


Ihr Ansprechpartner

Kommentare (1)

  • Claus F. Dieterle

    11 Januar 2020 um 02:20 |
    Sehr geehrter Herr Bräuer,
    haben Sie in einem Artikel auch zu der Rechtsprechung Stellung genommen, wenn in dem Inserat steht
    "Bitte keine Anfragen von Maklern, egal mit welcher Begründung. Andernfalls veranlasse ich eine kostenpflichtige Abmahnung."
    und sich trotzdem Makler telefonisch oder schriftlich bei dem Inserenten melden?
    Danke und beste Grüße!
    Claus F. Dieterle

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