Beweis des Zugangs der Kündigung
Mit Urteil vom 19. Februar 2015 hat das Landesarbeitsgericht Mainz über den Streit einer außerordentlichen Kündigung entschieden. Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
In der Berufungsinstanz haben die Parteien über eine außerordentliche Kündigung und deren Wirksamkeit verhandelt. Diese wurde dem Kläger gegenüber am 30. Januar 2014 von der Beklagten erklärt. Der Kläger war seit dem 5. Januar 2009 bei der Beklagten als Programmierer beschäftigt. Sein Bruttomonatsgehalt lag bei rund 4.700,00 €. Insgesamt beschäftigt die Beklagte etwa 35 Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird den Mitarbeitern auch ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt, der auch privat genutzt werden durfte. Dafür berechnete sie einen geldwerten Vorteil in Höhe von 364,90 € pro Monat. Am 19. Dezember 2013 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. März 2014. Die Kündigung wurde am 19. Dezember 2013 sogleich in den Briefkasten eingeworfen. Der Kläger hat daraufhin am 9. Januar 2014 Kündigungsschutzklage per Telefax erhoben. Daraufhin kündigte die Beklagte den Arbeitsvertrag am 30. Januar 2014 fristlos. Der Kläger erweiterte nunmehr seine Klage am 13. März 2014. Mit Schreiben vom 22. Mai 2014 wurde das Arbeitsverhältnis abermals fristlos durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten gekündigt. Der Kläger wehrte sich erneut durch eine Erweiterung seiner ursprünglichen Anträge gegen diese Erklärung. Seinen Feststellungsantrag verfasste der Kläger derart, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch einen irgendwie geltend gemachten Beendigungstatbestand beendet worden ist, sondern vielmehr unverändert fortbesteht. Im Hinblick auf das Kündigungsschreiben vom 30. Januar 2014 war zwischen den Parteien insbesondere streitig, wann das Schreiben an den Kläger zugestellt worden ist.
Insoweit behauptete der Kläger, dass er von einem solchen Schriftsatz erst am 27. Februar 2014 Kenntnis erlangt habe. Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, dass dem Kläger das Kündigungsschreiben am 30. Januar 2014 um etwa 12:45 Uhr in seinen Briefkasten durch eine Mitarbeiterin eingeworfen worden sei.
Das Landesarbeitsgericht Mainz hat der Klage im Ergebnis nicht stattgegeben. Die Berufungsinstanz hat insoweit entschieden, dass dem Kläger die außerordentliche Kündigung vom 30. Januar 2014 wirksam zugegangen ist. Damit sei das vertragliche Arbeitsverhältnis der beiden Parteien rechtswirksam aufgelöst worden. Die Beendigung erfolgte dementsprechend auch mit sofortiger Wirkung. Im Ergebnis hatte es der Kläger versäumt, die Kündigungsschutzklage innerhalb der gesetzlich geregelten Dreiwochenfrist im Sinne der § 4 Satz 1, §§ 7, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG zu erheben. Das Landesarbeitsgericht bestätigt damit die Entscheidung der Vorinstanz. Nach Einschätzung der entscheidenden Richter ist dem Kläger die außerordentliche Kündigung tatsächlich am 30. Januar 2014 zugestellt worden. Nach § 7 KSchG gilt eine Kündigung immer dann als rechtswirksam, wenn die dreiwöchige Klagefrist verstrichen ist. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt dies auch für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung. Das Landesarbeitsgericht hegte bei seiner Entscheidung keinerlei Zweifel daran, dass dem Kläger das Kündigungsschreiben am 30. Januar 2014 von der Mitarbeiterin in seinen Briefkasten eingeworfen worden ist.
Die Berufungsinstanz sah sich dementsprechend auch nicht dazu verpflichtet, die von der Vorinstanz durchgeführte Beweisaufnahme anzuzweifeln. In diesem Zusammenhang seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, die Zweifel an der Vollständigkeit sowie Richtigkeit der Feststellung, die das Arbeitsgericht für seine Entscheidung getroffen hat, rechtfertigen würden. Die Beweiswürdigung entspreche auch den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nach § 286 Abs. 1 ZPO. Nach Auffassung des Gerichts lag auch kein Grund im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG vor. Die Vorschrift regelt, dass eine Kündigungsschutzklage auch im Nachhinein zuzulassen ist, wenn der Betroffene schlichtweg nicht in der Lage gewesen ist, die Kündigungsschutzklage rechtzeitig zu erheben. Vorliegend konnte das Landesarbeitsgericht Mainz keinerlei Gründe feststellen, die Zweifel an dem Verschulden des Klägers begründen würden. Jedenfalls könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass ihm das Kündigungsschreiben vom 30. Januar 2014 aus nicht erklärbaren Gründen nicht zugegangen sei. Da ihm das Schreiben in seinen Hausbriefkasten eingeworfen wurde, müsse er dafür Sorge tragen, dass er von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis erlangen kann. Der Vortrag des Klägers reiche insofern nicht aus, da er nicht darlegt, ob und welche andere Personen Zugriff zu dem Briefkasten hatten.
LAG Mainz, Urteil vom 19.02.2015, Az. 5 Sa 475/14