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Sonntagsarbeit ist nur begrenzt erlaubt

BVerwG, Urteil vom 26.11.2014, Az. 6 CN 1.13


Sonntagsarbeit ist nur begrenzt erlaubt

Bundesverwaltungsgericht in Leipzig setzte am 26.11.2014 der Sonntagsarbeit deutliche Grenzen. Gegen bestimmte Sonntagsarbeits-Regelungen der 2011 in Kraft getretenen Hessischen Bedarfsgewerbeverordnung hatten eine Gewerkschaft und zwei Gemeindeverbände der evangelischen Kirche mit – teilweisem - Erfolg geklagt. Experten vermuten, dass dieses relativ großes öffentliches Interesse auslösende Urteil bundesweite Folgen haben dürfte, da auch in vielen anderen Bundesländern Sonntagsarbeits-Verordnungen bestünden, die der umstrittenen hessischen Regelung entsprechen würden.

In Deutschland ist Sonntags- und Feiertagsarbeit nach dem Arbeitszeitgesetz grundsätzlich nicht erlaubt. Lediglich für die Bereiche Öffentliche Sicherheit, medizinische Versorgung, Verkehr, Notdienste und ähnliches sieht das Gesetz zur Vermeidung erheblicher Schäden für das Gemeinwesen Ausnahmen vor. Darüber hinaus können Bundesländer für weitere Bereiche Sonntags- und Feiertagsarbeit erlauben, wenn dadurch besonderen Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung getragen wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn durch die Sonntagsarbeit tägliche Bedürfnisse (z. B. frische Brötchen und sonstige Backwaren) oder gerade nur an Sonn- und Feiertagen bestehende Bedürfnisse (z. B. Sportveranstaltungen, Weihnachtsmärkte) abgedeckt werden. Beim Erlass entsprechender Ausnahmeregelungen muss die Wertigkeit dieser Bedürfnisse gegen den Schutz der Arbeitnehmer sowie gegen die Bedeutung der Sonn- und Feiertagsruhe abgewogen werden.

Die in der Hessischen Bedarfsgewerbeverordnung festgelegten Ausnahmen vom Sonntags-Arbeitsverbot für Beschäftigte in Call-Centern, Videotheken, Lotto- und Toto-Gesellschaften sowie öffentlichen Bibliotheken gingen den Klägern zu weit. Ebenso Ausnahmen, die die Herstellung von Sekt, Non-Alk-Getränken und Eis sowie die Ausübung des Buchmachergewerbes bei sonntäglichen Sportveranstaltungen betrafen. Lag den Vertretern der Gewerkschaft Verdi vor allem der Schutz der Arbeitnehmer vor der Aushöhlung des Grundsatzes der regelmäßigen Erholung an freien Tagen am Herzen, stand für die Vertreter der evangelischen Kirche der Aspekt der seelischen Erbauung im Zusammenhang mit der Hervorhebung von Sonn- und Feiertagen mit christlicher Tradition im Vordergrund.

Über die in dieser Angelegenheit zulässigen Normenkontrollanträge entschied der Verwaltungsgerichtshof Kassel am 12.09.2013 zugunsten der Kläger (Az. 8 C 1776/12.N). Das in zweiter Instanz angerufene Bundesverwaltungsgericht schloss sich dem Kasseler Urteilsspruch in wesentlichen Teilen an. Es erklärte die Ausnahmen der Hessischen Bedarfsgewerbeverordnung hinsichtlich der Call-Center, Videotheken, Lotto- und Toto-Gesellschaften sowie öffentlichen Bibliotheken für nichtig. Das Gericht konnte kein Erfordernis erkennen, das die in diesen Bereichen erbrachten Dienstleistungen ein an Sonn- und Feiertagen besonders hervortretendes Bedürfnis befriedigen müssten.

Bei der Beurteilung der Situation im Getränke- und Eis-Bereich traf das Gericht keine endgültige Entscheidung. Die Bundesrichter hielten es für möglich, dass in diesem Bereich ein besonderes Bedürfnis bestehen könnte und zwar für den Fall, dass die werktäglichen Kapazitäten der Produktionsbetriebe nicht ausreichen würden, einen möglichen erhöhten Bedarf an Sonn- und Feiertagen zu decken. Da aber zu diesem Punkt im bisherigen Verfahren keine hinreichenden Tatsachenerhebungen gemacht worden sind, verwies das Bundesverwaltungsgericht diesen strittigen Punkt an den Verwaltungsgerichtshof Kassel zur Klärung zurück.

Was den in der zu entscheidenden Sache die wenigsten Arbeitnehmer betreffenden Aspekt der Ausübung des Buchmachergewerbes an Sonn- und Feiertagen angeht, erklärten die Leipziger Richter die einschlägige Ausnahmeregelung für rechtens. Die Buchmacheraktivitäten seien nämlich, so die Richter, mit Veranstaltungen, insbesondere Pferderennen, gekoppelt, die an diesen Tagen erlaubt seien, weil sie ein spezielles Freizeit-Bedürfnis der Bevölkerung abdecken würden. Wesentlicher Teil dieser Freizeitgestaltung sei die Möglichkeit, Wetten bei Buchmachern abgeben zu können.

BVerwG, Urteil vom 26.11.2014, Az. 6 CN 1.13


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Kommentare (1)

  • Schweigert

    01 Januar 2015 um 17:01 |
    Stellt sich die Frage, ob damit alle vergleichbaren Verordnungen in anderen Bundesländern, mit rechtswirksamkeit dieses Urteils, sofort unwirksam sind.

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