Zulässige Abbildung von "Thumbnails" in Personensuchmaschine
Personensuchmaschinen wie Yasni erstellen aus personenbezogenen Informationen eigentliche Dossiers, die unter anderem Berufsbezeichnungen, Mailadressen und Porträtfotos im Thumbnail-Format enthalten. Gerade Letzteres ist problematisch. Nach § 22 des Kunsturheberrechtsgesetzes (KUG) dürfen Personenbildnisse nämlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden. Eine ausdrückliche Einwilligung liegt aber regelmäßig nicht vor. Ist das Geschäftsmodell der Personensuchmaschinen daher illegal?
Nein, findet das Landgericht Köln (Urteil vom 22.06.2011, Az. 28 O 819/10). Indem der Benutzer ein Bild von sich ins Internet stellt, ohne Suchmaschinen den Zugriff zu verweigern, erklärt er sich mit der Nutzung durch Personensuchmaschinen einverstanden. Mehr noch: Selbst einen expliziten Widerspruch muss der Suchmaschinenbetreiber nicht beachten, wenn der Nutzer keine technischen Schutzmaßnahmen ergreift.
Der Fall
Nach erfolgloser Abmahnung wollte der Kläger der Betreiberin einer Personensuchmaschine gerichtlich verbieten lassen, das Vorschaubild seines Fotos in den Suchergebnissen anzuzeigen. Das Foto stammte von Gravatar, einem Dienst, der es Nutzern verschiedener Blogs und Internetforen erlaubt, ihren Avatar (das Profilbild) zentral zu verwalten. Bei Gravatar lässt sich die Freigabe des Profilbilds für Suchmaschinen zwar abschalten. Der Kläger verzichtete allerdings darauf, da sich bei Aktivierung dieser Option der Avatar nicht mehr in Foren und Blogs einbinden lässt. Das wurde ihm vor dem Landgericht Köln zum Verhängnis.
Aus den Entscheidungsgründen
Der Kläger hat zwar weder das Nutzungsrecht an seinem Bild der Personensuchmaschine übertragen noch ihr vertraglich die Erlaubnis zur Nutzung eingeräumt. Dennoch hat er nach Ansicht des Landgerichts Köln in die Nutzung seines Bildes durch die Personensuchmaschine eingewilligt. Er habe das Bild ins Internet gestellt, ohne es gegen die Auffindbarkeit durch Suchmaschinen zu schützen. Dieses Verhalten habe die Beklagte so verstehen dürfen, dass er der Verwendung des Bildes durch sie zustimme. Denn wer Bilder ungeschützt ins Internet stelle, müsse mit den üblichen Nutzungshandlungen rechnen, wozu die Anzeige durch Suchmaschinen gehöre. Die Kölner Richter stützen ihre Argumentation auf die Konstruktion der schlichten Einwilligung durch schlüssiges Verhalten, die der Bundesgerichtshof mit seiner Vorschaubilder-Entscheidung (Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 69/08) eingeführt hat.
Anders als in der Vorschaubilder-Entscheidung zur Google-Bildersuche, die das Urheberrecht betraf, gehe es hier zwar um das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, insbesondere das informationelle Selbstbestimmungsrecht. Der Kläger habe sein Selbstbestimmungsrecht aber ausgeübt, indem er entschieden habe, sein Bild gegenüber Suchmaschinen freizugeben. Darüber hinaus sei in beiden Fällen ausschlaggebend, wie der objektive Gehalt der durch das Verhalten des Rechteinhabers geäußerten Willenserklärung durch Dritte zu verstehen sei.
Irrelevant sei, dass der Kläger die Suchmaschinen-Freigabe des Bildes nur zugelassen habe, um die Kernfunktion von Gravatar nicht zu beeinträchtigen. Dass der Kläger das Bild ausschließlich für Blogs und Foren verwenden wollte, in denen er aktiv war, habe ebenfalls keine Auswirkung. Es handle sich um innere Vorbehalte, die dem Erklärungsempfänger verborgen blieben.
Für das Landgericht ändert selbst die klägerische Abmahnung der Beklagten nichts. Es sieht darin ein widersprüchliches Verhalten, das unbeachtlich bleibt. Denn der Kläger habe das Foto weiterhin für Suchmaschinen verfügbar gehalten. Damit sei der objektive Gehalt seiner Willenserklärung derselbe geblieben und dieser widerspreche dem erklärten Widerruf.
Fragwürdige Entscheidung
Noch in ihrem Urteil vom 17. Juni 2009 (Az. 28 O 662/08) ging die 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln weniger weit. Sie war der Meinung, das Einstellen eines Bildes ohne Schutzmaßnahmen stelle für sich alleine keine stillschweigende Einwilligung in die Nutzung durch eine Personensuchmaschine dar. Bezüglich eines Profilbildes, das aus einem für Suchmaschinen freigegebenen Facebook-Account stammte, bejahte die Kammer die konkludente Einwilligung freilich.
Mittlerweile hat sie ihre Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Fotos in Personensuchmaschinen der Vorschaubilder-Entscheidung des Bundesgerichtshofs angepasst. Zuvor fällte schon das Landgericht Hamburg ähnliche Entscheidungen (Urteile vom 16.06.2010, Az. 325 O 448/09, und vom 12.04.2011, Az. 310 O 201/10).
Diese Entscheidungen schenken der unterschiedlichen Funktionsweise der Google-Bildersuche und einer Personensuchmaschine zu wenig Beachtung. Eine Personensuchmaschine kombiniert verschiedene Informationen zu einem eigentlichen Persönlichkeitsprofil. Die Bilder werden dadurch aus dem ursprünglichen Zusammenhang, in dem sie der Rechteinhaber veröffentlicht hat, herausgerissen und in einen neuen Kontext gestellt. So kann es geschehen, dass das Porträtbild zusammen mit einem Link auf eine kritische Nachricht zum Abgebildeten präsentiert wird. An diesem Beispiel zeigt sich, wie problematisch es ist, die Einwilligung aus Sicht des Urheberrechts und des Persönlichkeitsschutzes gleichzubehandeln.
Fragwürdig ist sodann, dass die Widerrufserklärung nur wirksam sein soll, wenn der Rechteinhaber zuvor technische Schutzmaßnahmen ergriffen hat. Im vorliegenden Fall bewirkt dies, dass der Kläger auf die Nutzung von Gravatar verzichten muss, wenn er sein Bild nicht für die Verwendung durch Personensuchmaschinen freigeben will.
LG Köln, Urteil vom 22.06.2011, Az. 28 O 819/10