Streitwert bei Filesharing eines aktuellen Musikalbums
Beim unerlaubten Herunterladen von Musiktiteln muss der Streitwert anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls bestimmt werden. Insbesondere muss berücksichtigt werden, ob es sich um einen erstmaligen Verstoß handelt. Der Umfang der Rechtsverletzung ist ebenfalls in die Berechnung des Streitwertes einzubeziehen. Bei einem aktuellen Musikalbum mit 12 Titeln ist aufgrund der hohen Gefahr erheblicher Download-Zahlen ein Streitwert von 2.000 € angemessen. Höhere Streitwerte würden dazu führen, dass der Rechtsverletzer unangemessen benachteiligt wird. Bei der Anwaltsvergütung kann, sofern eine Vielzahl an ähnlich gelagerten Fällen geltend gemacht wird und lediglich ein Schreiben mit Textbausteinen versandt wird, lediglich eine 0,8 Geschäftsgebühr abgerechnet werden. Es handelt sich nicht um schwierige rechtliche Ausführungen.
Sachverhalt
Die Klägerin macht einen abgetretenen Anspruch auf Zahlung des Anwaltshonorars geltend. Der Beklagte wurde wegen des unerlaubten Herunterladens des Albums „Westernhagen-Williamsburg“ abgemahnt. In der Abmahnung sind die Rechtsanwaltsgebühren anhand eines Gegenstandswertes von 30.000 € berechnet worden. Dies hätte Rechtsanwaltskosten von über 1.000 € zur Folge. Als Pauschale wurde dem Beklagten die Zahlung von 680 € angeboten. Der Beklagte beauftragte selbst einen Rechtsanwalt. Schließlich einigten sich die Parteien auf eine Zahlung von 400 € Schadenersatz.
Die Klägerin rechnete die Leistungen in Höhe von insgesamt 2.257,55 € ab. Diese Forderung wurde vom Zedenten an die Klägerin abgetreten. Der Beklagte meint, dass er die zugesandten Formulare zwar unterschrieben habe, aber zunächst noch Rücksprache halten wollte. Weiterhin habe der Rechtsanwalt erklärt, dass es sich um eine Standardangelegenheit handele. Zur Abwehr derartiger Forderungen seien lediglich ein bis zwei Schreiben notwendig. Dies würde allenfalls Kosten von 100 € auslösen.
Entscheidung
Die Klage wurde vom Amtsgericht Elmshorn weitgehend abgewiesen. Das Gericht erkannte lediglich einen Zahlungsanspruch in Höhe von 150,42 €. Durch Rückübersendung der unterzeichneten Auftragsformulare ist zwischen dem Beklagten und dem Anwalt ein Dienstleistungsvertrag abgeschlossen worden. Ist eine Vergütung nicht bestimmt, sieht § 612 Abs.2 BGB vor, dass die übliche Vergütung geschuldet wird. Der Auftrag ist unmissverständlich gefasst und vom Beklagten wirksam unterschrieben worden. Insofern besteht in Bezug auf eine zu zahlende Vergütung kein Zweifel.
Streitig ist demnach allein die Höhe der Vergütung. Hiernach bestimmt sich der Gegenstandswert lediglich auf 2.000 €. Bei einer Gebührenhöhe von 0,8 leitet sich daraus lediglich ein Anspruch in Höhe von 150,42 € ab. Eine höhere Vergütung ist nicht geschuldet. In Anbetracht des Herunterladens von 12 Musiktiteln eines vergleichsweise aktuellen Albums ist ein Streitwert von 2.000 € ausreichend. Ein Streitwert von über 30.000 €, wie von der Klägerin angenommen, entbehrt jeglicher Grundlage. Der Streitwert richtet sich allein nach dem wirtschaftlichen Interesse und dient in keiner Weise als zusätzliche Sanktion für den Anspruchsgegner.
Die von der Klägerin berechnete 1,9 Gebühr ist überhöht. Der Anwalt hat Abmahnungen und deren Abwehr in zahlreichen Fällen betrieben. Es handelt sich für ihn daher um routinemäßige Tätigkeiten. Diese erfordern weder eine tiefere Prüfung des Sachverhaltes noch schwierige rechtliche Erwägungen. Das Schreiben ist ein Standardschreiben und enthält keinerlei Bezugspunkte zum vorliegenden Sachverhalt. Die bloße Länge des Schreibens ist nicht ausreichend, da es hauptsächlich aus Textbausteinen besteht. Insoweit handelt es sich um eine einfache Tätigkeit, für welche lediglich eine 0,8 Gebühr anfällt.
Fazit
Das Gericht hat der Praxis vieler Anwälte, wonach auf überhöhte Streitwerte auch noch überhöhte Gebühren geltend gemacht werden, eine klare Absage erteilt. Für die Fertigung von Standardschreiben ohne konkrete rechtliche Auseinandersetzung ist eine Gebühr von 0,8 angemessen. Alles andere würde zu einer zusätzlichen Sanktionierung des Rechtsverletzers führen, der neben der Unterlassung und dem Schadenersatz auch noch überhöhe Anwaltsgebühren ausgleichen müsste.
AG Elmshorn, Urteil vom 19. Januar 2011, Az. 49 C 57/10