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Kein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen angekündigte Kritik

Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 07.06.2021, Az. 4 W 235/21


Kein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen angekündigte Kritik

Das OLG Dresden hat über die sofortige Beschwerde einer Dienstleisterin im Bereich des Online-Marketings entschieden und mit Beschuss vom 07.06.2021 klargestellt, dass diese gegen einen Kunden, der eine negative Kritik ankündigt, keinen vorbeugenden Unterlassungsanspruch geltend machen kann. Die Anforderungen an einen solchen Anspruch sind hoch. Da es sich bei der Geltendmachung um den härtesten Eingriff in die Äußerungsfreiheit handelt, gebührt demjenigen ein stärkerer Schutz, der eine Verletzungshandlung seitens des Äußernden befürchtet.

Hintergrund
Die Antragstellerin erbringt Dienstleistungen auf dem Gebiet des Online-Marketings. Der Antragsgegner ist ehemaliger Kunde der Antragstellerin und brachte in einer an den Geschäftsführer der Antragstellerin gerichteten WhatsApp-Nachricht seinen Unmut über die aus seiner Sicht vorliegende Schlechtleistung der Antragstellerin zum Ausdruck. Er warnte weiter sinngemäß, er werde eine Online-Kampagne starten, in der er die Geschäftspraktiken der Antragstellerin anprangern wird, wenn sie sich im Hinblick auf eine Vertragsanpassung nicht kompromissbereit zeigt. Die Antragstellerin leitet hieraus ihre Befürchtung ab, der Antragsgegner werde demnächst rufschädigende falsche Tatsachenbehauptungen über sie aufstellen. Es liege die Gefahr der Erstbegehung einer sogenannten aggressiven geschäftlichen Handlung gemäß § 4 a Abs. 1 UWG vor. Darüber hinaus ist sie der Auffassung gewesen, dass ihr ein Unterlassungsanspruch auf der Grundlage der §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog zustehe.

Anforderungen an vorbeugenden Unterlassungsanspruch sind hoch
Das OLG stellte klar, dass grundsätzlich ein vorbeugender Unterlassungsanspruch nach dem UWG und nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Betracht komme, diese greifen allerdings nur unter sehr engen Voraussetzungen. Bei der Geltendmachung dieses sogenannten Anspruchs handele es sich um den härtesten Eingriff in die Äußerungsfreiheit bei gleichzeitig stärkstem Schutz desjenigen, der eine Verletzungshandlung seitens des Äußernden befürchte. Deshalb stelle die Rechtsprechung berechtigterweise erhöhte Anforderungen an die Darlegung der Erstbegehungsgefahr und fordere für deren Bejahung konkrete Tatsachen, welche die Verbreitung und Absicht eines rechtswidrigen Eingriffs mit Sicherheit erkennen lassen.

Es müssen konkrete Anhaltspunkte für eine Erstbegehungsgefahr vorliegen
Die Richter führten weiter aus, dass bei einer vorbeugenden Unterlassungsklage jedenfalls die bevorstehende Rechtsverletzung konkret festgestellt werden müsse. Dies müsse durch den Antragsteller dargelegt und im Einzelfall bewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden. Deshalb können Anhaltspunkte für eine Erstbegehungsgefahr nur dann vorliegen, wenn der Betroffene bereits den konkreten Inhalt der beabsichtigten Mitteilung kenne und dem Gericht entsprechende Unterlagen vorlegen und glaubhaft machen könne, so der Senat. Darüber hinaus müsse die rechtswidrige Störung als unmittelbar bevorstehend anzusehen sein.

Voraussetzungen waren vorliegend nicht erfüllt
Diese qualifizierten Voraussetzungen waren vorliegend nicht erfüllt worden. Die Androhung des Antragsgegners, demnächst eine rufschädigende Kampagne zu Lasten der Antragstellerin zu starten, genüge nicht für die Annahme eines rechtswidrigen Eingriffs. Der Antragsgegner habe sinngemäß ausgeführt, er werde ausschließlich belegbares Fehlverhalten der Antragstellerin veröffentlichen. Soweit es sich hierbei um nachprüfbare Fakten handele, stehe hier also allein die Gefahr wahrer Tatsachenbehauptungen im Raum, auf deren Unterlassung grundsätzlich kein Anspruch bestehe, so das OLG.

Auch scharfe Kritik muss als Meinungsäußerung hingenommen werden
Die Richter stellten ebenfalls klar, dass die Äußerungen des Antragsgegners selbst dann allgemeine Meinungsäußerungen und keine Tatsachenaussagen seien, sofern sie der Antragstellerin ein betrügerisches Geschäftsgebaren vorwerfen sollten. Auch eine scharfe Kritik müsste die Antragstellerin als Meinungsäußerung hinnehmen. Denn als juristische Person des Privatrechts könne sie bereits begrifflich nicht in ihrer Intimsphäre verletzt sein, sondern allenfalls im Rahmen ihres Geltungsanspruchs als Unternehmen in ihrer Sozialsphäre. Demzufolge haben juristische Personen des Privatrechts auch unsachliche Kritik grundsätzlich hinzunehmen.


Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 07.06.2021, Az. 4 W 235/21


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