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Kein Anspruch gegen Wikipedia wegen Nennung persönlicher Daten

Störerhaftung der Wikimedia Foundation für Wikipedia-Einträge?


Kein Anspruch gegen Wikipedia wegen Nennung persönlicher Daten

Das LG Tübingen hat mit Urteil vom Sommer 2012 entschieden, dass durch die Veröffentlichung eines geschriebenen Beitrages, der auf der Internetplattform Wikipedia veröffentlicht wird, nicht in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird, wenn über den beruflichen Werdegang eines Menschen berichtet wird. Es ist insofern auch nicht notwendig, dass der Betroffene dem Beitrag zugestimmt hat. Grundsätzlich gilt, dass ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht zu bejahen ist, wenn der Einzelne in seinem Recht verletzt wird, eigenständig darüber zu befinden, welche Informationen letztendlich der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. 

Allerdings muss auch in diesem Fall eine Interessenabwägung vorgenommen werden, so dass letztendlich das Interesse des Betroffenen überwiegen muss. Daraus ergibt sich, dass durch den veröffentlichten Beitrag erheblich in die soziale Sphäre des Betroffenen eingegriffen werden muss. Anknüpfungspunkt dafür ist einer soziale Isolierung sowie eine Ausgrenzung von der Umwelt. Wenn der Beitrag jedoch lediglich Lebensstationen sowie Lebensvorgänge des Betroffenen widerspiegelt, gilt die Veröffentlichung als Publizierung wahrer Tatsachen. Damit ist sie nicht rechtswidrig.

In dem konkreten Rechtsstreit hatten die Parteien über einen Beitrag auf der digitalen Lexikonseite "Wikipedia" gestritten. Kläger ist ein Professor der Tübinger Universität, bei der Beklagten handelt es sich um die Betreiberin der Enzyklopädie. Auf der Internetseite befindet sich ein veröffentlichter Beitrag über den Kläger. Inhalt dieser Veröffentlichung ist sowohl das Leben des Klägers selbst als auch dessen beruflicher Lebenslauf. Der Verfasser hat völlig bei der Darstellung des Lebenslaufes vor allem auf eine Mitgliedschaft des Klägers in der katholischen Studentenverbindung bezogen.

Der Veröffentlichung des Beitrages auf der Internetplattform hat der Kläger nicht zugestimmt. Insbesondere hat er die Beklagte mit seinem Schreiben vom Oktober 2010 dazu aufgefordert, den streitgegenständlichen Text von der Internetseite zu entfernen. Dem Schreiben war sodann eine strafbewehrte Unterlassungserklärung beigelegt worden. Die Beklagte reagierte auf das Schreiben des Klägers nicht. Nach Ansicht des Klägers war daher Klage geboten. Er ist insbesondere der Meinung, dass er durch den Beitrag in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt werde. Daher stehe ihm ein Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten zu.

Das LG Tübingen folgt der Rechtsansicht des Klägers in seinem Urteil nicht. Im Ergebnis halten Richter die zulässige Klage für unbegründet, da sie letztendlich nicht schlüssig vorgetragen wurde. Durch den Vortrag, den der Kläger als Begründung für den Rechtsstreit vorgetragen hat, sind die gesetzlichen Voraussetzungen, die einen Unterlassungsanspruch rechtfertigen würden, nicht erfüllt. Aus diesem Grund erkannten die Richter dem Kläger den Anspruch gemäß §§ 823 I, 1004 I 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 1,2 I GG nicht an. 

Zwar ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs.1, Art. 1 Abs.1 GG ein sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs.1 BGB, so dass der Anwendungsbereich der Vorschrift grundsätzlich eröffnet gewesen ist. Denn dem Einzelnen soll durch die gesetzliche Vorschrift ein autonomer Privatbereich des Lebens zugestanden werden, damit jeder seine individuelle Entwicklung wahren kann. Dadurch, dass der Artikel über den Kläger in der Enzyklopädie veröffentlicht wurde, liegt auch ein Eingriff in das Grundrecht vor. Nach Ansicht des LG Tübingen handelt es sich in dem konkreten Rechtsstreit jedoch nicht um einen widerrechtlichen Eingriff. Durch den veröffentlichten Artikel wird der Kläger nach Ansicht der Richter weder sozial ausgegrenzt noch isoliert. Zwar werden persönliche Lebensstationen wiedergegeben, dabei handelt es sich allerdings um Beschreibungen, die dem Nutzer nur dann angezeigt werden, wenn dieser sich aktiv über die Person des Klägers informieren möchte. Dahingehend beschränkt sich die Information auf einen Personenkreis, der sich mit dem Leben des Klägers auseinandersetzen möchte. Somit waren keine Gründe ersichtlich, dass der Kläger durch die Verbreitung wahrer Tatsachen sozial ausgegrenzt werden sollte. 

LG Tübingen, Urteil vom 18.07.2012, Az. 7 O 252/10


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