Haftung von Zeitungsverlagen für Google Snippets
Ein Zeitungsverlag oder Webseitenbetreiber haftet nicht, wenn verschiedene online veröffentlichte Publikationen durch die Suchmaschine Google als “Snippets” (kurze Textfragmente) in einen scheinbaren Kontext gebracht werden, den es objektiv nicht gibt. Google fasst durch sehr kurze Snippets oft die Headlines mehrerer Publikationen einer Gesamtausgabe in den Suchergebnissen zusammen. Betroffen sind gerade Zeitungsverlage mit ihrer umfangreichen Artikelsammlung. Im vorliegenden Fall war eine Person - der Kläger - scheinbar in Zusammenhang mit “Sex & Crime” Berichten zu bringen. Das Gericht stellte fest, dass der Verlag nicht zur Prüfung verpflichtet ist und ihn auch keine Störerhaftung trifft.
Zum Tatbestand
Der Kläger war Rechtspfleger an einem Amtsgericht, die Beklagte gibt die Neue Westfälische Zeitung mit einer umfangreichen Online-Ausgabe heraus. Der Kläger stellte fest, dass sein Name im Zuge der Berichterstattung über die Rechtspflege per Google-Snippet in einen Zusammenhang mit Berichten über kriminelle Delikte und sexuelle Belästigung zu bringen war. Er verlangt von der Zeitung per Unterlassungsklage, die inhaltliche Gestaltung ihrer Online-Ausgabe entsprechend zu ändern. Zudem verlangt er ein Schmerzensgeld von mindestens 2.000 Euro. Im vorliegenden Fall war der Kläger als Rechtspfleger an Zwangsversteigerungen beteiligt, über welche die Neue Westfälische Zeitung online berichtet und dabei seinen Namen erwähnt hatte. In derselben Ausgabe berichtet sie in anderen Artikeln über eine sexuelle Belästigung und über einen Autodiebstahl. Google fasste in den Snippets unter der Headline “Neue Westfälische Zeitung vom 06.04.2011” die Ereignisse in etwa wie folgt zusammen:
• „… Autodieb ertappt ... Rechtspfleger A. B. bei Zwangsversteigerung XY ... sexuelle Belästigung (ein außergewöhnlicher Fall) …”
Google fasst auf diese Weise in den Snippets sehr knapp mehrere Themen der Online-Zeitungsausgabe zusammen. Wer nun in der Suchmaschine nach dem Namen des Klägers A. B. suchte, fand in diesem Kontext auch die Begriffe des Autodiebstahls und der sexuellen Belästigung und hätte diese Begriffe - jedenfalls nach Auffassung des Klägers - mit dessen Namen assoziieren können. Dem Kläger, der sich im Frühjahr 2011 (Erscheinungstermin) kurz vor dem Ruhestand befunden hatte, war dieser scheinbare Kontext aufgefallen, als er bei seiner von seinem Amtsgericht veranstalteten Verabschiedungsfeier im Beisein von Kollegen nach seinem Namen gegoogelt und dabei auf diese Textzusammenstellung gestoßen war. Er behauptete, unbefangene Leser würden ihn mit den anderen Ereignissen in Zusammenhang bringen. Die Hypothese des Klägers lief darauf hinaus, dass der Zeitungsverlag die Artikel untereinander verlinkt, was unterbleiben solle. Tatsache ist jedoch, dass Google die Snippets selbst auf die beschriebene Weise generiert und die Publizisten darauf keinen Einfluss haben. Der Kläger beantragte vor dem Herforder Gericht, gegen die Beklagte ein Ordnungsgeld bis 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verhängen, falls sein Name im Zusammenhang mit Straftaten in den Online-Publikationen der Neuen Westfälischen auftauche. Zudem forderte der Kläger ein Schmerzensgeld ab 2.000 Euro, die endgültige Höhe solle aber das Gericht festsetzen. Drittens sollte die Beklagte die Verfahrenskosten tragen. Die Beklagte beantragte Klageabweisung.
Urteil des Amtsgerichts Herford und Begründung
Das Amtsgericht Herford ließ die Klage zu, wies sie aber zurück und folgte den Argumenten der Beklagten. Diese legte schlüssig dar, dass ihr eine Überwachung der Snippet-Generierung durch Google nicht möglich sei und sie darauf auch keinen Einfluss nehmen könne. Das ist ein Teil der Gründe, aus denen die Klage abgewiesen wurde. Jedoch stellte das Gericht auch fest, dass der verständige und unvoreingenommene Internetnutzer von sich aus keinesfalls den inhaltlichen Zusammenhang zwischen den Textfragmenten herstellt, den der Kläger vermutet. Zwar konnte das Gericht durchaus nachvollziehen, dass dieser eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte befürchtete, die der § 823 BGB schützt. Der verständige Durchschnittsrezipient und Google-Nutzer erkenne vielmehr recht genau, dass es einen Zusammenhang zwischen den Snippets nicht geben könne, allein weil diese durch “ … “ voneinander getrennt werden und sich ihre Bedeutung - komprimierte Zusammenfassung einer Online-Zeitungsausgabe - durchaus erschließe. Aus den beiden genannten Gründen folgt die Abweisung der Klage.
Amtsgericht Herford, Urteil vom 01.12.2014, Az. 12 C 862/14