Erfolgreiche Klage gegen Facebook
Das Landgericht Berlin hat einen Vorstoß gegen das soziale Netzwerk Facebook unternommen und die AGB und die Funktion Feundefinder als rechtswidrig erklärt. Mit seinem Urteil hat das Gericht die Rechte und Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern gestärkt.
Mit seinen AGBs und der Suchfunktion Feundefinder verstößt Facebook gegen Wettbewerbs- und Verbraucherschutzrechte. Der Freundefinder geht dem Gericht zu weit, denn Facebook ist berechtigt, die Kontaktdaten aus dem E-Mail-Account des jeweiligen Nutzers zu importieren, um herauszufinden, wer bereits Mitglied in dem sozialen Netzwerk ist und wer nicht. Alle Kontakte, die noch nicht Mitglied bei Facebook sind, erhalten eine Einladung im Namen des Nutzers, dem sozialen Netzwerk beizutreten. Tatsächlich versendet jedoch nicht der Nutzer diese Einladungen an seine Freunde, sondern Facebook.
Es handelt sich um eine unerwünschte Werbebelästigung, da die Einladungen ohne Einwilligung der Adressaten versendet werden. Die unlautere geschäftliche Handlung (§ 7 UWG) zielt darauf ab, die Adressaten als Nutzer zu gewinnen. Die Nutzer werden bei der Einrichtung ihres Facebook-Profils nicht ausreichend über diesen Kontakt-Import unterrichtet. Facebook hat seine AGBs in dieser Hinsicht zwar modifiziert, diese geringen Änderungen sehen die Richter jedoch als nicht ausreichend an. Gleichfalls in der Kritik stehen die umfangreichen Nutzungsrechte an den Facebook-Inhalten. Die Möglichkeit zur Ablehnung besteht nicht, da sich die Nutzer mit Einrichtung ihres Profils mit den AGBs einverstanden erklären müssen, die genau diese uneingeschränkten Nutzungsrechte für Facebook vorsehen. Stimmen die Nutzer nicht zu, ist das Anlegen eines Profils nicht möglich. Mit dieser Zustimmung räumt sich Facebook das Recht ein, Daten, Fotos und Inhalte der Nutzer uneingeschränkt für Werbezwecke zu nutzen. Facebook verstößt gegen die Bestimmungen von §§ 3, 4 UWG i.V.m. § 4 BDSG. Eine freie Entscheidung der Nutzer hinsichtlich der Erteilung der Verwertungsrechte liegt nicht vor, da ein regelrechter Zwang zur Einwilligung vor Eröffnung eines Accounts besteht.
Ferner liegt eine Marktverhaltensregel vor, die die Interessen von Mitbewerbern spürbar beeinträchtigt, da die Verwertung der personenbezogenen Daten kommerziell vorgenommen wird. Die sogenannte IP-Lizenz ist nicht mit den Bestimmungen von § 307 BGB vereinbar, da sie gegen den Zweckübertragungsgedanken (§ 31 UrhG) verstößt. Dieser sieht eine weitgehende Beteiligung des Urhebers bei der wirtschaftlichen Verwertung seines Werkes bei möglichst geringer Übertragung von Ausschließlichkeitsrechten vor.
Die Verbraucherzentrale des Bundesverbandes hatte Klage gegen Facebook auf der Grundlage der zuvor zitierten umstrittenen Bestimmungen eingereicht und war auf ganzer Linie erfolgreich. Das LG Berlin verhängte ein Ordnungsgeld in Höhe von 100.000 Euro gegen die Betreiber des sozialen Netzwerks, da diese die streitgegenständliche IP-Lizenz trotz rechtskräftiger Verurteilung durch das Kammergericht Berlin nicht geändert hatten. Der Vorstandssprecher des Bundesverbandes, Klaus Müller, sieht diese Entscheidung mit Wohlwollen und wertet sie als Meilenstein, denn sie betrifft nicht nur Facebook, sondern auch andere soziale Netzwerke mit ähnlich strittigen Bestimmungen. Die Verhängung des Ordnungsgeldes ist ein eindeutiges Signal an Unternehmen aller Art, Gerichtsentscheidungen umzusetzen und nicht einfach auszusitzen.
Fazit
Die Entscheidung verpflichtet Facebook, gegenüber den Nutzern die notwendige Transparenz zu schaffen. Die Plattform muss entsprechend dem deutschen Datenschutzgesetz seine Nutzer darüber informieren, für welche Zwecke personenbezogene Daten verwendet werden. Die Zustimmung zu dieser Datennutzung muss über das sogenannte Opt-in-Verfahren von den Nutzern eingeholt werden. Die Datenschutzrichtlinien von Facebook genügen den hohen Transparenzanforderungen des deutschen Rechts nicht, denn sie enthalten zahlreiche und nichtssagende Verklausulierungen, die weit weg sind von jeder Transparenz.
Die durch die Nutzer zwangsweise eingeräumten Nutzungsrechte bestehen selbst dann weiter, wenn die Nutzer ihren Account bei Facebook gelöscht haben, soweit sie ihre Inhalte mit Freunden geteilt haben, was meistens der Fall ist. Diese AGB-Bestimmungen werden den Nutzern sozusagen nach dem Motto „friss oder stirb“ aufgezwungen, ohne dass sie in irgendeiner Weise darüber verhandeln können. Auch der Hinweis von Facebook, dass die Nutzer nach der Einräumung der streitgegenständlichen Nutzungsrechte weiterhin Urheber ihrer Inhalte bleiben, greift nicht, da dieser Hinweis unnütz ist. Entsprechend dem deutschen Urheberschutzgesetz besteht die Urheberstellung an geistigem Eigentum automatisch und kann nicht verloren gehen. Sie ist daher auch nicht übertragbar.
LG Berlin, Urteil vom 06.03.2102, Az. 16 O 551/10