Disclaimer schützt nicht vor Veröffentlichung von E-Mail
Das Oberlandesgericht (OLG) in Saarbrücken hat mit seinem Urteil vom 13.06.2012 unter dem Aktenzeichen 5 U 5/12-2 entschieden, dass ein als Vertraulichkeitsvermerk aufgemachter Disclaimer den Absender nicht vor der Veröffentlichung der E-Mail durch den Adressaten schützt. Dies gelte auch für Briefe und Sendungen, die per Telefax übermittelt worden sind.
Denn, so das Gericht, ein Verbot der Veröffentlichung würde die Grenze des Zulässigen überschreiten und müsse daher als unverhältnismäßig beurteilt werden. Ein Unterlassungsanspruch ist in dem verhandelten Fall nach Abwägung der Interessen verneint worden.
Der Disclaimer lautete wörtlich: "Diese E-Mail enthält vertrauliche und rechtlich geschützte Informationen. Wenn Sie nicht der richtige Adressat sind und diese E-Mail irrtümlich erhalten haben, informieren Sie bitte sofort den Absender und vernichten Sie diese E-Mail. Das Kopieren von Inhalten dieser E-Mail und die Weitergabe ohne Genehmigung ist nicht erlaubt und stellt eine Urheberrechtsverletzung dar."
Inhaltlich könne dies gegenüber dem Empfänger keine rechtlich bindende Wirkung entfalten.
Mit diesem Urteil gab das OLG Saarbrücken der Berufung der Verfügungsbeklagten in einem Verfahren zum Erlass der einstweiligen Verfügung statt und hob die erlassene Verfügung auf.
Der Verfügungskläger hatte die Unterlassung des Veröffentlichens von Schriftverkehr mit der Beklagten begehrt. Er betrieb eine Auskunftei, die es Vermietern ermöglicht, Bonitätsinformationen über Mieter zu erlangen.
Die Verfügungsbeklagte betreibt eine Plattform, auf der sich Verbraucher automatisch Auskünfte über bei Auskunfteien und ähnlichen Firmen gespeicherten Daten holen können. Auf ihrer Internetseite veröffentlicht sie auch die Telefaxnummer des Klägers. Nachdem die Beklagte dem Kläger eine große Menge Faxe mit der Bitte um Selbstauskünfte geschickt hatte, teilte dieser ihr mit, die Veröffentlichung seiner Kontaktdaten sei nicht rechtmäßig und das Geschäftsmodell der Beklagten nicht zulässig.
Den Inhalt dieses Schreibens veröffentlichte die Beklagte trotz des besagten Disclaimers.
Mit einem Schreiben seines Anwalts ließ der Kläger die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern, welche abzugeben diese sich weigerte. Auch die Einträge löschte die Beklagte nicht. Daraufhin reichte der Kläger beim Landgericht (LG) Saarbrücken einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein, die der Beklagten das geschilderte Tun untersagen sollte. Denn, so der Kläger, die Veröffentlichung seiner Schreiben stelle einen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht als Unternehmer dar. Die Schreiben seien geheim, da sie geschäftlich seien. Durch den Disclaimer sei deutlich, dass eine Veröffentlichung nicht gewünscht war.
Die Beklagte hingegen berief sich auf das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Schreiben des Klägers. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse daran zu erfahren, dass der Kläger zwar mit dem Sammeln von Daten beschäftigt sei, jedoch keine Selbstauskünfte zu geben bereit sei.
Per Beschluss vom 09.09.11 erließ das LG Saarbrücken die gewünschte Verfügung, die mit Urteil vom 16.12.11 durch das LG bestätigt wurde.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie trägt ergängzend vor, der Kläger habe sein Geschäft in der Zwischenzeit aufgegeben und somit entfalle die Berechtigung zum Erlass der Verfügung.
Die Berufung vor dem OLG hat Erfolg. Zur Begründung führt das OLG aus, ein entsprechendes Verbot könne lediglich auf die §§ 1004, 823 i.V.m. Artikel 1 GG gestützt werden, überschreite jedoch die Zulässigkeitsgrenze und sei nicht verhältnismäßig.
Es sei zwar möglich, dass die Veröffentlichung von Schriftverkehr eine unerlaubte Handlung darstellen könnte, wenn das Persönlichkeitsrecht des Verfassers im Sinne der Selbstbestimmung tangiert ist. Denn es stehe ihm allein die Entscheidungsbefugnis zu, wie er sich in der Öffentlichkeit darstellen will. Hierbei komme es auch nicht auf einen Disclaimer an.
Doch dem Anspruch des Klägers stehen Interessen gegenüber, die das Gericht als schwerwiegender beurteilt.
Dies seien, so das Gericht, die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Meinungsäußerung und Berufsausübung, die lediglich darin ihre Grenze finden, dass eine Prangerwirkung oder soziale Ausgrenzung zu besorgen sei. Jenseits dieser Grenze bestehe kein Anspruch des Klägers, nur in einer ihm genehmen Weise dargestellt zu werden.
Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken, Urteil vom 13.06.2012, Aktenzeichen 5 U 5/12-2