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Zusatz "Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig"

LG Hamburg, 324 O 140/10


Zusatz "Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig"

Das Landgericht (LG) in Hamburg hat mit seinem Beschluss vom 28. Dezember 2010 unter dem Az. 324 O 140/10 über die Kosten eines erledigten Rechtsstreits entschieden.
Die Parteien hatten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Gemäß § 91a ZPO war noch ermessensgerecht über die Kosten zu entscheiden. Dies führte zu einer Aufhebung der Kosten gegeneinander und zu einer Festsetzung des Streitwerts auf 10000 Euro.
Es ging in der Sache um einen Unterlassungsanspruch, der dem Kläger zustand.
Der Rechtsstreit erledigte sich durch die Klageerwiderung. Denn die Gegenseite erklärte, sie erkenne an, dass die nicht einen Bericht über ein Urteil veröffentlichen dürfe, ohne den Satz "Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig" hinzuzufügen. Durch die Erklärung sei die Wiederholungsgefahr entfallen, so das Gericht.

Die Beklagte betreibt die Webseite ..., auf der sie einen Bericht mit der Schlagzeile "Der Fall ... 80 Millionen eingefroren" veröffentlicht hat. Dort heißt es zum Schluss, dass das LG Heidelberg einen Börsenbriefherausgeber zu einem Schadensersatz verurteilt hat, es dabei um einen fünfstelligen Betrag gehe und die Klage durch einen Abonnenten wegen erlittenen Kursverlustes eingereicht wurde.

Dadurch sei der Eindruck entstanden, das Urteil des LG Heidelberg sei rechtskräftig. Der Kläger trug vor, dass der Eindruck falsch sei.
Auf eine Abmahnung äußerte die Beklagte die Auffassung, der Eindruck entstehe nicht, daher gebe es auch keinen Unterlassungsanspruch. Daraufhin wurde Klage eingereicht.
Der klageerwidernde Schriftsatz der Beklagten machte jedoch deutlich, dass der Bericht nicht mehr ohne den Hinweis veröffentlicht werden würde, dass das Urteil noch nicht rechtkräftig sei. Dies genüge den Anforderungen an eine Klarstellung.
Bei der beanstandeten Äußerung handele es sich um eine solche, die offen mehrdeutig sei.
Es genüge dann eine Klarstellung zum Wegfall des Unterlassungsanspruchs.

Das Bundesverfassungsgericht habe in einer Entscheidung (1 BvR 967/05 vom 19. Dezember 2007) ausgeführt, dass ein verfassungsrechtlich erheblicher Einschüchterungseffekt durch Unterlassungsansprüche nicht gegeben sei, wenn der Äußernde die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechtes des Gegenübers ohne übermäßige Einschränkung durch sein eigenes Tun abwehren könne. Bei einer mehrdeutigen Äußerung könne dies durch Klarstellung des Inhaltes geschehen.
Das Selbstbestimmungsrecht eines Äußernden über die Bedeutung seiner Aussage werde durch die Obliegenheit zur Klarstellung nicht angetastet. Auch seien keine einschüchternden oder einschnürenden Wirkungen für die Ausübung des Grundrechts zu erwarten. Solche Wirkungen auf die Ausübung der Kommunikationsfreiheit seien nur dann zu erwarten, wenn hohe Kosten auf denjenigen zukämen, der eine mehrdeutige Äußerung trifft, auch wenn er eine Klarstellung abgegeben habe. Die Kostenhöhe könne unzumutbar sein, wenn hierdurch Einschüchterungseffekte bezüglich der Freiheit der Äußerung gegeben seien bzw. zu befürchten sind.

Von der Klarstellungsmöglichkeit habe die Beklagte Gebrauch gemacht und dadurch die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers abgewendet. Die Erweckung des falschen Eindrucks, das Urteil sei rechtskräftig, habe sie nicht beabsichtigt.
Nach all dem sei es angebracht gewesen, den Rechtsstreit schon vor dem Termin für erledigt zu erklären, denn dann hätten weitere Kosten vermieden werden können. Somit sei es dem billigen Ermessen entsprechend, die Kosten gegeneinander aufzuheben. Zudem bestand Streit, ob der Prozess vor dem LG Heidelberg abgeschlossen gewesen sei, so dass eine Beweisaufnahme hätte erfolgen müssen. Auch daher war eine Kostenaufhebung angebracht.

LG Hamburg, Beschluss vom 28. Dezember 2010, Az. 324 O 140/10


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