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Zur Beweislast des Unterlassungsklägers für die „Irreführung“ einer Werbung

BGH, Beschluss v. 14.03.2019, Az.: I ZR 167/18


Zur Beweislast des Unterlassungsklägers für die „Irreführung“ einer Werbung

Der Bundesgerichtshof nahm in seinem Beschluss vom 14.03.2019, Az. I ZR 167/18 Stellung zum Thema der Beweislast im Rahmen von Wettbewerbsansprüchen wegen irreführender Werbung. Das Kammergericht als Berufungsgericht habe den Anspruch des beklagten Rechtsanwalts auf rechtliches Gehör verletzt, weil der Kläger keinen Beweis für eine behauptete Tatsache lieferte, zu der der Beklagte entgegenstehende Umstände vortrug. Wenn der Beklagte einen Sachverhalt vorträgt, der dem des Klägers entgegensteht, so trägt der Kläger die Beweislast für seinen Vortrag einer irreführenden Werbung. Soweit das Berufungsgericht die Wahrheit der Aussagen des Beklagten als „ausgeschlossen“ betrachtete, wertete der Bundesgerichtshof diese Erwägung als unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung.

Rechtsanwalt warb damit, als „Anwaltsforum“ bundesweit tätig zu sein
Zwei Rechtsanwälte stritten über eine Online-Werbung. Auf der Internetseite www.anwaltsforum-patientenanwälte.de trat der beklagte Rechtsanwalt als „Anbieter nach § 5 TMG/MDStV“ auf. In Verlinkung auf diese Website schaltete er Google-Adwords-Anzeigen mit folgender Überschrift: „Fachanwälte Medizinrecht – anwaltsforum-patientenanwälte.de“. Diese Werbung hielt der klagende Rechtsanwalt für irreführend und mahnte den Beklagten erfolglos vorgerichtlich ab. Mit Klage vor dem Landgericht Berlin verfolgte der Kläger sodann seine umfassenden Interessen weiter. Er forderte vom Beklagten Unterlassung diverser Behauptungen im Internet und auf Kanzleibriefbögen. Er rügte unter anderem, dass der Beklagte damit warb, seine Kanzlei führe Kanzleistandorte an vielerlei Adressen. Er verlangte vom Beklagten zudem, es zu unterlassen, im Wettbewerb als „Anwaltsforum Patientenanwälte“ aufzutreten und damit zu werben, als Zusammenschluss von Rechtsanwälten bundesweit (…) tätig zu sein.

Berufung: Auftritt als „Anwaltsforum-Patientenrechte“ verboten
Das Landgericht Berlin gab den Anträgen des Klägers in fast allen Punkten statt. Lediglich hinsichtlich weitergehender Abmahnkosten wurde die Klage abgewiesen. Der Beklagte wendete sich gegen das Urteil mit der Berufung. Das Kammergericht fasste das Urteil des Landgerichts daraufhin in einigen Punkten neu. So wurde dem Beklagten verboten, im Wettbewerb im Gebiet der Dienstleistungen des Medizinrechts auf Patientenseite als „Anwaltsforum Patientenanwälte im Geburtsschadenrecht“ oder nur „Anwaltsforum-Patientenrechte“ aufzutreten. Außerdem verbot das Kammergericht dem Beklagten, bestimmte Behauptungen zu verbreiten. Inhalt dieser Behauptungen war vorwiegend, dass das „Anwaltsforum Patientenanwälte“ über qualifizierte Anwälte sowie fachmedizinische Sachverständige verfügt und bundesweit Anfragen an diese Personen vermittelt. Das Kammergericht sprach dem Kläger zudem einen Anspruch auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht zu. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Berufungsgericht ging von Irreführung aus
Zur Begründung seines Beschlusses führte das Kammergericht an, dass die Angaben zum „Anwaltsforum Patientenanwälte“ irreführend seien. Denn die von einem Geburtsschadenfall betroffenen Personen würden den Angaben entnehmen, dass es sich um einen aktiven, der Ebene von Sozietäten oder Partnerschaften übergeordneten Zusammenschluss von Rechtsanwälten handle, deren Gemeinsamkeiten in der Vertretung von Patienten im Geburtsschadensrecht bestehe und die Patienteninteressen in besonderer Weise zur Durchsetzung verhelfen wollten. Zum Zeitpunkt der Werbung am 17.02.2017 sei der Zusammenschluss über ein Vorbereitungsstadium nicht hinausgekommen. Das „Anwaltsforum Patientenanwälte“ habe damals nur aus dem Beklagten und seinen freien Mitarbeitern bestanden.

Revision: Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt!
Gegen diesen Beschluss wendete sich der Beklagte mit der Revision und erhob Nichtzulassungsbeschwerde, die teilweise Erfolg hatte. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass die Beurteilung des Kammergerichts den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör verletze. Denn der Beklagte habe zum Bestehen der Arbeitsgemeinschaft „Anwaltsforum Patientenanwälte“ vorgetragen, dass er nicht als Arbeitsgemeinschaft auftrete, sondern auf eine existierende Arbeitsgemeinschaft lediglich hinweise und sich für diese als Ansprechpartner offenbare. Als Beweis bot er das Zeugnis der Gründer der Arbeitsgemeinschaft – drei Rechtsanwälte – an. Das Kammergericht habe einfach angenommen, dass der Beklagte sich ausschließlich auf die in seiner eigenen Kanzlei tätigen Mitarbeiter gestützt habe, weshalb eine übergeordnete Arbeitsgemeinschaft nicht bestehe. Hier sei jedoch übersehen worden, dass nur zwei der Gründer-Rechtsanwälte Mitarbeiter des Beklagten waren.

Kläger muss die Irreführung einer Werbung beweisen
Der BGH stellte klar, dass der Beklagte für das Bestehen der Arbeitsgemeinschaft gar keinen Beweis erbringen müsse. Die Darlegungs- und Beweislast für die Irreführung treffe den Anspruchssteller. Daher sei der Kläger auch für das Bestehen der Arbeitsgemeinschaft beweisbelastet. Nachdem der Beklagte angebliche Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft benannt hat, wäre es die Pflicht des Klägers gewesen, zu beweisen, dass die Arbeitsgemeinschaft nicht bestanden habe, eben weil einer der benannten Gründer-Rechtsanwälte kein Mitglied dieser Arbeitsgemeinschaft gewesen sei. Der Bundesgerichtshof entschied, dass diese Gehörsverletzung entscheidungserheblich sei. Denn das Kammergericht hätte bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens möglicherweise anders entschieden. Jedenfalls könne dies nicht ausgeschlossen werden.

Hinzu kam eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung
Als Erwiderung auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wurde vorgetragen, dass es auszuschließen sei, dass der dritte Gründer-Rechtsanwalt ein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft sei. Denn dieser habe eine eigene Werbekampagne und trete als Konkurrent des Beklagten auf. Der Bundesgerichtshof sah in dieser Erwägung eine vorweggenommene Beweiswürdigung. Dasselbe gelte auch für den Vortrag des Klägers, der Internetseite des Beklagten sei ein späteres Gründungsdatum zu entnehmen. Das Kammergericht müsse diese Würdigung vornehmen, nachdem es den Sachverhalt vollständig erfasst habe.
Die weitergehende Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision wies der Bundesgerichtshof ab, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung habe und weder die Fortbildung des Rechts, noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordere.

BGH, Beschluss v. 14.03.2019, Az.: I ZR 167/18

von Jacqueline Dischler, LL.M.


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