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Zum Widerruf eines am Messestand geschlossenen Vertrages

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.04.2019, Az. VIII ZR 82/17


Zum Widerruf eines am Messestand geschlossenen Vertrages

Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 10.04.2019, dass Verbraucher grundsätzlich auch einen an einem Messestand geschlossenen Vertrag widerrufen können. Dies sei jedoch nur möglich, wenn das Erscheinungsbild des Verkaufsstandes nicht darauf schließen lasse, mit einem Vertragsabschluss zu rechnen.

Wann kann ein am Messestand geschlossener Vertrag widerrufen werden?
Beklagter war ein Küchenmöbelverkäufer, der seine Produkte auf einer Messe anbot. Kläger war ein Verbraucher, der während dieser Messe einen schriftlichen Kaufvertrag über eine Einbauküche abschloss. Eine Widerrufsbelehrung enthielt der Kaufvertrag nicht. Noch am selben Tag widerrief der Kläger seine Willenserklärung. Der Beklagte erkannte den Widerruf nicht an. Der Kläger begehrte gerichtliche Feststellung, dass er seine auf Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen habe. In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg, weshalb der Kläger in Revision ging. Die Entscheidung wurde zunächst ausgesetzt, da in einem anderen Verfahren dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorlegte wurde, ob es sich bei einem nur wenige Tage im Jahr zum Verkauf genutzten Messestand um einen beweglichen Gewerberaum handele.

Messestand als beweglicher Geschäftsraum
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass der Kaufvertrag nicht widerrufen werden könne. Dem Kläger stehe kein Widerrufsrecht zu, da er keinen außerhalb eines Geschäftsraumes geschlossenen Vertrag widerrufe. Denn ein Markt- und Messestand sei als (beweglicher) Geschäftsraum anzusehen, wenn er sich nach seinem Erscheinungsbild als Ort darstelle, an dem der Beklagte seine (auch saisonale) Tätigkeiten für gewöhnlich ausübe. Dies habe der EuGH in dem anderen Verfahren entschieden.

Verkaufscharakter der Messe war offenkundig
Unter Zugrundelegung der Grundsätze vom EuGH entschied der BGH, dass das Angebot zum Abschluss des Kaufvertrages nicht überraschend gewesen sei und keinerlei Überrumplungseffekt enthalten habe. Die Messe sei als klassische Verkaufsmesse einzustufen. Das interessierte Publikum habe unterschiedliche Branchen und deren Kaufangeboten kennenlernen können. Somit sei der Verkaufscharakter mit einem breit gefächerten, teils hochwertigen Produktsortiment offensichtlich gewesen.

Überraschungseffekt bei Verschleierung als Informationsstand möglich
Zwar seien auf der Messe auch Aussteller vertreten gewesen, die ihren Stand ausschließlich zu Informationszwecken betrieben, so das Gericht weiter. Daraus ergebe sich jedoch noch kein Überraschungseffekt. Anders könne es sich aber darstellen, wenn der Messestand nach außen das Erscheinungsbild eines reinen Informations- oder Werbestands vermittele, tatsächlich aber auf Verkaufsabschlüsse ziele. Dies habe der Kläger jedoch nicht vorgetragen.

Fehlende Küchenmaße spielen für Widerruf keine Rolle
Der Einwand, der Kläger habe aufgrund der fehlenden Küchenmaße nicht damit rechnen müssen, am Messestand sogleich mit einem Kaufangebot konfrontiert zu werden, greife nach Ansicht des BGH nicht. Denn maßgeblich sei, ob dem Kläger die Verkaufstätigkeit am Messestand erkennbar war. In dem Fall habe er davon ausgehen können, dass der Beklagte ihn zu kommerziellen Zwecken und zum Verkaufsabschluss ansprechen werde.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.04.2019, Az. VIII ZR 82/17


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