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Zum fliegenden Gerichtsstand

Landgericht Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2021, Az. 38 O 3/21


Zum fliegenden Gerichtsstand

Das Landgericht Düsseldorf beschloss am 15.01.2021, dass der fliegende Gerichtsstand bei Streitigkeiten im elektronischen Rechtsverkehr auch nach der Reform des Wettbewerbsrechts Geltung habe.

Wer ist örtlich zuständig?
Die Parteien waren Wettbewerber und stritten um Aussagen zu einem Homeserver in einem Fernsehwerbespot. Dieser war u.a. auch über YouTube zu sehen. Der Antragsgegner stellte darin Behauptungen zur DSL-Geschwindigkeit, zur Wi-Fi-6-Technologie, zur 40 % schnellere Datenübertragung mit bis zu 2,4 Gbit/s etc. auf. Der Antragsteller mahnte den Antragsgegner daraufhin wegen irreführender Werbung ab. Später beantragte er den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Antragsgegner war der Ansicht, das angerufene Gericht sei gar nicht zuständig.

Begehungsort ist Handlungs- und Erfolgsort
Das Landgericht Düsseldorf bejahte seine Zuständigkeit. Unter Begehungsort nach § 32 ZPO und § 14 Abs. 2 S. 1 UWG sei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort gemeint. Der Erfolgsort wiederum sei bei unlauteren Wettbewerbshandlungen überall dort, wo sich die Handlung bestimmungsgemäß auswirke. Dies sei u.a. jeder im Bezirk des Landgerichts Düsseldorf gelegene Ort. Der Antragsgegner spreche mit seinem Angebot (auch) die dort ansässige (potentielle) Marktgegenseite an, welche auch dort wahrgenommen werden können.

Begehungsort nicht ausgeschlossen
Der Gerichtsstand des Begehungsortes sei auch nicht gesetzlich (§ 14 Abs. 2 S.3 Nr. 1 UWG) ausgeschlossen, so das Gericht. Denn der Ausnahmetatbestand umfasse entgegen seinem (insoweit missverständlichen) Wortlaut nicht jede unlautere Handlung im elektronischen Geschäftsverkehr oder in den Telemedien. Vielmehr sei er auf Rechtsverstöße beschränkt, die tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpfen Die Einschränkung des fliegenden Gerichtsstands auf unerlaubte Handlungen sei auf die mit missbräuchlichen Abmahnungen als besonders anfällig angesehenen Verstöße zurückzuführen. Grund sei, dass im Online-Handel Verstöße durch den Einsatz von Crawlern einfach und automatisiert festgestellt werden können und zahlreiche besondere Informationsverpflichtungen bestehen.

Regelungszweckwidrige Ergebnisse
Das Landgericht befand, dass eine andere Sichtweise nicht nur unzweckmäßig und unpraktikabel sei, sondern auch auf eine weitgehende Abschaffung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung hinausliefe. Denn dieser käme bei geschäftlichen Handlungen unter Nutzung moderner Kommunikationstechniken praktisch nicht mehr zum Zuge. So müsse beispielsweise bei einem gerichtlichen Vorgehen gegen eine nach § 4 Nr. 1 UWG unlautere Verunglimpfung, eine nach § 7 UWG unzulässige unzumutbare Belästigung oder, eine nach §§ 5 bis 6 UWG unlautere irreführende geschäftliche Handlung jeweils danach unterschieden werden, ob die angegriffene geschäftliche Handlung über Telemedien bzw. im elektronischen Geschäftsverkehr an die Zielgruppe herangetragen worden sei oder über klassische Medien bzw. über den stationären Handel. Eine solche Unterscheidung hätte zur Konsequenz, dass gegen einen irreführenden Werbespot im Kino bundesweit vorgegangen werden könnte. Gegen denselben Spot eines in Hamburg ansässigen Unternehmens, der im Internet mittels Geo-Targeting ausschließlich in Bayern ausgespielt werde, könnte wiederum nur in Hamburg vorgegangen werden. Solche Ergebnisse wären offensichtlich regelungszweckwidrig.

Gerade kleinere Unternehmen sind missbrauchsanfällig
Außerdem erfülle die Vorschrift mit der gerichtlichen Auslegung ihren Regelungszweck, so das Landgericht weiter. Die tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpfenden und insbesondere kleineren Unternehme(r)n unterlaufenden Verstöße seien gerade jene, bei denen während des Gesetzgebungsverfahrens eine Missbrauchsanfälligkeit erkannt wurde.

Kein Anknüpfen an den Verbreitungsweg
Die von der Antragstellerin angenommenen Zuwiderhandlungen seien keine, die tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpfen. Die Antragstellerin habe die behaupteten Rechtsverstöße – also das Bereitstellen und Bereithalten über YouTube – aus einer Verletzung des Irreführungsverbots (§§ 5, 5a UWG) abgeleitet. Dies knüpfe tatbestandlich an den hervorgerufenen Gesamteindruck und nicht an den Verbreitungsweg an. Das zeige eine Kontrollüberlegung anhand der (zu bejahenden) Frage, ob der vom Antragsteller angenommene Rechtsverstoß auch dann vorläge, wenn der Antragsgegner seine Werbemaßnahmen nicht im Internet, sondern in Anzeigen, Katalogen oder im Fernsehen veröffentlicht hätte.

Landgericht Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2020, Az. 38 O 3/21


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