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Zulässigkeit blickfangmäßiger Werbung

BGH, Urteil vom 15.10.2015, Az. I ZR 260/14


Zulässigkeit blickfangmäßiger Werbung

Die Anforderungen an Blickfangwerbung mit Sternchenhinweis sind hoch. Es ist nicht rechtmäßig, anzunehmen, Verbraucher würden Einschränkungen in einer Werbeaussage auch ohne einen unmissverständlichen Hinweis erkennen.

Die Richter am BGH haben die Anforderungen an Blickfangwerbung mit Sternchenhinweis sehr hoch angesetzt. Sie stellen fest, dass ein unmissverständlicher und klarer Hinweis die Verbraucher direkt zu der einschränkenden Aussage der Blickfangwerbung hinzuführen hat. Im Fall von Blickfangwerbung mit sogenannten Sternchenhinweisen ist es nicht ausreichend, die Auflösung der einschränkenden Werbeaussage an einer Stelle aufzuführen, zu der die Verbraucher nicht automatisch durch einen entsprechenden Hinweis geführt werden. Der einschränkende Hinweis muss an der Blickfangwerbung teilhaben.

Die Beklagte ist Anbieterin für Telefondienstleistungen. In ihren Werbeprospekten bewirbt sie verschiedene Angebote. Der klagegegenständliche Werbeprospekt enthält zehn Positionen mit Sternchenhinweis, die jedoch nicht unmittelbar und gut sichtbar für die Verbraucher aufgelöst werden. Die Einschränkungen, die unter diese Sternchenhinweise fallen, hat die Beklagte in der Fußnote auf der nächsten Seite aufgelistet. Die Verbraucher finden die einschränkenden Hinweise nicht an „Ort und Stelle“ als Teil der Blickfangwerbung vor, sondern müssen die Seite erst umschlagen, bevor sie zu der einschränkenden Auflösung gelangen. Zudem fehlt die Übersichtlichkeit der Sternchenhinweise, da insgesamt zehn Positionen in schwarzer und roter Farbe für mehrere Werbeaussagen anwendbar sind. Kläger ist ein Wettbewerbsverband. Er stuft das Angebot der Beklagten, „für alle Gespräche ins deutsche Festnetz nie mehr als 19,90 € zahlen zu müssen“ als wettbewerbswidrig ein, da die anfallenden Kosten für Service- und Sonderrufnummern mit dieser Aussage nicht berücksichtigt werden. Zum anderen beklagt er die unübersichtliche Fußnotenanordnung für die angebotenen Aktivierungskosten. Der Kläger stellte Antrag auf Unterlassung, dem das Gericht erster Instanz stattgegeben hatte. Die Beklagte legte Berufung vor dem OLG ein, die keinen Erfolg hatte, ebenso wenig wie die Revision vor dem BGH.

Die Berufungsinstanz hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die streitgegenständliche Werbung der Beklagten irreführende und unwahre Angaben enthält. Der Anspruch auf Unterlassung des Klägers ist demnach entsprechend §§ 8, 3, 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1 UWG gerechtfertigt. Entgegen der Aussage der Beklagten werden die angebotenen Telefondienstleistungen nicht uneingeschränkt zu einem Aktivierungspreis von 19,90 € angeboten. Die Zusatzkosten für Auskunftsdienste sowie Service- und Sonderrufnummern bleiben unberücksichtigt. Auch die Sternchenhinweise in der Fußnote auf der nächsten Seite ändern nichts an dieser irreführenden Aussage, da die angesprochenen Verkehrskreise nicht unmittelbar zu dieser einschränkenden Auflösung geführt werden. Sie können durchaus annehmen, dass mit dem angebotenen Aktivierungspreis von 19,90 € tatsächlich alle Kosten abgegolten sind. Auch der Unterlassungsantrag hinsichtlich des Angebotes „Startpreispaket einmalig 29,90 €“ ist begründet und als irreführende Werbung gemäß §§ 8, 3, 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 2 UWG einzustufen. Durch die unübersichtliche Verteilung der insgesamt zehn Sternchenhinweise in den Fußnoten auf zwei Seiten sehen die Richter die Gefahr einer Verwechslung mit dem Angebot hinsichtlich der Aktivierungskosten von 19,90 € monatlich. Die Berufungsrichter zitieren die regelmäßige Rechtsprechung des BGH, nach der eine Blickfangwerbung dann als wettbewerbswidrig einzustufen ist, wenn bei isolierter Betrachtung die Gefahr eines Inhaltsirrtums möglich ist. Diese Rechtswidrigkeit ist ausschließlich mit einem unmissverständlichen und klaren Hinweis auszuräumen, der unmittelbar am Blickfang teilhat. Die Richtlinie 2005/29/EG hinsichtlich unlauterer Geschäftspraktiken soll die Verbraucher in ihrer Fähigkeit, zu einer informationsgeleiteten und freien Entscheidung zu gelangen unterstützen. Es ist nicht davon auszugehen, dass Verbraucher die einschränkende Aussage einer blickfangmäßig herausgestellten Werbung durch einen Sternchenhinweis an einer anderen Stelle erkennen, wenn dieser nicht unmittelbarer Teil des Blickfangs ist. Dem Verbraucher muss jederzeit ein unmissverständlicher und klarer Hinweis vorliegen, mit dem er direkt zu der entsprechenden Werbeaussage geführt wird. Die unübersichtliche Verteilung der einschränkenden Sternchenhinweise auf zwei Seiten in zwei Farben mit unterschiedlichen technischen Details und ergänzenden Inhalten trägt maßgeblich zu einer Irreführung und einem möglichen Inhaltsirrtum bei.

BGH, Urteil vom 15.10.2015, Az. I ZR 260/14


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