Zögerlich ausgezahlter „Sofortbonus“
Das Oberlandesgericht Köln entschied am 05.05.2020, dass ein Stromanbieter unlauter handele, wenn er mit einem „Sofortbonus“ in Form einer Geldüberweisung für einen Wechsel werbe, diesen aber tatsächlich erst nach gesonderter Aufforderung und über mit über dreimonatiger Verzögerung überwiest.
Bis wann ist ein „Sofortbonus“ auszuzahlen?
Die Beklagte bot über ein Vergleichsportal den Abschluss eines Energieliefervertrages an. Im Portal war im Angebot der Beklagten der Begriff „Sofortbonus“ mit folgender Erläuterung hinterlegt: „Den angegebenen Bonus gewährt der Anbieter einmalig für den Anbieterwechsel, Der Bonus wird innerhalb von 60 Tagen nach Lieferbeginn überwiesen. (…)“. Über das Portal schlossen mehrere Kunden ihren Stromliefervertrag mit der Beklagten. Der „Sofortbonus“ wurde ihr erst nach ausdrücklicher Aufforderung und mehr als 100 Tage nach Lieferbeginn ausgezahlt. Hiergegen ging ein Verbraucherschutzverein per Klage vor.
Sofortbonus ist zeitnah ohne gesonderte Aufforderung zu zahlen
Das OLG befand, das Verhalten der Beklagten stelle eine unlautere, weil irreführende geschäftliche Handlung dar. Denn ausdrücklich sei ein „Sofortbonus“ ausgelobt gewesen. Bei einem „Sofortbonus“, der die Bedeutung der zeitlichen Komponente bereits im Namen trage, gehe es dem Verbraucher nicht nur darum, irgendwann einen Geldvorteil zu erhalten. Vielmehr werde bei einem „Sofortbonus“ neben dem Geldvorteil gerade mit einer schnellen Auszahlung geworben. Die Erwartung gehe dahin, dass der Bonusbetrag zwar nicht sofort, aber jedenfalls zeitnah wie angekündigt ausbezahlt werde. Diesen Lockeffekt mache sich die Beklagte – wie im Übrigen viele ihrer Konkurrenten auch – zunutze, um Verbraucher zu einem Anbieterwechsel zu bewegen. Der Durchschnittsverbraucher erwarte dann aber, dass das Geld innerhalb der Frist automatisch überwiesen wird. Sei ein Sofortbonus auch 60 Tagen nach Lieferbeginn noch nicht ausbezahlt, werden der Verbraucher, dem es gerade auf die zeitliche Komponente des Sofortbonus ankam, enttäuscht. Bei geringfügigen Fristüberschreitungen mag eine Relevanz noch zu verneinen sein. Spätestens aber, wenn der Bonus erst nach Aufforderung durch den Kunden und zum anderen ca. 40 Tage nach der angekündigten Frist erfolge, sei dies nicht mehr nur geringfügig und hinnehmbar.
Suggerierte Einfachheit und Problemlosigkeit
Dem Kunden werde damit eine Überwachungspflicht auferlegt mit dem Risiko, dass er die Nichtzahlung möglicherweise übersieht und seine Ansprüche nicht geltend mache, so das Gericht weiter. Die Kontrolle über die Einhaltung der versprochenen Leistungen werde entgegen der Ankündigung in der Werbung dem Kunden auferlegt, obwohl der Kunde davon ausgehe, dass ihm der Sofortbonus ohne Weiteres innerhalb der angekündigten Frist ausbezahlt werde. Wegen der suggerierten Einfachheit und Problemlosigkeit des Anbieterwechsels habe der Kunde den Anbieterwechsel vorgenommen. Darin sei ein wettbewerbsrechtlich relevantes Verhalten und damit eine geschäftliche Handlung zu sehen.
Nicht vorhandener Leistungswille
Der beklagtenseitigen Argumentation, dass es sich allenfalls um eine verzögerte Leistung gehandelt habe, könne nicht gefolgt werden. Denn vorliegend sei die Handlung auf die Beeinflussung einer geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers – nämlich dem Versorgerwechsel - gerichtet gewesen. Dies hänge objektiv mit der Absatzförderung zusammen. Kündige ein Unternehmen vor Vertragsschluss an, vertragsgemäß leisten zu wollen, obwohl tatsächlich von vornherein kein entsprechender Leistungswille bestehe, diene dies als Mittel im Wettbewerb und stelle eine „geschäftliche Handlung“ dar. Anhaltspunkte dafür, dass trotz größtmöglicher Sicherungsmaßnahmen unter Beachtung der unternehmerischen Sorgfalt ausnahmsweise eine verspätete Zahlung unvermeidbar gewesen wäre, habe die Beklagte nicht vorgetragen. Vielmehr sei sie selbst davon ausgegangen, dass ihr ein gewisser Spielraum zustehe. Daraus lasse sich schließen, dass sie sich von vornherein nicht zu einer Zahlung innerhalb der 60-Tage-Frist verpflichtet sah.
Wiederholungsgefahr liegt vor
Das OLG bejahrte auch eine Wiederholungsgefahr. Denn die Beklagte habe durch ihre Einlassung dem Gericht gegenüber klargemacht, dass sie in anderen Fällen ähnlich verfahre und ihre Verhaltensweise selbst auch nicht als rechtsmissbräuchlich einstufe. Daher stehe der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu.
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 05.05.2020, Az. 6 U 282/19