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Wettbewerbswidrige Schleichwerbung bei Produktempfehlungen

Landgericht Berlin, Urteil vom 11.02.2020, Az. 52 O 194/18


Wettbewerbswidrige Schleichwerbung bei Produktempfehlungen

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 11.02.2020 entschieden, dass ein Nachrichtenportal Produktempfehlungen und Verlinkungen zu einer Online-Handelsplattform ausreichend als Werbung zu kennzeichnen hat. Der bloße Hinweis des Portalbetreibers, am Gewinn beteiligt zu sein, sei hierfür nicht ausreichend. Sofern dies nicht geschehe, handele es sich um wettbewerbswidrige Schleichwerbung.

Hintergrund
Konkret handelte es sich um einen Online-Artikel auf dem Nachrichtenportal BuzzFeed.com mit der Überschrift "18 geniale Dinge, die du dir mit deinem Amazon Gutschein gönnen musst". Das Dokument hatte Affiliate Links zur Online-Handelsplattform Amazon enthalten, die jedoch nicht als Werbung gekennzeichnet worden sind. Dabei war der Bericht in dem Design und Layout gehalten, wie man redaktionelle Berichte auf der Webseite üblicherweise vorfand. Für jeden vermittelten Kauf über einen besagten Affiliate-Link erhielt BuzzFeed eine Provision. Für den Leser war dies jedoch nur indirekt aus einem kaum wahrnehmbaren, in Minischrift gefassten Hinweis, der oberhalb der Link Platzierungen gefasst war, zu erkennen. Dieser war wie folgt formuliert:

"Wir hoffen, dass dir unsere Produktempfehlungen gefallen. Nur damit Du Bescheid weißt: BuzzFeed erhält einen kleinen Anteil der Verkäufe, die du hier verlinkt siehst."

Daraufhin klagte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die BuzzFeed, Inc. Einen Verstoß sah man darin, trotz eines Hinweises des Portalbetreibers auf die Gewinnbeteiligung, dies entgegen der Pflicht kommerzieller Kommunikation nicht ausreichend kenntlich gemacht zu haben.

Produktempfehlungen nicht ausreichend als Werbung gekennzeichnet
Das LG Berlin schloss sich der Ansicht der vzbv an und war damit ebenfalls der Auffassung, die streitgegenständlichen geschäftlichen Handlungen der Beklagten seien unzulässig. Eine Unlauterkeit ergebe sich aus den §§ 3 Abs. 2, 5a Abs. 6 UWG, da ihr kommerzieller Zweck nicht kenntlich gemacht werde und sie geeignet seien, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Mit dem Satz „Wir hoffen, dass Dir unsere Produktempfehlungen gefallen“ werde nach Ansicht der Richter allenfalls vom darauffolgenden Satz: „BuzzFeed erhält einen kleinen Anteil der Verkäufe, die du hier verlinkt siehst“ abgelenkt, obwohl genau dieser die für den Verbraucher entscheidende Information enthalte. Wie der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung kenntlich zu machen sei, hänge von den Umständen des Einzelfalls und des verwendeten Kommunikationsmittels ab. Das Landgericht untersagte BuzzFeed außerdem, auf der Startseite des Portals mit einem Teaser, einem kurzen Hinweistext, auf den strittigen Werbeartikel hinzuweisen, ohne vorher dessen kommerziellen Hintergrund kenntlich zu machen.

Abzustellen ist also auf das Verständnis des Verkehrskreises
Vorliegend habe sich der kommerzielle Zweck der Produktempfehlungen nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben, da der Verkehr bei redaktionell gestalteten Artikeln grundsätzlich davon ausgehe, dass diese ohne Gegenleistung erbracht werden. Demgemäß sei eine Kenntlichmachung durch den Betreiber der Website nicht entbehrlich gewesen. Ohnehin habe der Portalbetreiber Produktempfehlungen und Verlinkung schon deshalb nicht ausreichend als Werbung gekennzeichnet, da der erforderliche Hinweis nicht ausreichend deutlich und transparent erfolgt sei, so das Gericht. Darüber hinaus haben die Richter festgestellt, dass es bereits an einer hinreichenden optischen Kennzeichnung fehle, sodass nicht gewährleistet werden könne, dass der Verbraucher den Hinweis überhaupt wahrnimmt.

Wann ist eine Kenntlichmachung entbehrlich?
Eine Kenntlichmachung durch den Unternehmer ist dann nicht erforderlich, wenn der Verbraucher auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel aus dem Zusammenhang erkennen kann, dass der Handlung ein kommerzieller Zweck zugrunde liegt. Lediglich in diesem Fall ist es nicht notwendig, darauf noch gesondert hinzuweisen (vgl. BGH GRUR 2013, 644 ff., Rn. 21 – Preisrätselgewinnauslobung V). Dies war nach Ansicht der Richter vorliegend jedoch nicht der Fall: Zwar sei dem Verbraucher möglicherweise bewusst, dass frei zugängliche Internetseiten mit redaktionellen Beiträgen werbefinanziert sind. Darüber hinaus könnte ihm auch das Konzept der Affiliate Werbung bekannt sein, er gehe aber dennoch nicht davon aus, dass ein redaktioneller Beitrag selbst, wie im vorliegenden Fall, über Verlinkungen zu Affiliate Partnern der Finanzierung diene. Selbst wenn der Betreiber einer Website auf deutliche, als solche gekennzeichnete Werbung (Bannerwerbung) verzichte, erwarte der angesprochene Verkehr nicht, dass eine Finanzierung in anderer Weise durch Werbung erfolge. Insbesondere gehe er nicht davon aus, dass dies über Verlinkungen zu Affiliate Partnern geschehe.

Muttergesellschaft haftet für deutsches Tochterunternehmen
Das Gericht verurteilte die BuzzFeed Inc. als Beklagte zur Unterlassung, obgleich die deutsche BuzzFeed GmbH im Impressum der Webseite stand. Begründet wurde dies damit, dass die in den USA ansässige Firma BuzzFeed Inc. der eigentliche Haupttäter sei und sich das Handeln ihrer deutschen Tochter zurechnen lassen müsse. Mit der Organisation der Affiliate Werbung bei der deutschen Gesellschaft für ein drittes Unternehmen (Amazon) zur Erlangung der Provision für sich selbst habe die Beklagte die deutsche Gesellschaft derart in ihre Organisation eingegliedert, dass der Erfolg der von der deutschen Gesellschaft vermittelten Käufe bzw. der eingenommenen Provisionen der Beklagten zugute komme. Auf diese Weise habe sie sich die deutsche Gesellschaft zum Bestandteil ihrer Vertriebsorganisation gemacht, so das Gericht. Unerheblich sei für die Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG, wie die Beklagte ihre Rechtsbeziehungen zur deutschen Gesellschaft im Einzelnen ausgestaltet hat und ob unter Umständen die Provisionen direkt an die Beklagte fließen. Schon weil die Frage zu klären sei, wie die Beklagte die Provisionszahlungen erhält, könnten Rechtsbeziehungen unterstellt werden. Durch diese könne die Beklagte die Möglichkeit nutzen, sich Einfluss auf die Tätigkeit der deutschen Gesellschaft im Bereich der von ihr eingenommenen Provisionen über die von ihr geschaltete Affiliate Werbung zu verschaffen.


Landgericht Berlin, Urteil vom 11.02.2020, Az. 52 O 194/18


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