Werbung mit nicht objektiven Testergebnissen
Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied mit Urteil vom 13.06.2019, dass die Bewerbung mit einem Test, der nicht nach den einschlägigen Prüfnormen durchgeführt wurde, irreführend sein könne. Dies gelte insbesondere auch dann, wenn dieser Mangel verschwiegen wurde, obwohl der verschwiegenen Information eine besondere Bedeutung für die Entscheidungsfindung der angesprochenen Kreise zukomme. Bei Submicro-Filter seien die Filterleistung und die Energieeffizient solche bedeutsamen Informationen.
Kann mit einem nicht objektiven Test geworben werden?
Die Parteien waren Wettbewerber in den Bereichen Filtrationstechnik, Druckluft- und Gas- sowie Flüssigkeitsaufbereitung. Die Klägerin sowie die Beklagte zu 1 stellten sog. Submicro-Filter her. Die von der Beklagten zu 1. hergestellten Filter wurden von der Beklagten zu 2. und zu 3. vertrieben. Die Beklagten zu 1. und 2. versandten einen Newsletter an eine unbekannte Anzahl von Interessenten und Kunden, dem auch ein Prüfbericht des TÜV Nord beigefügt war. Gegenstand dieses Prüfberichtes war der Vergleichstest eines Filters der Beklagten zu 1. und eines Filters der Klägerin. Den Test führte die Beklagte zu 1. unter Beaufsichtigung des TÜV Nord durch. Im Rahmen des Tests wurde zu verschiedenen Zeitpunkten der Druckverlust bzw. die Druckdifferenz gemessen, allerdings nicht entsprechend der einschlägigen Norm ISO 12500-1:2007. Die Klägerin erhielt Kenntnis vom Test. Daher gab sie dem anerkannten Institut für Energie- und Umwelttechnik e.V. (IUTA) eine vergleichende Untersuchung in Auftrag, um die im TÜV-Prüfbericht wiedergegebenen Ergebnisse zu überprüfen. Der vom IUTA durchgeführte Test berücksichtigte auch die Vorgaben der ISO 12500-1:2007. Nachdem die Ergebnisse feststanden, verklagte die Klägerin die Beklagten wegen Irreführung. Sie war der Meinung, dass die im TÜV-Test dokumentierten Prüfergebnisse unzutreffend waren. Die im TÜV-Bericht genannten Werte würden nicht die tatsächlichen Werte wiedergeben. Die Vorinstanz verurteilte die Beklagten es zu unterlassen, den TÜV-Prüfbericht zu verbreiten und die verschiedenen Filter der Klägerin und der Beklagten zu vergleichen. Hiergegen richtete sich die Berufung der Beklagten.
Irreführung aufgrund fehlerhafter Tests möglich
Das Oberlandesgericht Düsseldorf erachtete den Versand des TÜV-Prüfberichts an Kunden und Interessenten als werbliche Maßnahme, die unlauter gewesen sei. Denn es könne auch unlauter sein, mit einem vergleichenden Test zu werben, dessen Ergebnis unter erheblichen Fehlern leide. Werde mit dem Test der fälschliche Eindruck erweckt, der Test sei objektiv, sachkundig und neutral durchgeführt worden, liege darin eine Irreführung.
Irreführung wegen nicht normgemäßer Prüfung
Das OLG befand, dass eine Irreführung bereits deswegen vorliege, weil die Testwerte nicht entsprechend den Vorgaben der ISO 12500-1:2007 ermittelt worden seien. Darauf werde im TÜV-Bericht nicht hingewiesen. Denn grundsätzlich erwarten die angesprochenen Fachkreise, dass die von einer unabhängigen Stelle wie dem TÜV Nord überwachte Testdurchführung sachkundig und unter Einhaltung einschlägiger Prüfverfahren durchgeführt worden sei. Damit gingen sie prinzipiell davon aus, dass die einschlägigen Normen wie DIN- oder ISO beachtet werden. Zwar ergebe sich bereits aus dem Prüfbericht, dass der TÜV Nord den Test lediglich beaufsichtigt habe. Aber selbst unter dieser Voraussetzung sei eine sachkundige und nach einschlägigen Prüfungsmethoden durchgeführte Untersuchung zu erwarten.
ISO-Norm als allgemeiner Standard bekannt
Das Gericht sah auch keinen Zweifel, dass die ISO 12500-1:2007 zumindest einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Anwender von Druckluftfiltern bekannt sei. Sie wüssten, dass diese Norm ein standardisiertes Testverfahren für die getesteten Filter regele. Dafür spreche bereits der Umstand, dass beide Parteien in ihrer Werbung und ihren Produktbeschreibungen Bezug auf die ISO 12500 Bezug nehmen. Zudem fänden sich im Internet Artikel, die sich mit der Validierung von Druckfilterleistungen und der ISO 12500-1 befassen.
Durch ISO-Norm werden Testbedingungen vorgegeben
ISO 12500-1:2007 beschreibe nicht nur einen Messaufbau, sondern gebe auch bestimmte Testbedingungen vor, so das Gericht weiter. Danach seien Druckluftfilter im Betriebszustand zu testen, wobei gewisse Filterelemente vor Beginn des Tests einen Gleichgewichtszustand erreichen müssten. Bei den vom TÜV-Nord beaufsichtigten und dokumentierten Druckluftmessungen sei eine Messung im Gleichgewichtszustand der Filterelemente jedoch gerade nicht erfolgt.
Irreführung durch Verschweigen objektiver Unterschiede bei vergleichender Werbung
Das OLG entschied, dass auch die Nichterwähnung der unterschiedlichen Filterleistungen durch die Beklagten eine Irreführung darstelle. Eine Irreführung durch Verschweigen sei regelmäßig dann anzunehmen, wenn die verschwiegene Information eine besondere Bedeutung für die Entscheidungsfindung habe. Diese sei gegeben, wenn die angesprochenen Kreise auf die Information angewiesen seien. Von einer Informationspflicht könne insbesondere dann ausgegangen werden, wenn miteinander verglichenen Produkte objektive Unterschiede aufweisen, welche die Kaufentscheidung spürbar beeinflussen könnten. Eine Irreführung liege vor, wenn die objektiven Unterschiede nicht benannt werden. Somit sei eine vergleichende Werbung ohne Benennung dieser Unterschiede irreführend. Denn eine solche Werbung behaupte, die verglichenen Waren seien gleichwertig.
Filterleistung stellt wesentliche Information dar
So sei es auch vorliegend, urteilte das Gericht. Die fehlenden Angaben zu den unterschiedlichen Leistungen würden die Kaufentscheidung der Filteranwender wesentlich beeinflussen. Denn bei dieser Leistung handele es sich um ein zentrales Leistungsmerkmal, dem wesentliche Bedeutung zukomme. Der Beklagten wäre anhand technischer Datenblätter die entsprechenden Angaben ohne weiteres möglich.
Energieeffizienz stellt zweite wesentliche Information dar
Zwar habe der Bundesgerichtshof Vergleichsstudien zweier Produkte als unbedenklich angesehen, wenn sie nur unter einem Gesichtspunkt untersucht worden seien und ohne dass andere Eigenschaften angeführt werden. Allerdings gebe es vorliegend die Besonderheit, dass die hier in Rede stehenden Eigenschaften nicht beziehungslos nebeneinander, sondern in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis stünden. Angesichts des bestehenden Konflikts zwischen einem möglichst energieeffizienten Filter und einer möglichst hohen Leistung seien bei einem Filtervergleich beide Leistungsparameter anzugeben. Ohne diese Informationen könnten die angesprochenen Fachkreise keine informierte Entscheidung treffen.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.06.2019, Az. 2 U 40/18