• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Werbung mit „die Nr. 1*“

Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 28.08.2020, Az. 3 W 51/20


Werbung mit „die Nr. 1*“

Das Oberlandesgericht Hamburg beschloss am 28.08.2020, dass die Bewerbung eines Produktes als „Nr. 1“ zunächst ohne speziellen Bezug sei, verschiedene Produktmerkmale betreffen könne und deshalb erläuterungsbedürftig sei. Dies könne über ein Sternchen („*“) erfolgen. Je offener die Aussage formuliert sei, umso eher rechne der angesprochene Verkehr mit einer näheren Erläuterung.

Wann ist eine Bewerbung als Nr. 1 wettbewerbswidrig?
Die Parteien stritten um eine Werbung für „B.“-Nahrungsergänzungsmittel mit der Aussage „die Nr. 1“. Die Werbung hatte folgenden Inhalt: „B.® - die Nr. 1* von Kinderwunsch bis Stillzeit“ bzw. „Nr. 1* Schwangerschaftsvitamine“, wobei das Sternchen jeweils aufgelöst wurde mit der Angabe: „Quelle: Insight Health, Schwangerschaftsvitamine, MAT 03/2020, Abverkauf Total Umsatz (in EUR) in stationären Apotheken (rAVP)“. Die Klägerin strebte ein komplettes Verbot dieser Werbung an, da sie sie für eine „dreiste Lüge“ hielt. Sie brachte vor, das beworbene Produkt sei gar nicht Marktführer auf dem Markt der „Schwangerschaftsvitamine“. Den entsprechenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wies die Vorinstanz zurück. Hiergegen legte die Klägerin Rechtsmittel ein.

Werbeaussage verkürzt wiedergegeben
Das Oberlandesgericht Hamburg befand, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zustehe. Der gestellte Antrag erfasse nicht die tatsächliche Werbehandlung der Beklagten in korrekter Weise. Denn die Klägerin habe die Werbeaussage auf „die Nr. 1“ verkürzt. Dass die Beklagte damit geworben habe, sei aber nicht ersichtlich. Auch eine Erstbegehungsgefahr bestehe insoweit nicht.

Vortrag muss sich auf Irreführung beziehen
Maßstab für die Beurteilung sei – so das OLG - ob eine Aussage irreführend sei. Dies richte sich allein nach einem schlüssig vorgetragenen Verkehrsverständnis. Die schlüssige Darlegung eines Irreführungsgesichtspunkts setze einen Vortrag dazu voraus. Dieser müsse beinhalten, durch welche Angabe welcher konkrete Verkehrskreis angesprochen werde, welche Vorstellungen die Angabe bei diesem angesprochenen Verkehrskreis ausgelöst haben, warum diese Vorstellung unwahr sei und die ausgelöste Fehlvorstellung geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

Bewerbung als „Nr.1“ kann verschiedene Anknüpfungspunkte haben
Das Gericht konnte das von der Klägerin vorgetragene Verkehrsverständnis nicht erkennen. Die Klägerin habe vorgetragen, durch die Werbeaussage werde die Vorstellung hervorgerufen, die „B.“-Nahrungsergänzungsmittel nähme eine marktführende Stellung ein und böte die nach Absatz von Produkteinheiten am meisten verbreiteten Schwangerschaftsvitamine an. Allerdings sei die Auslobung eines Produkts als „Nr. 1“ für sich genommen bezugslos und könne verschiedene Produktmerkmale betreffen. Neben der Marktführerschaft seien insoweit auch verschiedene Qualitätsmerkmale denkbare Anknüpfungspunkte. Die Marktführerschaft wiederum könne sich sowohl auf Umsatzzahlen als auch auf Absatzzahlen nach Produkteinheiten beziehen.

Verbraucher rechnet bei Sternchen* mit näherer Erläuterung
Das OLG war der Meinung, der Verbraucher sei daran gewöhnt, erläuterungsbedürftige Werbeaussagen über eine Fußnote oder durch ein Sternchen näher erläutert zu bekommen. Je offener eine Aussage formuliert sei, desto eher rechne der angesprochene Verkehr damit, dass die Aussage näher erläutert werde. Dies gelte auch für die vorliegende Auslobung des beworbenen Produkts als „Nr. 1*“. Das Sternchen werde nicht als Steigerung der „Nr. 1“ verstanden (im Sinne einer „Eins plus mit Sternchen“), sondern als Fußnotenverweis. Dies sei bereits deshalb der Fall, weil die mit der Angabe „Nr. 1“ verbundene Spitzenstellungsbehauptung ohne Erläuterung bezugslos bliebe.

Keine „dreiste Lüge“
Aus diesem Grund liege auch keine „dreiste Lüge“ vor, so das Gericht weiter. Denn vorliegend sei von einer erläuterungsbedürftigen und -fähigen Aussage ohne klaren Bedeutungsgehalt auszugehen.

Erläuternde Hinweis ist ausreichend klar und unmissverständlich
Das OLG befand, die Auflösung des Sternchens weise hinreichend klar darauf hin, dass die Spitzenstellungsbehauptung sich auf das Merkmal „Abverkauf Total Umsatz (in EUR) in stationären Apotheken“ beziehe. Dass diese Angabe hinter der - als solcher ohne Weiteres erkennbaren - Quellenangabe „Quelle: Insight Health, Schwangerschaftsvitamine, MAT 03/2020“ folge, ändere nichts daran, dass der erläuternde Hinweis klar und unmissverständlich sei.

Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 28.08.2020, Az. 3 W 51/20


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland