Werbung für Kaffeekapseln erfordert vollständige Preisangaben
Mit Urteil vom 24.10.2017, Az. 4 HK O 4/17 entschied das Landgericht Koblenz, dass bei der Werbung für Kaffeekapseln neben dem Gesamtpreis auch der Grundpreis des in einer Kapsel enthaltenen Inhalts an Kaffee angegeben sein muss. Diese Art von Ware unterliege gerade nicht einer Ausnahme von der grundsätzlichen Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises. Es bestehe vielmehr ein Vergleichsbedürfnis zwischen solchen Kapseln untereinander und auch zu Kaffee in loser verpackter Form, da der Inhalt in ersteren regelmäßig hinsichtlich der verschiedenen Hersteller divergiere.
Werbung für Kaffeekapseln enthielt keine Grundpreisangabe
Der Kläger, ein eingetragener Verein zur Wahrung des Wettbewerbs, rügte die Werbung für Kaffeekapseln mehrerer Hersteller durch einen Einzelhändler für Elektroartikel, der diese als Zubehör neben Kaffeemaschinen vertreibt. Die Aufmachung sei seiner Ansicht nach aufgrund eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) wettbewerbswidrig gewesen, da sich auf den Kapselverpackungen lediglich Gewichtsangaben befanden und kein obligatorischer Grundpreis für den in den Kapseln enthaltenen Kaffee aufgeführt war. Aus diesem Grund sei die Vergleichbarkeit der Produkte für Verbraucher eingeschränkt gewesen. Der Kläger begehrte mithin den Anspruch, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Kaffeekapseln in Fertigpackungen unter Preisangaben anzubieten, ohne dabei neben dem Endpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Endpreises anzugeben.
Beklagte hielt Angabe des Grundpreises für nicht erforderlich
Hiergegen wehrte sich die Beklagte. Ihrer Meinung nach habe die beschriebene Werbung nicht zu einem Verstoß gegen § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV geführt. Die Kaffeekapseln seien der Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV zuzuordnen gewesen, da es sich hierbei um ein zusammengesetztes Angebot handelte. Der Kapsel sei eine eigenständige Funktion, nämlich eine Adapterfunktion, zugekommen. Dem Verbraucher sei auch bewusst gewesen, dass er den Kaufpreis nicht nur für den Kaffee entrichtet, sondern auch für die Kapsel bezahlt. Mithin sei das Erfordernis der Grundpreisangabe entfallen. Darüber hinaus sei es üblich, die Kaffeekapseln nach Stückzahl und nicht unbedingt nach Gewicht anzubieten, da dies der Gewohnheit der Verbraucher entspreche. Der in ihrer Werbung erfolgten Gewichtsangabe habe lediglich eine erläuternde Funktion innegewohnt. Ein Vergleichsbedürfnis für Verbraucher sei nicht erkennbar gewesen, schließlich hänge die Verwendung der Kapseln stets von deren jeweiligen Kaffeemaschine ab. Die Angabe der Menge sei für den Preisvergleich aber nicht maßgeblich gewesen. Es hätte für den Verbraucher gerade kein Interesse bestanden, die Preise von Kaffee in Kapseln mit denen von Pulverkaffee zu vergleichen, da dieser gewöhnlich nicht über beide Arten von Maschinen verfüge. Es sei allenfalls ein Vergleich der Kapseln untereinander in Betracht gekommen. Allerdings spiele die Kaffeemenge in den Kapseln für den Verbraucher hierfür generell keine Rolle.
Landgericht Koblenz bejahte Unterlassungsanspruch
Das Landgericht Koblenz schloss sich jedoch dem Vortrag des Klägers an und gab dem begehrten Unterlassungsanspruch statt. Das Fehlen der Grundpreisangabe für den in den Kapseln enthaltenen Kaffee verstoße dessen Auffassung nach gegen § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV, welchem die Funktion einer Marktverhaltensregel im Sinne von § 3a UWG zukomme (vgl. Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2015, Az. 12 O 465/14; Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 24.04.2006, Az. 4 U 1219105). Daraus resultiere ein Zuwiderhandeln gegen §§ 3, 3a UWG.
Grundpreisangabe ist sehr wohl erforderlich
§ 2 Abs. 1 S. 1 PAngV besage, dass für nach Gewicht, Länge oder Fläche angebotene Waren in Fertigpackungen neben dem Gesamtpreis in unmittelbarer Nähe grundsätzlich auch der Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (= Grundpreis) anzugeben ist. Die Beklagte habe die Kaffeekapseln in ihrer Werbung unter Angabe des Gewichts präsentiert. Der von ihr angeführte Umstand, dass das strittige Verkaufsangebot auch ohne die Angabe des Gewichts erfolgen hätte können, habe die Pflicht zur Angabe des Grundpreises nicht entfallen lassen. Dies ergebe sich aus dem zweiten Satz der angeführten Norm.
Heranziehung der Preisangabenrichtlinie
Weiterhin führte das Gericht an, dass auch die Preisangabenrichtlinie (Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 16.02.1998), deren Vorgaben von der deutschen Preisangabenverordnung zu berücksichtigen sind, allgemein für sämtliche Erzeugnisse sowohl den Verkaufspreis als auch den Preis je Maßeinheit vorschreibt. Als Ausnahme seien lediglich bestimmte Waren, die in losem Zustand veräußert werden, zu werten. Aus den Erwägungsgründen und der Beschreibung des Regelungsgegenstandes der Richtlinie werde deutlich, dass der Richtliniengeber grundsätzlich alle Erzeugnisse unter die besagte Verpflichtung fassen wollte und er Ausnahmen vom Grundsatz her ausdrücklich festgelegt bzw. in die Hände des nationalen Gesetzgebers gelegt hat. Ausnahmen könnten nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie beispielsweise bei solchen Waren zugelassen werden, bei welchen eine Grundpreisangabe aufgrund der Beschaffenheit oder Zweckbestimmung nicht sinnvoll oder geeignet wäre. Allerdings dürfe diese Annahme nicht mit dem Erfordernis der Üblichkeit der Angabe von Menge und Größe gleichgesetzt werden. Dies bedeute, dass auch bei Waren, bei denen eine Angabe nicht üblich ist, eine derartige sehr wohl sinnvoll und geeignet sein kann.
Vergleichsbedürfnis besteht zu Kapseln und auch Kaffeepulver
Diese Schlussfolgerung komme bei den von der Beklagten offerierten Kaffeekapseln zum Tragen. Diese würden somit nicht einer der Ausnahmen in der PAngV, insbesondere § 9 PAngV, unterfallen. Grund hierfür sei, dass die Angabe des Grundpreises zu der durch die Preisangabenverordnung erstrebte Preisvergleichsmöglichkeit der Verbraucher beiträgt. Ein Vergleichsbedürfnis bestehe nämlich nicht nur zu anderen Kapselprodukten, sondern vielmehr auch zwischen Kaffeekapseln und Kaffee in loser verpackter Form (vgl. Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2015, Az. 12 O 465/14). Gerade bei letzterer Verpackungsform werde aber das Gewicht angeführt. Begründet wird die zweite Art des Vergleichsbedürfnisses vom Gericht damit, dass es naheliege, dass ein nicht nur unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrskreises beide Zubereitungsmöglichkeiten von Kaffee kennt und auch besitzt.
Kapseln enthalten nicht immer gleiche Menge an Kaffee
Die reine Angabe der Kapselanzahl (10er Pack) sei insgesamt unzureichend, schließlich gäbe es für eine Kapsel keine festgelegte Gewichts- oder Größenangabe. Diese würden vielmehr regelmäßig im Hinblick auf die verschiedenen Hersteller einen unterschiedlichen Inhalt an Kaffee vorweisen und somit in ihrem Gewicht divergieren (vgl. Landgericht Mühlhausen, Urteil vom 23.06.2016, Az. HK O 50/15). Der Verbraucher wisse zwar, dass er mit dem Inhalt einer Kapsel eine Tasse Kaffee zubereiten könne. Allerdings sei ihm auch bewusst, dass die Menge einer Kapsel für das Aroma und die Intensität des Warmgetränks maßgeblich ist. Ihm sei ein Preisvergleich für eine Tasse mit anderen Kaffeekapseln und mit in anderer Form angebotenem Kaffee also nur möglich, wenn er auch den Grundpreis für die in der Kapsel enthaltene Menge kenne.
Spürbarkeit der Beeinträchtigung und Wiederholungsgefahr
Der festgestellte Verstoß gegen die PAngV impliziere nach Ansicht des Landgerichts die erforderliche spürbare Beeinträchtigung. Die Wiederholungsgefahr könne ferner infolge des erfolgten Verstoßes der Beklagten vermutet werden.
Landgericht Koblenz, Urteil vom 24.10.2017, Az. 4 HK O 4/17
von Sabrina Schmidbaur