Werbung ausschließlich mit Teilergebnis wettbewerbswidrig
Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied am 20.09.2018, dass eine Werbung, die nur einen Teil des Testergebnisses ohne Gesamtergebnis angebe, wettbewerbswidrig sei. Denn durch das alleinige Erwähnen von Einzelergebnissen unter Verschweigen des schlechten Gesamtergebnisses werde der Verbraucher getäuscht und irregeführt.
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Klägerin war der Dachverband der Verbraucherzentralen, Beklagte ein Verkäufer von Matratzen im Internet. Die Parteien stritten über Werbung mit Testergebnissen. Stiftung Warentest hatte eine Matratze der Beklagten getestet, welche die Gesamtnote „ausreichend“ erhielt. Später bot die Beklagte ein Nachfolgemodell der getesteten Matratze an. Diese wurde im Internet beworben als "Die neue A Matratze weiter optimiert für Dich - Nach Stiftung Warentest". In der Werbung wurden auch die Einzelergebnisse des Tests zu den einzelnen Eigenschaften wiedergegeben. Das Gesamtergebnis wurde jedoch nicht erwähnt. Gleiches galt für die Abwertung in den stark gewichteten Kategorien "Handhabung" und "Deklaration". Die Klägerin hielt die Werbung daher für irreführend. Die Vorinstanz verurteilte die Beklagte zur Unterlassung der Werbung ohne Angabe des Gesamtqualitätsurteils. Hiergegen richtete sich die Berufung der Beklagten.
Täuschung durch Verschweigen des Gesamturteils „ausreichend“
Das OLG Frankfurt befand, dass die Werbung eine Täuschung enthalte. Denn sie teile allein die Einzelergebnisse zu den Testkriterien mit, nicht jedoch das Gesamturteil. Durch das Weglassen entstehe beim Verbraucher der falsche Eindruck, das getestete Vorgängermodell habe nur in zwei weniger stark gewichteten Kategorien die Note "mangelhaft" erhalten. Für alle anderen Bereiche seien Noten von "sehr gut" bis "befriedigend" vergeben worden. Es werde suggeriert, die Matratze habe "im Schnitt" mindestens ein "befriedigend" erhalten. Verschwiegen werde, dass durch die von Stiftung Warentest vorgenommene Abwertung insgesamt nur das Urteil „ausreichend“ erreicht wurde. Die Abwertung sowie das nur ausreichende Gesamtergebnis erschließe sich dem Durchschnittsverbraucher auch nicht durch eigenen Überlegungen oder Kenntnisse.
Irreführung durch ausschließliche Erwähnung der Einzelergebnisse
Das Gericht erachtete die Werbung auch insgesamt als irreführend. Denn das schlechte Gesamtergebnis sei durch die Bewerbung der Einzelergebnisse kaschiert worden. Das tatsächliche Gesamtergebnis werde nicht erwähnt. Zwar sei eine solche Werbung nicht in jedem Fall irreführend. Allerdings sei durch die alleinige Erwähnung der Einzelergebnisse überdeckt worden, dass das Produkt insgesamt schlecht abgeschnitten habe.
Veranlassung zu Kaufentscheidung
Durch die Werbung wurde beim Verbraucher auch eine Fehlvorstellung hervorgerufen, die geeignet gewesen sei, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei richtiger Darstellung nicht getroffen hätten. Dies gelte, auch wenn die getestete Matratze nicht mehr auf dem Markt sei. Denn die Beklagte bewerbe ihre neue Matratze in einer Art, welche die unzutreffende Vorstellung wecke, bereits das Vorgängermodell sei ordentlich bewertet worden. Dadurch werde zugleich eine verkaufsfördernde Wirkung für die neue Matratze erzielt. Denn wenn dem Verbraucher das tatsächliche Gesamturteil für die alte Matratze bekannt wäre, mäße er den Aussagen zur neuen Matratze weniger Wert bei.
Korrigiertes oder optimiertes Testergebnis nicht erlaubt
Dass die Abwertung durch Stiftung Warentest in der Presse teilweise kritisiert wurde, sei für die rechtliche Einschätzung irrelevant, so das Gericht weiter. Denn einem werbenden Unternehmen stehe es nicht zu, derartige Testbewertungen zu korrigieren oder zu optimieren. Selbst wenn die Bewertung fragwürdig erscheine, dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, Stiftung Warentest habe ein besseres Gesamturteil abgegeben. Auch komme es nicht darauf an, ob die Matratze bei anderen Testern besser abschneide. Denn der Beklagten stehe es offen, mit diesen Tests Werbung zu betreiben.
Produktwerbung baut auf Vorgängermodell auf
Nach Meinung des Gerichts komme es auch nicht darauf an, dass es sich lediglich um das Testergebnis eines Vorgängerprodukts handelte. Denn aus der Werbung gehe hervor, dass die aktuell angebotene Matratze auf dem getesteten Vorgängermodell aufbaue und dieses verbessere. Auch insoweit dürfe kein unzutreffender Eindruck über das Testergebnis erzeugt werden. Denn es sei ein Unterschied, ob der Verbraucher meine, ein bereits gutes Produkt sei noch verbessert worden oder ob nur Mängel eines schlecht getesteten Produkts beseitigt worden seien.
Auch Beeinträchtigung durch schlechte Werbung darf nicht zu besseren Bewerbung verleiten
Auch spiele es keinerlei Rolle, dass die Beklagte durch den alten Warentest erheblich beeinträchtigt werde. Zwar hätten Wettbewerber die schlechte Bewertung zum Anlass genommen, diese in vergleichenden Werbemaßnahmen zu erwähnen. Dies könne jedoch keine Rechtfertigung dafür sein, das schlechte Gesamturteil in der Werbung der Beklagten zu kaschieren. Es bleibe der Beklagten schließlich unbenommen, in zutreffender Weise über alle Bewertungen des Tests einschließlich des Gesamturteils zu informieren.
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 20.09.2018, Az. 6 U 127/17
von Jana Krzewsky