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"viele Vitalstoffe" ist unzulässige nährwertbezogene Angabe

OLG Hamm, Urteil vom 04.08.2016, Az. 4 U 18/16


"viele Vitalstoffe" ist unzulässige nährwertbezogene Angabe

Mit Urteil vom 04.08.2016 hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden, dass die Aussage, ein Lebensmittel enthalte "viele Vitalstoffe" eine unzulässige nährwertbezogene Angabe darstellt.

Zum Sachverhalt
Die Beklagte verkauft Nahrungsergänzungsmittel eines Unternehmens mit Sitz in den Niederlanden. Die Produkte werden auch über ihren Online-Shop vertrieben. Im Januar bewarb die Beklagte in ihrem Online-Shop das Nahrungsergänzungsmittel "Original Spiruletten® 1000 mit Gerstengras" unter Anderem mit der Angabe, es enthalte "Vitalstoffe". Daraufhin mahnte der Kläger die Beklagte mit einem Schreiben, in welchem er darauf hinwies, dass die Produktbeschreibung gegen Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (HCVO) verstoße. Der Kläger forderte die Beklagte unter Anderem zur Unterlassung auf. Nach der Zurückweisung der Abmahnung durch die Beklagte mittels anwaltlichen Schreibens beauftragte der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten mit der weiteren Schriftführung. Dieser forderte die Beklagte ein weiteres Mal zur Unterlassung auf. Die Beklagte kam dieser Forderung nicht nach. Daraufhin forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung der ihm durch die Unterlassungsaufforderung entstandenen Kosten auf.

Zu den Gründen des Gerichts
In seiner Klageschrift beantragte der Kläger im Wesentlichen, die Beklagte zu der Unterlassung der Beschreibung des Nahrungsergänzungsmittels mit der Angabe, dieses würde "Vitalstoffe" enthalten, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern zu verurteilen. Die Beklagte beantragte die Klageabweisung.
 
In der ersten Instanz wurde dem Antrag des Klägers mit Urteil des Landgerichts Dortmund stattgegeben. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein.
 
Das Oberlandesgericht Hamm als Berufungsinstanz wies die Berufung der Beklagten als unbegründet ab. Dazu führte es aus, dass die Klage des Klägers zulässig und begründet sei. Insbesondere kommt dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG iVm Art. 8 Abs. 1 HCVO zu. Für einen solchen Anspruch ist es zunächst notwendig, dass ein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und damit auch im Sinne der HCVO vorliegt. Dies ist bei den Spiruletten der Fall. Ist der Anwendungsbereich des HCVO eröffnet, dürfen nährwertbezogene Angaben nur unter den Voraussetzungen der Verordnung gemacht werden. Der Kläger wendete sich in seinem Klageantrag gegen die Angabe "Vitalstoffe". Dabei handelt es sich um eine nährwertbezogene Angabe nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 HCVO. Unter Vitalstoffen versteht das Gericht alle vom menschlichen Körper benötigten bzw. der Gesundheit des Organismus förderlichen Substanzen mit Ausnahme derjenigen Nährstoffe, die der direkten Energiezufuhr dienen, nämlich Eiweiß, Kohlenhydrate und Fett. Demnach umfasst der Begriff "Vitalstoffe" also Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und Enzyme. Für eine nährwertbezogene Angabe genügt es außerdem, wenn ein solcher Oberbegriff verwendet wird, es müssen keine genauen Inhaltsstoffe bezeichnet werden. Der Beschreibung, das Produkt enthalte "Vitalstoffe", sei inhaltlich zu entnehmen, das Nahrungsergänzungsmittel besitze positive Nährwerteigenschaften. Der Verbraucher könne darunter nur eine besonders positive Wirkung durch den Verzehr des Mittels verstehen. Der Begriff "Vitalstoffe" sei allerdings unwissenschaftlich und ungenau, da darunter viele verschiedene Stoffe zusammengefasst bezeichnet werden können. Aus diesem Grund ist die Werbung mit dieser Bezeichnung unzulässig und europarechtswidrig.

Das Oberlandesgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung nicht beanstandet und die Berufung als unbegründet abgewiesen.

OLG Hamm, Urteil vom 04.08.2016, Az. 4 U 18/16


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