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Vertragsanpassung durch Fitnessstudiobetreiber bei Corona Schließung

Amtsgericht Zeitz, Urteil vom 01.12.2020, Az. 4 C 112/20


Vertragsanpassung durch Fitnessstudiobetreiber bei Corona Schließung

Mit Urteil vom 01.12.2020 hat sich erneut ein Gericht zum Anspruch von Fitnessstudiobetreibern auf Vertragsanpassung während des Zeitraums der Corona-bedingten Schließungen geäußert. Gemäß § 313 Abs. 1 BGB können diese Anpassung des Vertrags verlangen, da die Corona-Pandemie einen Fall höherer Gewalt darstellt, die keinem Risikobereich einer Partei zugeordnet werden kann. Es ist davon auszugehen, dass die Parteien den Vertrag mit anderem Inhalt geschlossen hätten, sofern diese die Schließung auf der Grundlage der Corona-Verordnung bei Vertragsschluss gekannt hätten.

Hintergrund
Der Kläger ist Betreiber eines Fitnessstudios. Der Beklagte schloss im September 2018 mit dem Kläger einen Vertrag über die Nutzung der Einrichtung, der sich stillschweigend bei Ausbleiben einer wirksamen Kündigung verlängerte. In der Zwischenzeit blieb eine außerordentliche fristlose Kündigung des Beklagten erfolglos und das Fitnessstudio musste Aufgrund der Corona-Pandemie vom 20. März 2020 bis zum 17. Mai 2020 auf der Grundlage der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung schließen. Die Zahlungen der Mitgliedsbeiträge des Beklagten blieben ab dem 3. Juni 2019 aus.

In der Folgezeit forderte der Kläger den Beklagten zur Zahlung des offenen Beitrages auf, jedoch ohne Erfolg. Nachdem das Gericht auf die teilweise Anerkenntnis des Beklagten in Höhe von 942,27 Euro am 19. Juni 2020 ein Teil-Anerkenntnisurteil erlassen hat, beantragt der Kläger nunmehr, den Beklagten zur Zahlung des noch offenstehenden Betrages zu verurteilen. Der Beklagte behauptet, dass es ihm aus gesundheitlichen Gründen auf unbestimmte Zeit nicht möglich gewesen sei, im Fitnessstudio zu trainieren. Dies würde sich aus einem ärztlichen Attest vom 26. Oktober 2020 ergeben. Überdies war er der Auffassung, dass ihn eine in die Vereinbarung aufgenommene Vorfälligkeitsklausel unangemessen benachteilige. Außerdem sei der Beklagte nach seine Auffassung wegen der Schließung des Fitnessstudios für die Zeit vom 20. März 2020 bis 17. Mai 2020 von seiner Zahlungspflicht befreit.

Wann kann Vertragsanpassung verlangt werden?
Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn diese Veränderung voraussehbar gewesen wäre. Eine Anpassung des Vertrags ist möglich, wenn einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Vertragsanpassung, da Corona-Pandemie ein Fall höherer Gewalt
Der von den Parteien zugrunde gelegte Umstand, dass das Fitnessstudio des Klägers innerhalb der angegebenen Öffnungszeiten geöffnet und dem Beklagten für sein Training zugänglich sein werde, habe sich nach Vertragsschluss mit Wirksamwerden der Sächsischen Corona-Schutzverordnung geändert. Es sei auch davon auszugehen, dass die Parteien den Vertrag mit anderem Inhalt geschlossen hätten, sofern die Parteien die Schließung des Fitnessstudios auf der Grundlage dieser Verordnung bei Vertragsschluss gekannt hätten. Die Umstände der angeordneten Schließung liegen auch nicht im Verantwortungsbereich des Klägers. Vielmehr stelle die Corona-Pandemie unzweifelhaft einen Fall höherer Gewalt dar, die keinem Risikobereich einer Partei zugeordnet werden könne. Demnach sei dem Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles auch zumutbar, dass er die fälligen Mitgliedsbeiträge weiter bediene, dabei jedoch selbst die Gegenleistung des Klägers erst am Ende der eigentlichen Vertragslaufzeit in Anspruch nehmen könne, so das Gericht.

Stundung der während der Schließung eingezogenen Mitgliedsbeiträge
Die Richter waren damit der Auffassung, dass die fälligen Mitgliedsbeiträge auch den Zeitraum der Covid-bedingten Schließung vom 20. März 2020 bis 17. Mai 2020 umfasst haben. Der Kläger habe einen Anspruch auf Vertragsanpassung gem. § 313 Abs. 1 BGB aus den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage. Die geschuldete Leistung des Klägers, die darin bestehe, dem Beklagten Zugang zu seinem Fitnessstudio zu verschaffen, werde für die betreffende Zeit bis zu dem Ende der Vertragslaufzeit gestundet. Insofern bleibe der Beklagte für diesen Zeitraum zur Erbringung seiner Gegenleistung verpflichtet.

Wann ist ein außerordentliches Kündigungsrecht gegeben?
Darüber hinaus äußerte sich das Gericht zur außerordentlichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund. Ein solcher liege dann vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden könne. Dabei trage allerdings der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Leistung abschließe, grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Etwas Anderes gelte nur, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen könne, eine weitere Inanspruchnahme der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar sei.

Bei Erkrankung ist gewisse Dauer und Schwere erforderlich
Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios kann ein nicht in den Verantwortungsbereich des Vertragschließenden fallender Umstand etwa in einer Erkrankung des Kunden gesehen werden. Das Gericht führte aus, ein wichtiger Grund könne insbesondere darin zu sehen sein, dass eine Erkrankung aufgrund der Dauer und Schwere der gesundheitlichen Situation die Benutzung der Fitnessgeräte verhindere. Der Beklagte habe dies allerdings nicht hinreichend darlegen können. Dieser habe weder substantiiert vorgetragen noch hinreichend das Vorliegen eines wichtigen Grundes belegt. Insbesondere habe sich einem vorgelegten Attest keine Rechtfertigung zur außerordentlichen Kündigung entnehmen lassen, indem keine konkreten Angaben zur Dauer der Erkrankung und zu deren Schwere gemacht worden seien. Damit habe der Beklagte den Fitnessstudiovertrag auch nicht wirksam vor Ende der vereinbarten Mindestvertragslaufzeit gekündigt. Vielmehr wirke die Kündigung des Beklagten als ordentliche Kündigung.

Vorfälligkeitsklausel stellt keine unangemessene Benachteiligung dar
Die in dem Fitnessstudiovertrag enthaltene Vorfälligkeitsklausel, wonach die gesamten vorgesehenen Beiträge bis zum nächstmöglichen Vertragsende sofort zur Zahlung fällig werden, wenn sich das Mitglied schuldhaft mit mindestens neun wöchentlichen Beiträgen in Verzug befindet, verstoße nicht gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Die streitgegenständliche Klausel sei als Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB Bestandteil der Vertragsbedingungen des Klägers geworden. Es handele sich lediglich um eine der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegende Vertragsbeendigungsregelung,
die den Beklagten nicht unangemessen benachteilige.

Im Ergebnis war der Anspruch als fällig anzusehen
Das Gericht war der Auffassung, dass der Anspruch auf die restlichen Mitgliedsbeiträge als fällig anzusehen sei. Der Beklagte befand sich mit mehr als neun Wochenbeiträgen in Verzug, da er unstreitig seit dem 3. Juni 2019 die vereinbarten Beiträge nicht mehr zahlte und sich damit schuldhaft in Verzug gesetzt hat.


Amtsgericht Zeitz, Urteil vom 01.12.2020, Az. 4 C 112/20


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