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Verstoß gegen eine einstweilige Verfügung ohne schuldhaftes Zuwiderhandeln?

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 23.06.2016, Az. 6 W 60/16


Verstoß gegen eine einstweilige Verfügung ohne schuldhaftes Zuwiderhandeln?

Das OLG Frankfurt hat im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens entschieden, dass ein schuldhaftes Zuwiderhandeln gegen eine Unterlassungsverfügung stets auch an der Prüfung und Ermittlung des Verbotsumfangs zu messen ist. Vorliegend war den Antragsgegnerinnen eine umfangreiche Prüfung aufgrund der Umstände des Einzelfalls zuzugestehen, weshalb ein schuldhaftes Zuwiderhandeln nicht in Betracht kam.

Die Antragstellerin stellte einen Antrag auf Vollstreckung, den die Antragsgegnerinnen mit einer Beschwerde abwehrten. Als Grundlage des Vollstreckungsantrags macht die Antragstellerin ein Zuwiderhandeln der Antragsgegnerinnen gegen eine Unterlassungsverfügung geltend.

Ausgangspunkt des Verfahrens war die Unterlassungsverfügung des Landgerichts vom 14.08.2015 gegen die Antragsgegnerinnen. Darin war geregelt, dass bestimmte TV-Spots nicht mehr ausgestrahlt werden durften. Die Verfügung wurde nicht schriftlich begründet und mit einer 27-seitigen Antragsschrift sowie umfangreicher Anlagen versehen. Die Zustellung an den Anwalt der Antragsgegnerinnen erfolgte am 17.08.2015 zwischen 11:40 und 11:45 Uhr.
Die Ausstrahlung der in der Verfügung genannten und zu unterlassenden Werbe-Spots erfolgte noch bis zum 18.08.2015. Geschaltet war dieser nachweislich auf über zehn Fernsehsendern.

Das Gericht weist den Antrag zurück und gibt der Beschwerde damit statt, da keine Zuwiderhandlung der Antragsgegnerinnen gegen die Verfügung vorliegt, auf Grund derer dem Vollstreckungsantrag entsprochen werden könnte.

Mit Zustellung an den Anwalt am 17.08.2015 bestand zugleich die Pflicht der Antragsgegnerinnen, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorgaben der Verfügung einzuhalten. Insbesondere waren die genannten Spots unverzüglich zu unterbinden.
Allerdings setzt dies eine Prüfung des Inhalts und Umfangs des Verbots voraus, die die Antragsgegnerinnen zunächst vornehmen durften. Denn vorliegend fehlte die genaue Begründung der Verfügung, diese musste erst aus der 27-seitigen Antragsschrift herausgearbeitet werden.
Der Umfang erforderte hier eine sorgfältige Prüfung anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze. Dies beanspruchte trotz anwaltlicher Hilfe eine gewisse Zeit für die Prüfung.

Der Inhalt des Verbots war umfassend herauszuarbeiten, vor allem die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen, auf die sich das Verfügungsbegehren der Antragstellerin stützte. Dies war notwendig, um die geeigneten und effektiven Maßnahmen zu treffen, die der Einhaltung des Verbots entsprachen und die kurzfristig zum Erfolg führen konnten. Dabei war es den Antragsgegnerinnen nicht ohne Weiteres möglich, bereits gebuchte Werbezeiten innerhalb eines Sendeplans innerhalb kürzester Zeit zu stornieren. Der Spot lief zudem auf über zehn Fernsehsendern, was einen gewissen Zeitaufwand mit sich bringt, den Spot aus dem Sendeplan zu nehmen. Dies war nach Auffassung des Gerichts den Antragsgegnerinnen zuzubilligen, da der Umfang und der Aufwand der Stornierung nicht ohne Weiteres möglich war.
Ausreichend war hingegen die Ausstrahlung eines abgeänderten Spots, die die Antragsgegnerinnen nach eineinhalb Tagen durchführen konnten.

Das Gericht ist der Ansicht, dass den Antragsgegnerinnen vorliegend keine schuldhafte Zuwiderhandlung vorgeworfen werden kann, indem sie die Unterbindung der Ausstrahlung des untersagten Spots erst nach Ablauf von eineinhalb Tagen erreicht haben. Aufgrund der genannten Umstände des Prüfungsumfangs des Verbots kann ein schuldhaftes Verhalten einer verspäteten Abänderung der TV-Spots nicht angenommen werden.

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 23.06.2016, Az. 6 W 60/16


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