Verstoß gegen Buchpreisbindung?
Mit Urteil vom 26.06.2018, Az. 14 U 341/18 entschied das Oberlandesgericht Dresden, dass seitens eines Unternehmens und eines Käufers eine unentgeltliche Zuwendung hinsichtlich eines Buches vorliegt, auch wenn der Käufer die Versandkosten hierfür zu tragen hat. Ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung durch das Unternehmen sei mithin abzulehnen.
Bestellung von Büchern durch Vorteils-Code
Der Rechtsstreit zwischen den Parteien betrifft den kostenlosen Erwerb eines Buches mithilfe eines Vorteils-Codes. Die Verfügungsbeklagte, eine Buch- und Zeitschriftenverlagsgesellschaft, bot in einem Werbeprospekt und ihrem Online-Shop mehrere Produkte an, welche durch die Verwendung einer bestimmten Nummernkombination als „Vivat-Geschenk“ über den Button „Kaufen“ ausgewählt werden konnten. Dabei waren die von der Aktion umfassten Bücher mit einem Smiley gekennzeichnet. Allerdings konnten die neuen preisgebundenen Bücher dadurch nicht gänzlich kostenfrei geordert werden. Die Versandkosten in Höhe von 3,75 € hatte nämlich nach Abzug des Buchpreises von 14,95 € im Rahmen des Bestellvorgangs der Besteller zu tragen.
Verfügungskläger behauptete Verstoß gegen Buchpreisbindung
An diesem Umstand machte der Verfügungskläger seine Behauptung eines Verstoßes gegen die Buchpreisbindung fest. Aufgrund der Verpflichtung zur Übernahme der Versandkosten durch den „Beschenkten“ sei das Buch verkauft und nicht geschenkt worden. Eine unentgeltliche Abgabe liege dadurch schließlich gerade nicht vor. Zudem sei dessen Ansicht nach zu berücksichtigen, dass der Buchversand im Streitfall tatsächlich nur 1,65 € gekostet hat. Der Verfügungsbeklagten seien aufgrund der höheren Ansetzung des Versandpreises mithin 2,10 € als Einnahme verblieben.
Landgericht wies Verfügungsantrag ab
Mit seinem Unterlassungsbegehren im Hinblick auf die geschilderte Abgabe neuer, preisgebundener Bücher seitens der Verfügungsbeklagten war der Verfügungskläger im Verfahren vor dem Landgericht Leipzig, Urteil vom 16.02.2018, Az. 5 O 2869/17, allerdings nicht erfolgreich. Die Zurückweisung des Antrags erfolgte aufgrund der Feststellung des Gerichts, dass die Verfügungsbeklagte das streitige Buch unentgeltlich abgegeben hat. Die Versandkosten seien gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 3 BuchPrG vom Verkaufspreis des Buches auszunehmen. Überdies sei die gegenständliche Versandpauschale sowohl üblich als auch angemessen.
Oberlandesgericht teilte Auffassung der Vorinstanz
Dieser Rechtsauffassung schloss sich im Berufungsverfahren das Oberlandesgericht Dresden an. Es statuierte, dass dem Verfügungskläger kein Unterlassungsanspruch gemäß § 9 Abs. 1 BuchPrG in Verbindung mit §§ 3, 5 Abs. 1 BuchPrG wegen eines Verstoßes gegen die Buchpreisbindung zusteht.
Kostenlose Buchposition war für Kunden erkennbar
Die Verfügungsbeklagte habe ihre Kunden hinreichend auf den Geschenke-Charakter im Hinblick auf die mit einem Smiley gekennzeichneten Bücher unter Verwendung des Vorteils-Codes aufmerksam gemacht. So sei für jene beim Bestellvorgang nach Eingabe der Rabattnummer und der Auswahl des Buches als Gratisartikel erkennbar gewesen, dass die Summe hierfür nach dem Abzug der ursprünglich angesetzten 14,95 € auf 0,00 € gesunken war. Weiterhin sei durch den sich unmittelbar anschließenden Zusatz „zzgl. Versand“ ausdrücklich deutlich gemacht worden, dass die Versandkosten von dem Angebot ausgenommen sind. Mithin sei die Gesamtsumme in Höhe von 3,75 € für die Kunden in ersichtlicher Art und Weise allein durch die Versandkosten begründet worden. Diese Auflistung greife auch die Bestellbestätigung nochmals auf, wobei auch explizit der Hinweis darauf, dass der Preis für das Buch gerade „nicht berechnet“ und es durch den Gratis-Code kostenlos bestellt wurde, zu finden gewesen sei. Außerdem habe die Verfügungsbeklagte auch bereits zuvor bei der Bewerbung der Aktion in dem Prospekt durch einen ausreichenden Sternchenhinweis auf diesen Umstand verwiesen.
„Kaufen“-Button und „Kaufvertrag“ waren unerheblich
Dem Geschenk-Charakter der Aktion stünde gerade nicht entgegen, dass der Button während und am Ende des Bestellvorgangs mit „Kaufen“ betitelt worden ist und die Bestellbestätigung die Formulierung „Der Kaufvertrag kommt erst mit der Zusendung zustande“ enthalten hat. Maßgeblich sei schließlich lediglich der übereinstimmende Wille der Parteien unabhängig von etwaigen Falschbezeichnungen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.12.2001, Az. V ZR 65/01). Vorliegend hätten sich die Parteien aber eindeutig auf die unentgeltliche Zuwendung des Buches geeinigt.
Versandkosten standen Schenkungsabrede nicht entgegen
Irrelevant sei nach Ansicht des Gerichts ebenso die Verpflichtung zur Zahlung der Versandkosten durch den Letztabnehmer. Nichtsdestotrotz erhalte er das Buch als Zuwendungsgegenstand nämlich unentgeltlich. Eine Zuwendung sei dann als unentgeltlich anzusehen, wenn sie rechtlich nicht von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung des Erwerbers abhängig ist (Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.05.2009, Az. Xa ZR 9/08). Allerdings sei unentgeltlicher Erwerb nicht mit einem kostenlosen Erwerb gleichzusetzen und könne insbesondere trotz erheblicher dafür gemachter Aufwendungen vorliegen (RGZ Großer Zivilsenat 163, 348, 355). Unter letztere seien die Versandkosten zu fassen, schließlich liege ihr Zweck lediglich darin, das Buch als Gegenstand der Schenkung an den Kunden zu liefern. Zusätzlich könne zur Unterstützung des Unentgeltlichkeitscharakters der Zuwendung § 7 Abs. 4 Nr. 3 BuchPrG heranzuziehen. Nach dieser Vorschrift erfasse der beim Verkauf von Büchern gebundene Preis gerade nicht die Versandkosten. Außerdem wurde vom Gericht angeführt, dass auch im formellen Preisrecht Versandkosten nicht als ein in den Gesamtpreis einzubeziehender Preisbestandteil zu qualifizieren sind. Diese würden gerade nicht die Ware betreffen, sondern vielmehr die davon unabhängige Versendung (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.11.1996, Az. I ZR 162/94).
Versandkosten auch nicht verdeckter Kaufpreis
Des Weiteren teilte das Berufungsgericht die Auffassung des Verfügungsklägers, dass in der Zahlung der Versandkosten seitens des Kunden ein verdeckt erhobener Kaufpreis zu sehen ist, nicht. Hintergrund dieser Behauptung war, dass die Kosten für den Transport des Buches im Streitfall tatsächlich nur 1,65 € betragen haben und die Verfügungsbeklagte mithin 2,10 € für sich einbehalten hat. Die von der Verfügungsbeklagten angesetzten Versandkosten in Höhe von 3,75 € brutto seien nach Ansicht des Gerichts aber als Pauschale hinzunehmen. Eine solche sei unabhängig vom konkreten Einzelfall und damit von Anzahl, Gewicht und Volumen der bestellten Artikel sachgerecht sowie bei der Verfügungsbeklagten allgemein üblich. Anhaltspunkte für einen verdeckten Kaufpreis könnten hieran nicht festgemacht werden.
Keine sonstige Umgehung der Preisbindungsvorschriften
Zuletzt ergebe sich für das Oberlandesgericht seitens der Verfügungsbeklagten auch keine anderweitige Umgehung der Preisbindungsvorschriften. Der Erwerb des Buches im Streitfall sei gerade nicht mit anderen Vorteilen gekoppelt (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.07.2016, Az. I ZR 127/15 – Förderverein zur arzneimittelrechtlichen Preisbindung; Urteil vom 09.09.2010, Az. I ZR 193/07 – UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE). Vielmehr berechne die Verfügungsbeklagte bei weiteren nachfolgenden Verkäufen den gebundenen Buchpreis in voller Höhe. Entgegen der Meinung des Verfügungsklägers seien die Anreizwirkung durch eine vorherige Gratisabgabe eines Buches und eine damit womöglich einhergehende Käuferbindung zulässige Marketinginstrumente eines Unternehmens und stünden nicht im Widerspruch zum Sinn und Zweck der Buchpreisbindung.
Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 26.06.2018, Az. 14 U 341/18
von Sabrina Schmidbaur
Kommentare (1)
Daniel P.
Ist folgendes Szenario der selbe Fall?
Autor verkauft im Eigenverlag auf seiner Webseite normalerweise sein Buch für 29€. Seit Mai „verschenkt“ er sein Buch wenn man ihm 6,95€ für Versand und Herstellung (es wird wohl über Digistore24 als Print on Demand produziert) bezahlt.
Wie in dem obigen Artikel kann man auch hier Versandkosten von 1,65€ annehmen, bleiben 5,30€ für die Produktion. Da es aber ein Bestseller von ihm ist, er sehr bekannt ist etc, wird er wohl schon einige tausend Bücher verkauft und verschenkt haben, weshalb ich annehme, das seine Herstellungskosten deutlich geringer sein werden und der Rest als Gewinn vorliegt, was in der Masse ein kleines Sümmchen sein dürfte.
Wie sehen sie den Fall? Chance ihn Abzumahnen wegen Verstoß der Buchpreisbindung oder anderem?
Gruß,
Daniel P.
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