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Verkauf rezeptfreier Medikamente über Amazon

Landesgericht Magdeburg, Urteil vom 18.01.2019, Az. 36 O 48/18


Verkauf rezeptfreier Medikamente über Amazon

Das Landesgericht Magdeburg entschied mit Urteil vom 18.01.2019, dass ein Apotheker nicht gegen Wettbewerbsrecht verstoße, wenn er rezeptfreie, apothekenpflichtige Medikamente über Amazon vertreibe. Denn der Verkauf erfolge dann immer noch über die Apotheke, durch die vor Versand die Bestellung kontrolliert und freigegeben werde. Im Übrigen seien auch Internetapotheken erlaubt.

Darf ein Apotheker rezeptfreie apothekenpflichtige Medikamente über Amazon vertreiben?
Die Parteien waren jeweils Apotheker. Der Beklagte bot unter seinem Namen rezeptfreie, apothekenpflichtige Medikamente über Amazon an. Wurde ein Medikament erworben, erfolgte eine Benachrichtigung an ihn von Amazon. Anschließend gab der Beklagte die Bestellung frei, verpackte das Medikament und versendete es. Die Kundendaten wiederum wurden bei Amazon gespeichert. Eine Genehmigung zur Speicherung und Verarbeitung von gesundheitsbezogenen Daten gaben die Kunden nicht ab. Dagegen richtete sich die Klage. Der Kläger war der Ansicht, damit werde gegen die Apothekenbetriebsordnung und das Datenschutzrecht verstoßen.

Wettbewerbsverhältnis wegen Verkauf von rezeptfreien Medikamenten
Das Landgericht Magdeburg erachtete den Kläger als Mittbewerber für klagebefugt. da zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Denn beide Parteien würden jeweils rezeptfreie, apothekenpflichtige Medikamente verkaufen. Dabei würden sie sich jeweils an den gleichen Endverbraucherkreis richten, nämlich an Personen, die das Medikament benötigen. Selbst wenn der Kläger keine Internetapotheke betreiben würde, fände eine örtliche Überschneidung statt. Denn der Verbraucher habe über das Internet Zugriff auf das gleiche Angebot. Die Versandapotheken stünden daher mit den stationären Apotheken in einem Wettbewerbsverhältnis.

Mitbewerber nicht klagebefugt bei möglichen Verletzungen von Datenschutzrecht
Keine Klagebefugnis konnte das Gericht in Bezug auf die Nichteinhaltung von Datenschutzrecht erkennen. Denn die geltende Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) regele umfassend die Durchsetzung der Datenschutzrechte. Danach stehe diese Möglichkeit nur den Aufsichtsbehörden zu. Auch könnten sich betroffene Personen bei der Aufsichtsbehörde beschweren oder auch Dritte beauftragen, ihre Rechte durchzusetzen. Wer bzw. wie diese Dritten sein sollen, werde von der DSGVO eindeutig vorgegeben. Damit werde klar festgelegt, wer als nicht unmittelbar Betroffener gegen Datenschutzverletzungen vorgehen könne. Dass weitere Dritte auch über das Wettbewerbsrecht klageberechtigt sein sollen, könne den gesetzlichen Festlegungen jedenfalls nicht entnommen werden.

Versandapotheken sind erlaubt
Auch sei kein wettbewerbswidriges Handeln gegeben, so das Gericht. Insbesondere liege kein Verstoß gegen die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vor. Diese verbiete es, apothekenpflichtige Arzneimittel per Selbstbedienung in den Verkehr zu bringen. Die Bestellung im Internet unter Nutzung einer Handelsplattform sei jedoch nicht mit einer Selbstbedienung gleichzusetzen. Das habe bereits das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 18.10.2012, Az. 3 C 25/11) ausführt. Denn das Selbstbedienungsverbot diene dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung. Damit solle eine unkontrollierte Arzneimittelabgabe verhindert und eine fachkundige Information und Beratung durch die Apotheke sichergestellt werden. Der Vertrieb per Versandhandel sei damit nicht vergleichbar. Denn zum einen schließe sich an die Internetbestellung immer noch eine Kontrolle durch den Apotheker an. Dieser prüfe, ob eine pharmazeutische Information oder Beratung geboten sei. Erst nach seiner Freigabe erfolge die Auslieferung. Zum anderen werde der Versandhandel insbesondere von chronisch Kranken und bei wiederkehrenden Verschreibungen genutzt. In den Fällen bestehe aber ein geringer Beratungsbedarf. Außerdem werde bei akuten gesundheitlichen Beschwerden, die zu erhöhtem Informationsbedarf führen, ohnehin eher eine örtliche Apotheke aufgesucht.

Kein Unterschied zwischen eigenen Internetshop und Vertrieb über Amazon
Auch eine Verletzung des Arzneimittelgesetzes (AMG) konnte das Gericht nicht erkennen. Nach dem AMG dürfen Arzneimittel nur über Apotheken in Verkehr gebracht werden. Ein Versandhandel über einen eigenen Internetshop könne nur mit einer gesonderten Erlaubnis erfolgen. Diese besitze der Beklagte jedoch. Sein Verkauf erfolge vorliegend lediglich über Amazon und nicht über einen eigenen Internetshop. Eine Verletzung rechtlicher Vorschriften sei dabei nicht ersichtlich. Der Beklagte könne insbesondere über die Präsentation der Ware selbst entscheiden. Er könne Bilder und Informationen selbst liefern oder sich dem Auftritt anderer Apotheker anschließen.

Amazon-Werbung kann nicht dem Verkäufer zugerechnet werden
Das Landgericht Magdeburg sah den einzig deutlichen Unterschied zur Internetapotheke darin, dass bei Amazon neben den Produktbeschreibungen zusätzliche Werbeelemente einbaut seien. Zwar seien bestimmte Formen der Werbung für Apotheker verboten. Die Berücksichtigung dieser Verbote werde von Amazon auch nicht wirklich gewährleistet. Allerdings könne dem Beklagten kein Verstoß gegen Werbevorschriften vorgeworfen werden. Denn die Werbung sei ihm nicht zuzurechnen. Dies sei auch für den Verbraucher erkennbar. Kundenbewertungen seien als solche gekennzeichnet und werden auch nicht dem Verkäufer zugerechnet. Denn schließlich liege ihre Werbewirksamkeit gerade in ihrer Neutralität. Auch gesponserten und sonstige empfohlene Produkte seien deutlich von den Produktbeschreibungen abgesetzt.

Landesgericht Magdeburg, Urteil vom 18.01.2019, Az. 36 O 48/18


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