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Verkäufer muss gebrauchten Zustand eines Smartphones angegeben

Landgericht München I, Urteil vom 30.07.2018, Az. 33 O 12885/17


Verkäufer muss gebrauchten Zustand eines Smartphones angegeben

In einem Urteil vom 30.07.2018, Az. 33 O 12885/17 entschied das Landgericht München I, dass der Verkäufer eines auf der Handelsplattform Amazon angebotenen Smartphones auch auf dessen gebrauchten Zustand hinweisen muss. Die Verfassung dieses Produkts sei nämlich als wesentliche Information für eine informierte geschäftliche Entscheidung eines Verbrauchers anzusehen. Es genüge nicht, dass das Angebot den Zusatz „Refurbished Certificate“ enthält.

Angebot für gebrauchtes Smartphone auf Amazon
Klägerin des Verfahrens war der bundesweit tätige Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer 25 Verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Dieser war der Ansicht, dass ein Angebot hinsichtlich eines Smartphones des Modells „BQ Aquaris M5 FHD“ von der Beklagten auf der Handelsplattform Amazon nicht mit den erforderlichen Produktinformationen ausgestattet war. Es fehle diesbezüglich der Hinweis, dass es sich bei dem besagten Smartphone um ein gebrauchtes Produkt handelt.

Klägerin behauptete Verstoß gegen UWG
Nach Auffassung der Klägerin verstoße das Angebot gegen § 5a Abs. 2 UWG. Der Umstand, dass das streitgegenständliche Smartphone gebraucht ist, sei eine wesentliche Information im Sinne dieser Norm und dürfe dem Verbraucher deshalb nicht vorenthalten werden. Daran ändere auch nichts, dass die Beklagte dem Verkaufsangebot im Nachhinein ein „Refurbished Certificate“ hinzufügte. Ein Verbraucher verstehe diesen Begriff nämlich nicht und kann daraus mithin keine Rückschlüsse auf den Zustand des Gegenstandes schließen. Überdies behauptete die Klägerin einen Verstoß gegen § 3a UWG in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 EGBGB. Hiernach komme der Beklagten die Pflicht zu, die Verbraucher vor der Abgabe ihrer Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise über wesentliche Eigenschaften der Ware, so auch ihren gebrauchten Zustand, zu informieren.

Landgericht gab Klage statt
Mit ihrem Begehren hatte die Klägerin vor dem Landgericht München I auch Erfolg. Dieses legte der Beklagten auf, es zu unterlassen, Verbrauchern im Internet auf der Plattform Amazon gebrauchte Smartphones (mit dem Zusatz „Refurbished Certificate“) zum Kauf anzubieten, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um gebrauchte Waren handelt. Den Anspruch der Klägerin stützte das Gericht auf §§ 8 Abs. 1, Abs. 3, 3 Abs. 1, Abs. 2, 5a Abs. 2 UWG. Ob dieser auch mit Blick auf § 3a UWG in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 EGBGB begründet wäre, ließ das Gericht dahinstehen.

Zustand des Smartphones ist wesentliche Information
Zunächst erweise sich der gebrauchte Zustand des angebotenen Smartphones nach den Ausführungen des Landgerichts als wesentliche Information im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG. Eine solche Information müsse unter Berücksichtigung des Zwecks der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL) ein solches Gewicht haben, dass sie für die Entscheidung von Verbrauchern voraussichtlich und die von Unternehmern erkennbar von maßgeblicher Bedeutung ist. Abzustellen sei hinsichtlich der erstgenannten Personengruppe auf die Wahrnehmung eines normal informierten und angemessen aufmerksamen verständigen Durchschnittverbrauchers. Dieser sei beim Kauf von Waren daran gewöhnt, zwischen gebrauchten und ungebrauchten Waren zu differenzieren. Grund hierfür sei, dass die Eigenschaft eines Produkts maßgeblich für dessen Zustand und dessen Lebensdauer ist. Außerdem hänge auch das Finden eines Preis-Leistungs-Verhältnisses durch den Verbraucher davon ab. Daneben könnten auch die unterschiedlichen Gewährleistungsfristen für neue und gebrauchte Sachen für den Verbraucher relevant werden (vgl. § 475 Abs. 2 BGB).
Zu berücksichtigen sei ebenso, dass die Angabe der in Rede stehenden Information den Unternehmer auch nicht in unzumutbarer Art und Weise belastete.

Information für geschäftliche Entscheidung relevant
Der Zustand eines angebotenen Smartphones sei daher aus den aufgezeigten Gründen für eine informierte geschäftliche Entscheidung eines Durchschnittsverbrauchers im konkreten Fall nötig. Das hiesige Vorenthalten der Information wäre auch dafür geeignet gewesen, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er bei Kenntnis des gebrauchten Zustandes des Smartphones womöglich nicht getroffen hätte. Im Streitfall sei ebenso eine Wiederholungsgefahr zu bejahen, schließlich habe die Beklagte die strafbewehrte Unterlassungserklärung, welche eine Wiederholungsgefahr ausräumen würde, infolge der Abmahnung der Klägerin nicht abgegeben.

„Refurbished Certificate“ half Verstoß nicht ab
Im Weiteren stellte das Landgericht fest, dass die dem Angebot nachträglich von der Beklagten hinzugefügte Information „Refurbished Certificate“ dem Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG nicht abhalf. Entgegen der Behauptung der Beklagten weise dieser Zusatz nicht ausreichend deutlich auf den gebrauchten Zustand des angebotenen Smartphones hin. Der Durchschnittsverbraucher sei nach Ansicht des Gerichts nämlich nicht mit diesem englischen Begriff vertraut. Auch wenn dieser Terminus als „wiederaufbereitetes Zertifikat“ verstanden worden wäre, so hätte sich daraus für einen Verbraucher nicht ergeben, dass das Smartphone gebraucht ist. Bestätigt werde diese Annahme von dem Vortrag der Beklagten selbst. Dieser berufe sich darauf, dass ein Elektronikhändler seine Produkte im Internet mit einem solchen Hinweis kennzeichnet. Jedoch machte das Gericht auf die abweichende Formulierung des Beklagten aufmerksam. Die Bezeichnung des Händlers lautete nämlich „Refurbished Produkte“ und nicht wie im Streitfall „Refurbished Certificate“.

Klageantrag war ferner bestimmt genug
Daneben äußerte sich das Gericht auch zu dem Streitpunkt der Parteien, ob der Klageantrag der Klägerin überhaupt bestimmt genug erfolgte. Es wies die Behauptung der Beklagten, dass der begehrte Anspruch, welcher sich auf ein „gebrauchtes Smartphone“ richtete, zu weit gefasst war, zurück. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Begriff „gebraucht“ ausreichend konkret und gerade nicht zu unbestimmt. Der Terminus müsse daher nicht – wie von dieser gefordert – noch hinsichtlich des angebotenen Produkts konkretisiert werden. „Gebraucht“ bedeute nach den Ausführungen des Landgerichts, dass etwas bereits schon einmal in Gebrauch war. Dabei handele es sich um einen geläufigen Begriff zur Beschreibung des Zustandes einer Ware, so wie es sich auch aus der Verwendung der Terminologie „gebrauchte Güter“ des Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 der Verbrauchsgüterrichtlinie ergebe.

Landgericht München I, Urteil vom 30.07.2018, Az. 33 O 12885/17

von Sabrina Schmidbaur


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