UWG ist neben der DSGVO anwendbar
In einem Urteil vom 07.02.2019, Az. 6 U 2404/18 stellte das Oberlandesgericht München fest, dass die im Mai letzten Jahres in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unberührt lasse. Beide Normtexte stünden aufgrund ihrer unterschiedlichen Regelungsbereiche gerade selbstständig nebeneinander.
Telefonanrufe für Werbezwecke ohne Einwilligung
Die Parteien sind Mitbewerber und stritten sich um die Zulässigkeit von Telefonanrufen zu Werbezwecken. Die Klägerin warf der Beklagten vor, Verbraucher angerufen zu haben, ohne dass ihr eine entsprechende Einwilligung der angerufenen Gesprächsteilnehmer vorgelegen habe. Ein solches Verhalten verbiete ihr nach Ansicht der Klägerin jedoch die Regelung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern sei laut der Norm nämlich nur im Falle deren vorheriger ausdrücklicher Einwilligung erlaubt.
Landgericht München I gab Klage statt
Das Landgericht München I verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 08.06.2018, Az. 37 O 68/40/17 antragsgemäß zur Unterlassung der beanstandeten Anrufe. Hiergegen verteidigte sich diese im Folgenden mit dem Rechtsmittel der Berufung. Nach Auffassung der Beklagten habe es das Landgericht versäumt, die Voraussetzungen der Telefonwerbung zunächst anhand des Datenschutzrechtes zu erörtern. Schließlich kämen in Fällen wie dem vorliegenden seit dem Inkrafttreten der DSGVO im Mai 2018 primär die datenschutzrechtlichen Regelungen zur Anwendung. Dies führe dazu, dass der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht einfach auf § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG gestützt werden dürfe. Vielmehr müsse sich das Gericht Gedanken darübermachen, ob die im Streitfall personenbezogenen Daten der angerufenen Gesprächsteilnehmer im Sinne der DSGVO verarbeitet worden seien.
Oberlandesgericht schloss sich Vorinstanz an
Mit diesem Vorbringen hatte die Beklagte allerdings keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht München beurteilte den Sachverhalt nämlich nicht anders als das Landgericht. So kam auch dieses zu dem Ergebnis, dass die streitigen Telefonanrufe unzulässig seien.
Richtet sich die Zulässigkeit der Anrufe nach der DSGVO?
Das Berufungsgericht hielt zunächst fest, dass sich die Beklagte nicht gegen die Feststellung des Landgerichts, die streitgegenständlichen Anrufe seien von den Beauftragten der Beklagten ohne vorheriges Einverständnis der angerufenen Verbraucher getätigt worden, wendete.
Im Raum stand also alleine die Beurteilung des Verhältnisses von UWG und DSGVO. Es galt seitens des Oberlandesgerichts zu klären, ob die Zulässigkeit der Werbeanrufe tatsächlich an datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu messen sei und nicht etwa an § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, dessen Voraussetzungen unstreitig gegeben waren.
UWG und DSGVO stehen selbstständig nebeneinander
Dieser – von der Beklagten vorgebrachten – Anschauung erteilte das Oberlandesgericht jedoch eine klare Absage. Nach Ansicht des Senats könne der Unterlassungsanspruch sehr wohl an dem Verstoß der Beklagten gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG festgemacht werden. Grund hierfür sei, dass die Anspruchsgrundlagen aus UWG und DSGVO selbstständig nebeneinanderstehen. Mithin bleibe der von der Klägerin geltend gemachte UWG-Anspruch von der DSGVO grundsätzlich vollkommen unberührt.
Kein Vorrang der DSGVO erkennbar
Für das Oberlandesgericht war weder dem Verordnungstext zur DSGVO noch dem Willen des Verordnungsgebers ein Vorrang der DSGVO zu Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG, auf welchen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG zurückgeht, zu entnehmen. Auch biete die unionsrechtliche ePrivacy-Verordnung hierfür keine Anhaltspunkte, so das Gericht. Insofern könne die DSGVO gegenüber dem UWG – gerade auch im Hinblick auf deren unterschiedliche Regelungsbereiche – keine Sperrwirkung entfalten.
Oberlandesgericht München, Urteil vom 07.02.2019, Az. 6 U 2404/18
von Sabrina Schmidbaur, Dipl.Jur.-Univ.