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Unzulässigkeit einer irreführenden Rechtsbeistandsbezeichnung

OLG Frankfurt, Urteil vom 30.04.2015, Az. 6 U 86/14


Unzulässigkeit einer irreführenden Rechtsbeistandsbezeichnung

Die Verwendung einer rechtsgebietsbezogenen Beistandsbezeichnung (z.B. „Fachbeistand für ...“ oder „Rechtsbeistand für ...“) ist nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt am Main irreführend und verstößt gegen die Rechtsanwaltsordnung, wenn die Rechtsanwaltskammer dem Rechtsbeistand die Befugnis zur Führung dieses Titels tatsächlich noch nicht verliehen hat. Selbst bei Vorliegen der fachlichen Voraussetzungen für eine solche Bezeichnung, sei die tatsächliche Verleihung des Titels notwendig.

Öffentliches Auftreten als Rechtsbeistand

Im Streitfall hatte sich der Beklagte, der mehrere Fachanwaltslehrgänge erfolgreich absolviert hatte, in einem Schreiben an das Finanzamt u.a. als Fachbeistand für Handels- und Gesellschaftsrecht und sechs weitere Rechtsgebiete bezeichnet, ohne, dass er diese Titel von der Rechtsanwaltskammer verliehen bekommen hatte. Diese hatte den Beklagten abgemahnt und ihm vorgeworfen, dass er die Titel zu Unrecht geführt und auf diese Weise die Öffentlichkeit über seine fachliche Qualifikation getäuscht habe.
Der Beklagte selber wies darauf hin, dass die von ihm geführten Bezeichnungen des Fach- bzw. Rechtsbeistands für die einzelnen Rechtsgebiete im Gegensatz zu dem Titel „Fachanwalt“ nicht gesetzlich geregelt sei. Demzufolge sei er auch berechtigt gewesen, diese Titel zu führen. Er sei auf den von ihm aufgelisteten Rechtsgebieten ein Spezialist. Dies könne er unter Berufung die von ihm erfolgreich absolvierten Fachanwaltslehrgängen unter Beweis stellen. Er verwies des Weiteren auf eine entsprechende Anwendung der Grundsätze, die vom Bundesverfassungsgericht für den Titel „Spezialist für Verkehrsrecht“ aufgestellt worden seien. Aufgrund der grundgesetzlich geschützten Handlungs- und Berufsausübungsfreiheit müsse die Führung der genannten Bezeichnungen auch auf Grundlage der eigenen Einschätzung möglich sein, ohne, dass es auf eine Verleihung durch die Bundesrechtsanwaltskammer ankomme.

Notwendigkeit einer Verleihung

Die Frankfurter Richter sahen das anders. Sie verwiesen auf die Regelungen in der Bundesrechtsanwaltsordnung, die unmissverständlich vorschreiben, dass für die Rechtsstellung der Rechtsbeistände nach Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer wie bei den Fachanwälten eine offizielle Verleihung notwendig ist. Die Befugnis zum Führen einer Fachbeistandsbezeichnung für spezielle Fachgebiete bedarf eines entsprechenden Antrags und wird durch den Vorstand der Rechtsanwaltskammer verliehen.
Ohne Erfolg sei auch der Hinweis auf die Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts zur Bezeichnung „Spezialist für Verkehrsrecht“. Diese Grundsätze kommen vorliegend nicht zur Anwendung, da zum einen der rechtliche Rahmen und zum anderen die Fallgestaltung eine völlig andere gewesen sei.

Der Beklagte übersehe, dass er sich durch die Außendarstellung als Fachbeistand inhaltlich an dem Titel „Fachanwalt“ orientiere, aber dass der Gesetzgeber entsprechende Regelungen auch für Rechtsbeistände vorsehe. Aus diesem Grund weiche der Streitfall schon entscheidend von der Fallgestaltung ab, die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen habe. Zum Zeitpunkt der damaligen Entscheidung (im Jahr 2004) fehlte nämlich der „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ im Katalog der möglichen Fachanwaltsbezeichnungen. Dieser wurde erst später eingeführt.

Demzufolge ist ein Rechtsbeistand genauso wenig befugt wie ein Rechtsanwalt, eine bestimmte Fachgebietsbezeichnung zu führen. Das bloße Absolvierung einzelner Lehrgänge und eine eigene Selbsteinschätzung als Spezialist genügen nicht.

OLG Frankfurt, Urteil vom 30.04.2015, Az. 6 U 86/14


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