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Unzulässige Werbe-Mail bei Werbe-Zusatz ohne Einwilligung

Kammergericht Berlin, Urteil vom 15.09.2021, Az. 5 U 35/20


Unzulässige Werbe-Mail bei Werbe-Zusatz ohne Einwilligung

Beabsichtigt ein Unternehmen, Werbung über das Medium E-Mail zu versenden, so bedarf dies grundsätzlich einer vorherigen Einwilligung des Empfängers. Nun hat das Kammergericht Berlin mit Urteil vom 15.9.2021 entschied, dass bereits das Versenden einer E-Mail mit einem zweizeiligen Werbezusatz im Footer ohne ausdrückliche Einwilligung unzulässig ist.

Hintergrund
Die Beklagte verschickte unter anderem an die beruflich genutzte E-Mail-Adresse des Klägers zwei E-Mails, die aufgrund des Informationsinteresses des Klägers grundsätzlich zulässig waren. Am Ende der E-Mail, im sog. „Footer“, hatten diese jedoch folgenden Zweizeiler enthalten:

„XXXXX. Organisiert, denkt mit, erledigt.
Nutzen Sie www.XXXXX.de“.

In den Versand eines Newsletters hatte der Kläger allerdings nicht eingewilligt, sodass er in den E-Mails eine unzulässige Werbung sah und Unterlassung verlangte. Gegen die Abweisung seiner Klage beim LG Berlin richtete er sich mit seiner Berufung. Das KG entschied nun, dass es sich bei den beiden E-Mails um Werbung handle, in die der Kläger nicht eingewilligt habe und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung

KG sah Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
Zwar hat der überwiegende Teil der E-Mails keine Werbung enthalte, dies führte jedoch nicht dazu, dass es sich bei dem Zusatz am Ende der Nachricht nicht um Werbung handle. Das Gericht stellten klar, dass die Zusendung von elektronischer Post an einen Adressaten, der das Postfach beruflich nutzt, für Zwecke der Werbung ohne dessen Einwilligung einen Eingriff in den von § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstelle. So war es im vorliegenden Fall, da der Kläger die E-Mail auch beruflich nutzt und die E-Mails an deren jeweiligen Enden ein werbliches Element enthalten haben. Für das Gericht war offensichtlich, dass die streitgegenständlichen E-Mails von der Beklagten in zweifacher Hinsicht, nämlich für die nicht zu beanstandende Kommunikation im Rest der E-Mails und ganz am Ende für Zwecke der Werbung, genutzt worden seien. Unverlangt zugesendete E-Mail-Werbung erfolgt betriebsbezogen und beeinträchtigt den Betriebsablauf im Unternehmen des Empfängers (BGH, Urt. v. 14.03.2017 – VI ZR 721/15 -, Rn. 15, juris).

Gedankliches Auseinandersetzen müssen des Empfängers begründet Verstoß
Zwar war nicht von der Hand zu weisen, dass der werbliche Zusatz einen Bruchteil der gesamten E-Mails ausmache und lediglich aus acht Worten bestehe, am Ende der Nachricht aufgeführt sei und nicht in einem Zusammenhang mit dem Rest der E-Mail stehe. Zudem seien die E-Mails ohne Anhang versendet worden und das Laden und die Inanspruchnahme von Speicherkapazität habe sich auf ein Minimum beschränkt, sodass der werbliche Zusatz sowohl aufgrund der Gestaltung der E-Mails als auch aufgrund des Inhaltes leicht als werbend identifiziert werden und leicht unbeachtet bleiben könne. Dennoch war unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH die Abwägung zulasten der Beklagten ausgegangen. Nach den Grundsätzen des BGH reicht es nicht aus, wenn die unerwünschte Werbung die Interessen des Klägers nur vergleichsweise geringfügig beeinträchtigt. Das Hinzufügen von Werbung zu einer im Übrigen zulässigen E-Mail-Nachricht sei allerdings keine solche Bagatelle, dass eine Belästigung des Nutzers ausgeschlossen wäre, denn zumindest müsse sich der Nutzer gedanklich mit den werblichen Elementen beschäftigen.

Generalpräventiver Hintergedanke der strikten BGH-Rechtsprechung
Zwar mag sich der Arbeitsaufwand bei einer einzelnen E-Mail in Grenzen halten. Mit der häufigen Verwendung von Werbezusätzen ist aber immer dann zu rechnen, wenn die Übermittlung einzelner E-Mails mit solchen Zusätzen zulässig ist. Denn im Hinblick auf die billige, schnelle und durch Automatisierungsmöglichkeit arbeitssparende Versendungsmöglichkeit und ihrer günstigen Werbewirkung ist mit einem Umsichgreifen dieser Werbeart zu rechnen. Eine bei isolierter Betrachtung unerhebliche Belästigung kann Mitbewerber zur Nachahmung veranlassen, wobei durch diesen Summeneffekt eine erhebliche Belästigung entstehen kann.

Fazit
Zwar hat es im Sachverhalt deutliche Unterschiede zwischen dem vorliegenden und dem der BGH Entscheidung zugrundeliegenden gegeben. So hatte im letztgenannten Fall der Empfänger der konkreten Werbung in engem zeitlichen Zusammenhang mehrfach ausdrücklich widersprochen, im vorliegenden Fall hingegen hat der Kläger der E-Mail-Werbung nicht widersprochen, sondern diese erst über sechs Monate später zum Gegenstand seiner Klageerweiterung gemacht. Allerdings treffen die vom BGH angestellten generalpräventiven Erwägungen: Gefahr des Umsichgreifens dieser Werbeart durch Nachahmung sowie der Summeneffekt auch vollumfänglich auf den vorliegenden Fall zu. Hier tritt noch hinzu, dass es der Beklagten zumutbar war, die Voraussetzungen der gesetzlich zulässigen Werbeformen einzuhalten. Unternehmen ist anzuraten, Adressaten ihrer Werbe-Mails die Möglichkeit zu geben, der Verwendung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der Werbung zu widersprechen, so wie es die Vorschrift des § 7 Abs. 3 UWG verlangt.

Kammergericht Berlin, Urteil vom 15.09.2021, Az. 5 U 35/20


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