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Unzulässige Haftungsausschlüsse auf einem Reiseportal

Oberlandesgericht München, Urteil vom 12.04.2018, Az. 29 U 2138/17


Unzulässige Haftungsausschlüsse auf einem Reiseportal

Das OLG München entschied am 12.04.2018, dass ein Online-Reisevermittler die Haftung für eigenes Verschulden sowie fehlerhafte Angaben bei den Reisedaten auf der Website nicht umfassend ausschließen dürfe. Entsprechende Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) seien unwirksam. Zudem haben die Sorgfaltspflichten des Reisevermittlers auch über die Buchung und deren Abwicklung hinaus zu gelten.

Darf die Haftung für den Vertragsabschluss und Reiseangaben ausgeschlossen werden?
Die Beklagte betreibt im Internet unter der Domain sonnenklar.tv ein Vermittlungsportal für Reiseleistungen. In ihren AGB erklärte sie mehrere Haftungsbeschränkungen. Zum einen meinte sie, dem Kunden keine erfolgreiche Reisevermittlung zu schulden. Daher hafte sie nicht dafür, dass gebuchte Reisen oder Reiseleistungen verfügbar seien und ein Vertrag mit dem Anbieter zustande komme. Gegen diese Haftungsbeschränkungen richtete sich nach erfolgloser Abmahnung die Klage eines Verbraucherschutz-bundesverbandes. Die Vorinstanz wies die Klage ab. Hiergegen wendete sich der Kläger erfolgreich mit seiner Berufung.

Auslegung der Klauseln
Den Inhalt der strittigen Klauseln legte das OLG München zunächst aus. Dabei fragte es ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klauseln. Nach Ansicht des Gerichts seien die Klauseln jeweils so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern verstanden werden könnten. Im Falle mehrerer Auslegungsmöglichkeiten seien die Unklarheitenregel des AGB-Rechts anzuwenden. Danach sei die scheinbar kundenfeindlichste Auslegung im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste, da sie häufig erst die Inhaltskontrolle eröffne bzw. zu einer unangemessenen Benachteiligung und damit zur Unwirksamkeit führe. Fernliegende Verständnismöglichkeiten hätten außer Betracht zu bleiben.

Haftungsausschluss für grobes Verschulden nach der Buchungsabwicklung
Das Gericht entschied, dass die Klausel „... Euvia haftet dafür, dass die Vermittlung der Reise bzw. der Reiseleistungen und die Beratung im Zusammenhang mit der Buchung sowie die Buchungsabwicklung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gemacht werden ..." unwirksam sei. Denn sie schließe die Haftung für grobes Verschulden bei Handlungen nach der Buchungsabwicklung aus. Zwar beschreibe der Wortlaut ausdrücklich nur positive Bereiche, in denen die Beklagte hafte. Diese positive Umschreibung könne jedoch auch dahingehend verstanden werden, dass für alle anderen Bereiche nicht gehaftet werde. Bei diesem naheliegenden Verständnis seien auch grob fahrlässige Pflichtverletzungen, die erst nach dem Abschluss des Buchungsvorgangs erfolgen, von der Haftung ausgeschlossen. Derartige Pflichtverletzungen erscheinen auch ohne weiteres möglich.

Haftungsausschluss für die Hauptleistung
Auch die verwendete Klausel „... Euvia schuldet keine erfolgreiche Vermittlung der Reise oder der Reiseleistungen. Euvia haftet daher nicht dafür, dass die dem Buchungsauftrag entsprechenden Reisen oder Reiseleistungen verfügbar sind und ein dem Buchungsauftrag entsprechender Vertrag mit dem Anbieter der Reise oder Reiseleistung zustande kommt ..." erachtete das Gerichts als unwirksam. Denn mit dieser Klausel schließe die Beklagte nicht nur die Haftung für die verfügbaren Reisen bzw. Reiseleistungen aus. Vielmehr werde damit auch die Haftung dafür ausgeschlossen, dass ein dem Buchungsauftrag entsprechender Vertrag mit dem Reiseanbieter zustande komme. Ein derartiger Vertrag stelle aber die Hauptleistung der Beklagten dar.

Kein Haftungsausschluss für vorsätzliches Handeln im Voraus
Weiterhin erachtete das OLG die Klausel „... Die auf dieser Website enthaltenen Informationen und Angaben zu den jeweiligen Reisen und Reiseleistungen stammen ausschließlich von dem in der Rubrik "Veranstalter" angegebenen Anbieter der Reise oder der Reiseleistungen. Euvia hat keine Möglichkeit, diese Angaben zu überprüfen. Euvia übernimmt daher keine Garantie für die Fehlerfreiheit dieser Informationen und Angaben und haftet nicht für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität ..." als unwirksam. Der uneingeschränkte Ausschluss der Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der jeweiligen Informationen und Angaben erfasse auch die Fälle, in denen der Beklagten bei Übernahme des Angebotes ein Fehler unterlaufe. Gleiches gelte für unrichtige, unvollständige oder veraltete Angaben, die der Beklagten bekannt waren bzw. bei denen sie bewusst oder grob fahrlässig keine Korrektur vorgenommen habe. Soweit darin ein Haftungsausschluss für vorsätzliches Handeln liege, verstoße die Klausel gegen das Verbot, einem Schuldner die Haftung wegen Vorsatz bereits im Voraus zu erlassen.

Fehlender Hinweis auf wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen
Die Klausel „... Die auf dieser Website enthaltenen Informationen werden täglich aktualisiert. Aufgrund dessen kann es zu kurzfristigen Abweichungen hinsichtlich Aktualität und Vollständigkeit der veröffentlichten Daten kommen …" erachtete das Gericht als unwirksam, da sie nicht klar und verständlich und damit intransparent sei. Sie enthalte lediglich die Angabe, dass die auf der Website veröffentlichten Daten wegen der täglichen Aktualisierung nicht aktuell und vollständig sein können. Die Stellung der Klausel in der mit „Haftungsbeschränkung“ überschriebenen Ziffer 8 der AGB zeige aber, dass die Haftung der Beklagten beschränkt werden solle. Allerdings bleibe völlig offen, an welche Umstände insoweit angeknüpft werde und wie weit die angestrebte Haftungsbeschränkung reiche. Somit lasse die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen nicht ausreichend erkennen.

Oberlandesgericht München, Urteil vom 12.04.2018, Az. 29 U 2138/17


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